Tapsoba startet bei Bayer 04 durch: Auf den Spuren von Lucio und Co?

Bayer 04 Leverkusen v 1. FC Union Berlin - DFB Cup
Bayer 04 Leverkusen v 1. FC Union Berlin - DFB Cup / DeFodi Images/Getty Images
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Leverkusen und Verteidigen? Ein generell schwieriges Thema. Seit Anbeginn der Zeit hat die Werkself immer wieder Probleme mit der Defensivarbeit, besonders seitdem die Ära um Abwehrgrößen wie Lucio, Juan oder Jens Nowotny vorbei ging. Doch in den vergangenen Monaten ist Leverkusens chronische Kinderkrankheit wie vom Erdboden verschwunden. Das hat vor allem mit einem Namen zu tun: Edmond Tapsoba.

Im vergangenen Winter zahlte Bayer 04 für den damals 20-Jährigen stattliche 18 Millionen Euro. Der Innenverteidiger aus Burkina Faso verdiente zuvor beim portugiesischen Klub Vitoria Guimaraes seine Brötchen. Dort spielte er gerade einmal seine erste Saison auf Profiebene, in der Saison 2018/19 kickte er noch bei der zweiten Mannschaft der Portugiesen.

Wer zur Hölle ist Tapsoba?!

Als die Werkself den Transfer vollzog, hatten nur die Wenigsten direkt ein Bild vor Augen, wer dieser Tapsoba überhaupt sein sollte. Am ehesten kannte man ihn durch die Europa-League-Teilnahme Vitorias in dieser Saison. Anhand seiner Statistiken würde man den Jungspund eher in der Offensive vermuten. Für Guimaraes erzielte Tapsoba in dieser Saison neun Tore in 32 Pflichtspielen! Doch denkste, der Neuzugang ist ein Verteidiger.

Bei Vitoria zeigten sich auch Tapsobas offensive Fähigkeiten
Bei Vitoria zeigten sich auch Tapsobas offensive Fähigkeiten / Matthew Ashton - AMA/Getty Images

Leverkusen begrüßte also ein weiteres Pfund in der vereinseigenen Problemzone, wo sich mit Sven Bender, Jonathan Tah, Aleksandar Dragovic und Panagiotis Retsos bereits vier namhafte und durchaus qualitativ starke Profis befanden.

So zumindest der Stand im Winter, inzwischen bringt der Neue die Alteingesessenen ins Schwitzen. Tapsoba ist aus Leverkusens Startelf nicht mehr wegzudenken, nachdem er bei seinem Debüt gegen Dortmund Anfang Februar (Endstand 4:3) direkt zu Gefallen wusste. Der bisher als Partner von Bender gesetzte Tah musste schon bald auf die Bank ausweichen. Bei einer Viererkette vertraut Trainer Peter Bosz auf das Duo Bender/Tapsoba.

Tapsobas schnelle Integrationsfähigkeit beeindruckte auch Vitoria-Trainer Vieira

Mit einem kicker-Notenschnitt von 2,4 ist der inzwischen 21-Jährige einer der (noten-) besten Spieler der gesamten Bundesliga. Von außen wirkt es so, als sei der achtmalige Nationalspieler seit Ewigkeiten Teil der Leverkusener Teams. Mit einer unfassbaren Ruhe, Konzentration und vor allem Geschwindigkeit kocht der Verteidiger reihenweise Spieler im Laufduell ab und brilliert gleichzeitig mit einer beeindruckenden Spieleröffnung. Erinnerungen an Leverkusens goldene Innenverteidigergeneration kommen hoch.

Immer vollen Einsatz - auch gegen einen Erling Haaland
Immer vollen Einsatz - auch gegen einen Erling Haaland / DeFodi Images/Getty Images

Seinen ehemaligen Trainer aus Vitoria-Zeiten, Ivo Vieira, überrascht das unmittelbare sportliche Einschlagen seines früheren Schützlings nicht. "Als ich zu Vitoria kam, wurde Edmond als vierter Innenverteidiger mit Entwicklungspotenzial bezeichnet", so Vieira im kicker, "aber bereits nach wenigen Einheiten hat sich seine Qualität gezeigt." Er habe sich damals schnell integriert.

Die unnachahmliche Qualität, unter Drucksituationen konzentriert zu bleiben, habe den Trainer damals beeindruckt: "Außer Technik und Schnelligkeit hat er eine Eigenschaft, die sehr ungewöhnlich ist für sein Alter, nämlich das Spiel so zu lesen, dass er schnell die richtige Entscheidung treffen kann." Bei allen Leverkusenern schrillen nun die Glocken: genau das ist das wichtige Zahnrädchen, welches Leverkusen seit Jahren fehlte.

Tapsoba: "Bin immer zu 100 Prozent fokussiert"

Vieira ist sich übrigens sicher, dass Tapsoba eine große Karriere bevorsteht: "Er wird sich weiter entwickeln und einer der Größten der Welt werden. Er kann dort landen, wo er möchte: bei den größten Vereinen der Welt." Da trifft es sich gut, dass Leverkusen den Neuzugang gleich mal mit einem Vertrag bis 2025 ausgestattet hat.

Und was sagt der Spieler selbst? "Ich bin auch manchmal nervös, aber ich weiß, wie ich meine Nerven in den Griff bekomme, und deshalb scheint es so, dass ich immer ganz relaxed bin", so Tapsoba im kicker. Unterm Strich sei er immer "zu 100 Prozent fokussiert".

Und genau hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Insgesamt weisen nämlich die Personalien Tah und Tapsoba enorme Ähnlichkeiten im Spielprofil auf. Lange Zeit war Tah derjenige, der enge Laufduelle gewann und sich durch einen kühlen Kopf auszeichnete. Doch in der bisherigen Spielzeit ging dem Deutschen diese Eigenschaft leider verloren. Seinen Platz nimmt nun Tapsoba ein, der die Messlatte allerdings direkt nach oben hebt.

Der lang ersehnte Lucio-Nachfolger?

Schnell denkt man bei Tapsoba an den großen Lucio, für viele Bayer-Fans immer noch der beste Innenverteidiger der Vereinsgeschichte, wenn man den jungen Burkiner spielen sieht. Tapsoba hat definitiv die Veranlagung, einmal ganz groß rauszukommen. Am kommenden Samstag gegen Borussia Mönchengladbach muss er seine Qualitäten wieder unter Beweis stellen. Gegen die offensivfreudigen Fohlen wird ein Tapsoba auf Topniveau benötigt.

Nostalgie pur: Lucio im Leverkusener Trikot
Nostalgie pur: Lucio im Leverkusener Trikot / VOLKER HARTMANN/Getty Images

Man darf gespannt sein, wohin die Reise des Talents, der mit der Werkself übrigens noch Erfolge in allen drei Wettbewerben anpeilt, gehen wird. Aktuell ist man unter dem Bayerkreuz einfach überglücklich, endlich wieder einen wahren Fels in der Brandung, einen Anker in stürmischer See, einen Feuerwehrmann im brennenden Abwehrverbund zu haben (bei weiteren Metapher-Vorschlägen gerne melden). Das Phänomen Tapsoba: Es sucht aktuell nach Seinesgleichen.