Wie knackt man den Bayern-Code? Warum ein Fünftligist eine Antwort liefern könnte

Ein Fünftligist als Vorbild für die Bundesliga?
Ein Fünftligist als Vorbild für die Bundesliga? / Sebastian Widmann/Getty Images
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Wer am Donnerstagabend den Fernseher eingeschaltet hat, um sich das Duell zwischen dem FC Düren und dem FC Bayern anzuschauen, musste sich wohl an der ein oder anderen Stelle die Augen reiben. Im Pokalduell suchte der Fünftligist (!) sein Heil in der Bayern-Hälfte. Gerade zu Beginn schien Düren gegen eine zusammengewürfelte Bayern-Mannschaft zu versuchen, das System des Rekordmeisters zu kopieren. Ein Modell für die Bundesliga-Konkurrenz?

Schon am Bayern-Sechzehner wurde der übermächtige Gegner unter Druck gesetzt, die Abwehrkette rückte teilweise bis an die Mittellinie vor. Und so hatten die FCB-Stars ihre liebe Mühe und Not, mit den aggressiven Amateuren zurecht zu kommen. Klar, am Ende setzte sich die Klasse der Münchener ungefährdet durch - für den einen oder anderen Nadelstich konnte der große Underdog aber sorgen.

"Düren hat unsere Spielweise leicht kopiert."

Thomas Müller, via Sky

Thomas Müller brachte es nach der Partie auf den Punkt: "Man muss dazu sagen, Düren hat mit einem überraschenden Konzept aufgewartet. Dem muss man auch Respekt zollen. Nach einem Fünftligisten hat das von der ersten bis zur letzten Minute nicht ausgesehen. Auch wenn man den Trainer gesehen hat. Auch auf dem Platz haben die Spieler versucht, ihrem Nebenmann ihr Konzept immer wieder einzupeitschen. Die haben uns die ersten 15 Minuten aggressiv angelaufen, da waren wir am Anfang überrascht, so richtig passiert ist nichts", sagte er gegenüber Sport1.

Ist das "Düren-Modell" eines für Bayerns Bundesliga-Konkurrenz?

Nach dem Spiel dürften sich viele die Frage gestellt haben: Ist das "Düren-Modell" eines, mit dem der Rest der Bundesliga die Bayern ins Wanken bringen kann? Die Antwort ist ein entschiedenes 'Jein'. Denn klar festzuhalten bleibt, dass viele FCB-Stars gar nicht erst im Kader standen. Dazu bot Trainer Hansi Flick gleich fünf Neuzugänge auf, die gewohnten Abläufe waren so kaum vorhanden.

Dennoch ist es bezeichnend, dass Jerome Boateng, von den Mikros eindeutig aufgefangen, nach rund 20 Minuten wütete: "Wacht mal auf jetzt!" Das Pressing des FC Düren war gerade zu Beginn des Spiels äußerst effektiv, das Geschehen spielte sich in weiten Teilen in der Bayern-Hälfte ab - also weit weg vor dem Tor des Oberligisten.

Boateng war zu Beginn des Spiels hörbar unzufrieden
Boateng war zu Beginn des Spiels hörbar unzufrieden / Alexander Hassenstein/Getty Images

Klar ist aber, dieses hohe Anlaufen birgt viele Gefahren - gerade gegen den FC Bayern mit ihren Offensiv-Stars Lewandowski, Gnabry und Co. Denn eine eingespielte Bayern-Truppe nutzt den Raum hinter der Abwehrkette aus, hat so viel Tempo, dass tiefe Bälle nur sehr schwer zu verteidigen sind. Es ist das Spiegelbild des bayerischen Anlaufens: Auch der Rekordmeister zeigt sich nicht immer sattelfest, wenn das eigene Pressing nicht perfekt ausgeführt ist und der Gegner die ersten Linien kontrolliert überspielen kann.

Die Bundesliga muss sich fragen: Wie ist die Chance gegen die Bayern höher?

Die Gretchenfrage ist und bleibt aber für die Bundesliga-Konkurrenz: Wie ist die Chance gegen die Bayern höher? Tief und kompakt auf Konter lauernd, oder es mit der FCB-Überfalltaktik versuchen? Argumente für ersteres lieferte die TSG Hoffenheim und auch die Hertha beim bitteren 3:4 in München. Argumente für ein mutiges Auftreten liefert zum einen der FC Düren, zum anderen die Tatsache, dass der FC Bayern gegen tiefstehende Bundesligisten früher oder später seine Tore macht. Abzuraten ist von einer wirren Mischung, wie sie Schalke 04 zum Saisonstart offenbar versuchte: Eine hochstehende Abwehr, aber kein wirkliches Anlaufen des Bayern-Spielaufbaus.

Am Ende bleibt es gegen die Flick-Bayern immer schwer - für jeden Bundesligisten - etwas Zählbares mitzunehmen. Gegen die Konter-Taktik spricht, dass viele Teams nicht stark genug sind, um nach einem Ballgewinn schnell und kontrolliert genug in die Spitze zu spielen. Gerade in aktuellen Zeiten, in denen die Bayern von Spiel zu Spiel hetzen, kann man sie mit aggressivem Anlaufen mit Sicherheit sehr viel mehr ärgern. Wenn die Beine und der Kopf müde sind, können freie Räume hinter der Abwehr nicht mehr so selbstverständlich angelaufen und bespielt werden. Zudem fehlt gegen ein Pressingteam ein Spieler wie Thiago, der praktisch resistent dagegen ist. Ein Leon Goretzka etwa, ist in der Zentrale ein völlig anderer Spielertyp.

Fazit

Warum also mal nicht das Herz in die Hand nehmen - so wie es Düren getan hat? Sehr viel mehr zu verlieren als der Fünftligist haben auch die meisten Bundesligisten nicht. Punkte oder gar einen Sieg gegen die Bayern erwartet niemand. Und Mut wird dann und wann auch mal belohnt!