Rummenigge über Kritik am Fußball: "Wir können nicht bei der UEFA sagen, wir spielen nicht"

Im Aktuellen Sportstudio stellte sich Karl-Heinz Rummenigge zahlreichen kritischen Fragen
Im Aktuellen Sportstudio stellte sich Karl-Heinz Rummenigge zahlreichen kritischen Fragen / Alexander Hassenstein/Getty Images
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Am Samstagabend war Karl-Heinz Rummenigge im Aktuellen Sportstudio des ZDF zu Gast. Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern wies die Kritik am Fußball und an einige seiner jüngsten Aussagen von sich und betonte mehrfach, dass man keine Sonderrolle einnehmen wolle.

Der Profi-Fußball und allen voran der FC Bayern waren in den vergangenen Tagen wieder stärker in die Kritik geraten. Grund dafür waren die Verlegungen der Champions-League-Spiele von RB Leipzig und Borussia Mönchengladbach nach Budapest, einige heikle Aussagen von Karl-Heinz Rummenigge und die Klub-Weltmeisterschaft in Katar, an der der deutsche Rekordmeister als amtierender Champions-League-Sieger teilgenommen hat.

Bevor der Spielbetrieb im Mai vergangenen Jahres wiederaufgenommen werden durfte, war insbesondere von DFL-Boss Christian Seifert die Rede von Demut und Zurückhaltung, und dass der Fußball keine Sonderrolle beanspruche und sich hintenanstellen werde, wenn es nötig ist. Doch obwohl das Pandemiegeschehen aufgrund der aufkommenden Dominanz der Mutation B.1.1.7 zu kippen droht und hierzulande insbesondere für Reisen aus Großbritannien Reiseeinschränkungen gelten, finden die Verbände Mittel und Wege, um den Spielbetrieb aufrechtzuerhalten.

Rummenigge: "Glaube nicht, dass wir irgendwie arrogant sind"

Im Aktuellen Sportstudio musste sich Rummenigge daher einigen kritischen Fragen von ZDF-Moderator Jochen Breyer stellen. Allerdings wollte der Vorstandsvorsitzende der Bayern jegliche Kritik nicht gelten lassen (zitiert via kicker): "Ich glaube, dass der Fußball nach wie vor die Demut hat", antwortete er etwa auf die öffentliche Kritik, dass der Fußball den Bezug zur Realität verloren habe. "Wir sind glücklich, dass wir spielen dürfen. Ich glaube nicht, dass wir irgendwie arrogant sind oder Sonderwürste in Anspruch nehmen."

Wies die zahlreiche Kritik am FC Bayern und den Verbänden von sich: Karl-Heinz Rummenigge
Wies die zahlreiche Kritik am FC Bayern und den Verbänden von sich: Karl-Heinz Rummenigge / Alexander Hassenstein/Getty Images

Die Beteiligten seien "nervös", so Rummenigge, "wir sind auch irgendwie auch wie alle in unserem Land angespannt. Wir haben jetzt ein Jahr Spiele ohne Zuschauer erlebt, das ist alles nicht so einfach - auch nicht für den Fußball." Man dürfe wegen dieser Anspannung "nicht den Fehler machen, alles auch auf die Goldwaage zu legen oder alles zu interpretieren", warnte er, denn dann gäbe es "schnell Shitstorms, die dann auch möglicherweise falsch interpretiert werden."

Spielortsverlegungen im Europapokal "eine Entscheidung der UEFA"

Angesprochen auf die Kritik an den Verlegungen der Spielorte zahlreicher Europapokalspiele verwies Rummenigge derweil auf die Hygienekonzepte der UEFA sowie den bestehenden Regularien: "Alle deutschen Klubs, die sich jetzt glücklicherweise fürs Achtelfinale qualifiziert haben, müssen sich diesem Hygienekonzept unterwerfen. Und wenn die UEFA ganz einfach entscheidet, wenn man in Deutschland aus bekannten Gründen wie dieser Mutante keine Spiele durchführen darf, dann muss man zum Beispiel nach Budapest."

Die Alternative sei, nicht mehr an der Königsklasse teilzunehmen, erklärte Rummenigge, der auch Kritik an den Hygienekonzepten abblockt: "Ich muss klar und deutlich sagen: Erstens funktionieren diese - und zweitens müssen wir teilnehmen. Wir können nicht bei der UEFA sagen, wir spielen nicht."

Aufgrund der geltenden Einreisebeschränkungen in Deutschland fand das Spiel zwischen RB Leipzig und dem FC Liverpool in Budapest statt
Aufgrund der geltenden Einreisebeschränkungen in Deutschland fand das Spiel zwischen RB Leipzig und dem FC Liverpool in Budapest statt / Laszlo Szirtesi/Getty Images

Darüber hinaus seien die Verlegungen "eine Entscheidung der UEFA" und nicht die von RB Leipzig oder Borussia Mönchengladbach. "Die UEFA hat entschieden, dass diese Spiele stattfinden müssen. Sicherlich ist sie diskussionswürdig, ich verstehe alle, die darüber diskutieren. Weil man natürlich dadurch den Eindruck gewinnt, der Fußball hat eine Sonderrolle." Jedoch betonte Rummenigge erneut, dass man "keine Sonderrolle" in Anspruch nehmen wolle: "Wir spielen, üben unseren Beruf aus und wollen den Spielbetrieb aufrechterhalten", verteidigte er die derzeitigen Maßnahmen.

Impf-Aussage "offensichtlich missverstanden worden"

Eine langfristige Lösung zur Bekämpfung der Pandemie wäre eine Impfung der Bevölkerung. Neben dem schleppenden Start in Deutschland gibt es zahlreiche Personen, die den Impfungen kritisch gegenüberstehen. Daher machte Rummenigge in einem Interview mit Sport1 den Vorschlag, dass sich Fußballer impfen lassen könnten, um die Zweifler davon zu überzeugen, sich auch vorsorglich vor dem Coronavirus zu schützen. Angesprochen auf die zahlreiche Kritik an dieser Aussage erläuterte er: "Das ist offensichtlich von einigen missverstanden worden, vielleicht habe ich mich auch falsch ausgedrückt." Er habe lediglich anregen wollen, dass für den Fall, dass genügend Impfstoff zur Verfügung wäre, der Fußball womöglich "ein Vorbild" sein könne. "Ich habe immer gesagt, dass wir uns genauso in die Reihe stellen wollen, wie es von uns verlangt wird", so Rummenigge.

Rummenigge: Katar "schon ein Stück nach vorn gekommen"

Zu guter Letzt ließ Rummenigge auch die Kritik an der langjährigen Partnerschaft des FC Bayern mit Katar nicht gelten: "Ich muss offen und ehrlich sagen, dass, wenn man sich die Entwicklung in Katar anschaut, seitdem sie mit dem Fußball zu tun haben, dann entwickelt sich dieses Land", sagte er. "Alle, die mit dem arabischen Golfstaat zu tun haben, werden bestätigen, dass die Entwicklung, was die Menschen- und Arbeitsrechte betrifft, in Katar schon ein Stück nach vorn gekommen ist. Natürlich muss man das weiter verbessern. Man wird dafür aber auch Zeit benötigen." Der Fußball, so Rummenigge, könne "die Welt ein Stück verbessern, aber wir können trotzdem nicht die ganze Welt verbessern."