Was eine Gehaltsobergrenze bewirken könnte - und was nicht
Von Stefan Janssen

Eine Gehaltsobergrenze im Fußball ist ein wenig realistischer geworden, zumindest scheint der rechtliche Weg, den viele immer als Gegenargument anführten, nun geebnet zu sein: Gleich zwei Gutachten kamen zu dem Schluss, dass ein so genannter "Salary Cap" durchaus mit gebotenem Recht durchführbar sei, sofern die UEFA die Regelung federführend übernimmt. Doch was würde das im Fußball überhaupt bewirken - und was nicht?
Bedeuten würde die Gehaltsobergrenze nach Vorbild vieler US-Amerikanischer Profiligen, dass Vereine nur noch eine bestimmte Summe pro Jahr für alle Spielergehälter zur Verfügung hätten, die nicht überschritten werden dürfte. In den USA funktioniert dieses System herausragend, denn es sorgt immer wieder dafür, dass sich Top-Spieler schwächeren Teams anschließen, um mehr Geld verdienen zu können, die dann wiederum auch sehr schnell zu den besseren Teams gehören können. Ein solcher Auf- oder eben auch Abstieg kann sehr schnell gehen.
Doch die romantische Vorstellung, dass der FSV Mainz (oder ein anderer Bundesligist dieser Kategorie) dann plötzlich David Alaba verpflichtet, weil der FC Bayern an der Gehaltsobergrenze angekommen ist und ihn sich nicht mehr leisten kann, ist im Fußball natürlich nicht angebracht. Die Teams in den USA sind alle (bis auf sehr wenige Ausnahmen) im Besitz von Milliardären, die viel mehr Geld ausgeben könnten, als sie dürfen.
Heißt: Alle Mannschaften haben grundsätzlich das gleiche Potenzial, können das gleiche ausgeben und bewegen sich stets am Limit. Ein kleiner Bundesligist würde aber wahrscheinlich niemals ans Maximum des Salary Caps kommen, weil das Geld grundsätzlich schon gar nicht da ist, während die Bayern wohl mal hier und da einen Spieler ziehen lassen müssten.
Kleinere Vereine können aufschließen
Plötzliche Chancengleichheit unter allen Klubs würde es also auch mit der Gehaltsobergrenze niemals geben, weil die Voraussetzungen einfach andere sind. Das heißt aber noch lange nicht, dass sich nichts zum Positiven ändern könnte. Durch die Deckelung der Gehälter ist eben eine Grenze gesetzt, die die Top-Teams nicht mehr überschreiten können. Heißt: Die Bayern haben vielleicht viel mehr Geld als alle anderen in Deutschland, können aber über einen bestimmten Punkt nicht mehr hinaus, während sich Verfolger, wie beispielsweise das im Wachstum befindliche Borussia Mönchengladbach, durch konstant gute Arbeit aufschließen könnten. Ein spannenderer Wettbewerb in der Bundesliga könnte die Folge sein, weil eben viel Geld noch weniger automatischen Erfolg verspricht als bisher. Es würde auch investorengesteuerten Teams wie Manchester City oder Paris St. Germain etwas Einhalt gebieten.
Die Folge: Top-Spieler werden ihren Verein häufiger einmal verlassen, weil sie anderswo mehr Geld verdienen können. Wenn also Manchester United nach einem schlechten Jahr den ein oder anderen Spieler abgibt und dadurch Geld übrig hat, wird sich ein Spieler von Real Madrid vielleicht eher einmal den Red Devils anschließen, weil die ihm mehr Gehalt zahlen können und mit ihm wieder an die Spitze wollen. Doch fördert der Salary Cap nicht nur mehr Transfers, sondern stellenweise auch mehr Vereinstreue.
Dies klingt zwar Paradox, ist in den USA aber der Fall: Oftmals ist es so, dass Mannschaften um zwei, drei Stars, die die Gesichter der "Franchise" sind, aufgebaut werden. Solche Spieler kommen nie auf den Markt und sind nicht selten ihre gesamte Karriere einem Klub treu. Einige Superstars bleiben mit stetig wachsendem Gehalt also immer bei einem Team, während um sie herum rege Fluktuation herrscht, um sie weiterhin bezahlen zu können.
Top-Vereine werden ablehnen - oder andere Wege finden
Wichtig hierbei zu wissen: Es gibt auch Salary Caps mit einem Mindestgehalt für Spieler, das sich zum Beispiel anhand der Erfahrung eines Akteurs errechnet. Somit wird verhindert, dass Top-Spieler, die schon genug verdient haben, für ein fast schon symbolisches Mini-Gehalt bei einem bereits sehr guten Team anheuern, um eine Art Super-Team aufzubauen, welches Reihenweise Titel gewinnt. Die Kehrseite der Medaille: Schwächere Spieler werden sehr schnell einmal entlassen, weil das Gehalt eingespart werden soll. Verträge sind im US-amerikanischen System wesentlich weniger Wert als bislang im Fußball, wo ein Spieler seinen Vertrag auch mal aussitzen kann.
Eine Gehaltsobergrenze sorgt also nicht dafür, dass plötzlich alle Teams etwa gleichstark sind und es einen komplett ausgeglichenen Wettbewerb gibt. Sie kann aber zumindest bewirken, dass sich die Top-Teams nicht immer weiter von den kleineren Vereinen entfernen und die stattdessen mit guter Arbeit wieder aufschließen können. Auswirkungen hätte sie also in erster Linie für die ganz großen und finanzstarken Vereine - und die werden sich garantiert dafür einsetzen, dass eine solche Regelung nicht kommt und wenn, werden sie sie biegen und drehen, wie es eben passt; selbstverständlich gibt es hier gewisse Tricks. Grüße an das Financial Fairplay.
Die Gehaltsobergrenze hätte also das Potenzial, für einen etwas ausgeglicheneren Wettbewerb sorgen, doch dass sie wirklich kommt und dann auch noch funktioniert, ist mehr als fraglich.