"Wirtschaftlich herrscht ein großer Unterschied" - Ralf Kellermann spricht über die UWCL, die SGS Essen und die U23

Ralf Kellermann
Ralf Kellermann / Sebastian Widmann/GettyImages
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Die Frauen des VfL Wolfsburg verfolgen das Ziel, jedes Jahr um die großen Titel mitzuspielen. In der Saison 22/23 wurden sie DFB-Pokalsiegerinnen, Vizemeisterinnen und standen im Finale der Champions League. In diesem Jahr verpassten es die Frauen des VfL Wolfsburg, in die Gruppenphase des internationalen Wettbewerbs einzuziehen. Im umfangreichen kicker-Interview sprach der Sportliche Leiter der Wölfinnen unter anderem über den wirtschaftlichen Vergleich zu anderen Spitzenvereinen, die beeindruckende Hinrunde der SGS Essen und über die Nachwuchsabteilung der Nationalmannschaft.

Beim letzten Interview im November sagte Kellermann dem kicker bereits: "Mit diesem Kader können wir Meister werden und grundsätzlich in der Champions League ins Viertelfinale einziehen. Aber keiner sollte davon träumen, dass wir dauerhaft die Champions League gewinnen. Das ist unrealistisch".

Wolfsburgs Sportlicher Leiter fügte nun hinzu, dass einige der Mannschaften, die mit dem VfL um den begehrten internationalen Titel konkurrieren, als Marke und als Standort eine deutlich größere Strahlkraft als Wolfsburg hätten. "Wirtschaftlich herrscht ein großer Unterschied zu den Vereinen, mit denen wir uns letztes Jahr im Viertel- und Halbfinale sowie im Finale gemessen haben. Trotzdem waren wir nahe dran, die Champions League zu gewinnen", so Kellermann im kürzlich veröffentlichten Dezember-Interview.

Alexandra Popp, Ashley Lawrence
Paris Saint-Germain v VfL Wolfsburg: Quarter-Final 1st Leg - UEFA Women's Champions League / Catherine Steenkeste/GettyImages

Als wichtige Stellschraube sieht er den sportlichen Wettbewerb in der Google Pixel Frauen-Bundesliga. Die Attraktivität der Liga entscheide unter anderem darüber, ob die Topspielerinnen der Vereine in Deutschland bleiben würden und die Vereine ebenso Topspielerinnen aus dem Ausland für die Frauen-Bundesliga begeistern können.

Die Frauen-Bundesliga entwickelt sich derzeit in der Breite und lässt darauf hoffen, dass in den nächsten Jahren mehrere Mannschaften um die oberen Tabellenplätze mitspielen werden. Neben Wolfsburg, dem FC Bayern und Eintracht Frankfurt machen es laut Kellermann auch Mannschaften wie beispielsweise die SGS Essen sehr gut. Zur aktuellen Hinrunde und der Ausbildung von jungen Spielerinnen sagte er: "Sie machen das seit Jahren herausragend und bringen immer wieder Spielerinnen hervor, die dann irgendwann über Umwege Nationalspielerinnen werden. Davor habe ich allergrößten Respekt". Beim eigenen Verein hingegen gab es in den letzten Jahren nicht viele Spielerinnen, die den Sprung von der Wolfsburger Nachwuchsabteilung in den Profibereich geschafft haben. Kellermann entgegnete dem: "Das stimmt. Ich könnte jetzt 15 bis 20 Namen aufzählen, die hier die Ausbildung durchlaufen haben und jetzt in nahezu allen Vereinen der Bundesliga und sogar international spielen. Der Sprung von der U20 zu einer internationalen Top-Mannschaft ist häufig zu groß. Das hat eine Ewa Pajor mit 18 geschafft und auch eine Lena Oberdorf, also die Ausnahmetalente, aber eben nicht die meisten".

Spielerinnen, denen es an Spielzeit fehlt, wechseln demnach innerhalb der Liga oder ins Ausland, um sich dort möglichweise besser entwickeln zu können. Die Problematik der unzureichenden Nachwuchsarbeit ist seit Jahren ein heiß debattiertes Thema. Kellermann selbst bezieht insbesondere hinsichtlich der U-Nationalmannschaften klar Stellung:

"Es fehlt seit Jahren eine U23-Nationalmannschaft. Wir sind die einzige Top-Nation in Europa, die in dieser Altersklasse keine Nationalmannschaft hat"

Und führt weiter aus: "Mir wurde der Verzicht auf diese Mannschaft immer mit dem Verweis auf budgetäre Gründe erklärt. Dafür fehlt mir jegliches Verständnis, und man muss sich nicht wundern, wenn man in manchen Bereichen den Anschluss verliert".


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