90min-Powerranking zur EM: Die Chancen der acht Viertelfinalisten

Um ihn kämpfen jetzt noch acht Länder: der EM-Pokal
Um ihn kämpfen jetzt noch acht Länder: der EM-Pokal / ANDREAS SOLARO/Getty Images
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Nach dem großen Schnitt des Achtelfinales kämpfen noch acht Teams um die Krone des europäischen Fußballs. Das Starterfeld des Viertelfinales der EURO 2020 bietet dabei die ganz Bandbreite - von Außenseitern (wie Tschechien, Ukraine oder Dänemark) über mehr oder weniger überraschende Geheimfavoriten (wie die Schweiz) bis zu den bereits vor dem Turnier gehandelten Titel-Kandidaten (Belgien, Italien, Spanien und England) ist alles dabei.


8. Ukraine - Titelwahrscheinlichkeit: 2 Prozent

Artem Dovbyk
Extatischer Jubel bei den Ukrainern nach Dovbyks Treffer zum 2:1 gegen die Schweden / Stu Forster/Getty Images

Auf gerade zu italienische Art und Weise haben sich die von Stürmer-Legende Andriy Shevchenko trainierten Osteuropäer ins Achtelfinale gemogelt: am Ende reichte ein Sieg in der Vorrunde (gegen Nordmazedonien), um als einer der besten vier Gruppendritten in die K.o.-Runde einzuziehen.

Im Achtelfinale gegen spielerisch überlegene Schweden zeigten sich die Ukrainer vor allem physisch sehr stabil - und hatten bei den Pfosten- und Lattentreffern von Emil Forsberg auch das nötige Quäntchen Glück, das man für einen Erfolg immer braucht.

Sollte der Ukraine im Viertelfinale gegen England tatsächlich die Überraschung gelingen, würden die Chancen (im Halbfinale würde dann Dänemark oder Tschechien warten) sicherlich nicht geringer werden.

Der Vorteil des Außenseiters: England kann am Samstag (21.00 Uhr) nicht auf seinen Heimvorteil bauen. Das Spiel findet in Rom statt.

7. Tschechien - Titelwahrscheinlichkeit: 4 Prozent

EURO 2020: Netherlands v Czech Republic
Die Tschechen warfen mit Holland einen der Turnier-Favoriten aus dem Rennen. Hier jubelt Antonin Barak mit den Fans über den Einzug ins Viertelfinale / Anadolu Agency/Getty Images

Auch die Tschechen profitierten vom Austragungsmodus dieser EURO 2020 und kamen als Dritter der Vorrunden-Gruppe D (hinter England und Kroatien) in die Runde der letzten Sechzehn. Immerhin mit vier Punkten und einem positiven Torverhältnis.

Gegenüber der Ukraine spricht für die Tschechen die Tatsache, dass sie schon einmal bei einer EM (1996) alle Prognosen widerlegten, überraschenderweise ins Finale vorstießen und dieses nur denkbar knapp (per Golden Goal) gegen den großen Favoriten Deutschland verloren.

Nicht zu vergessen natürlich auch ihr bislang einziger Titel im Jahr 1976. Auch damals hieß der Final-Gegner Deutschland - was beim aktuellen Turnier ja nicht mehr möglich ist...

6. Dänemark - Titelwahrscheinlichkeit: 6 Prozent

Joakim Maehle
Die Dänen ließen den Walisern im Achtelfinale keine Chance / Eurasia Sport Images/Getty Images

Spielerisch hat Dänemark von allen Außenseitern des Viertelfinales die beste Visitenkarte hinterlassen. Doch am beeindruckendsten der bisherigen Leistung der Skandinavier war wohl ihre Fähigkeit, die traumatischen Geschehnisse rund um Christian Eriksens Zusammenbruch und anschließendem Überlebenskampf am Spielfeldrand beim Turnierstart gegen Finnland verarbeitet und in positive Energie umgewandelt zu haben.

Die abgezockten Belgier waren zwar noch eine Nummer zu groß, doch Russen (am 3. Gruppenspieltag) und Waliser (im Achtelfinale) bekamen jeweils vier Tore von den Nordeuropäern eingeschenkt - und mussten am eigenen Leibe spüren, zu was eine Mannschaft mit entsprechendem Teamgeist fähig ist.

5. Schweiz - Titelwahrscheinlichkeit: 8 Prozent

Granit Xhaka
Die Schweiz steht erstmals nach 67 Jahren wieder in einem Viertelfinale eines Großturniers - muss aber auf Granit Xhaka verzichten / Marcio Machado/Getty Images

Wer den Top-Favoriten aus dem Turnier schmeißt, und das auch noch absolut verdient (wenn auch glücklich im Elfmeterschießen), ist in einem Viertelfinale nicht mehr als zu belächelnder Außenseiter anzusehen.

Im Viertelfinale gegen Spanien (Fr, 18.00 Uhr) in St. Petersburg wird die Favoriten-Rolle erneut beim Gegner liegen. Was für die Eidgenossen alles andere als ein Nachteil ist. Und wie man Spanien schlägt, wissen unsere südlichen Nachbarn auch. Bei der WM 2010 gewann die Schweiz sensationell das erste Gruppen-Spiel gegen den haushohen Favoriten - und späteren Weltmeister. Der Ausfall von Granit Xhaka (Gelbsperre) jedoch dürfte schwer wiegen.

4. England - Titelwahrscheinlichkeit: 10 Prozent

Harry Kane, Raheem Sterling
Schossen die Engländer mit ihren Toren gegen Deutschland ins Viertelfinale: Harry Kane und Raheem Sterling / Robbie Jay Barratt - AMA/Getty Images

Diese Quote mag den Fans auf der Insel die Zornesröte ins Gesicht treiben - aber sorry: Wirklich überzeugt haben die Three Lions bislang noch bei keinem einzigen Spiel. Auch das 2:0 im Achtelfinale gegen Deutschland (vor heimischem und zahlreichem Publikum) war mehr der zögerlichen Unentschlossenheit und fehlenden Kaltschnäuzigkeit des Gegners geschuldet, als eigenen Meriten.

Zudem muss England gegen die Ukraine auf den Faktor Heimvorteil verzichten. Alles mögliche Ingredienzen für eine weitere Turnier-Überraschung. Denn die wäre ein Scheitern der Engländer am Samstag gegen die Ukraine trotzdem allemal.

3. Spanien - Titelwahrscheinlichkeit: 20 Prozent

Croatia v Spain - UEFA Euro 2020: Round of 16
Die Spanier konnten in der Verlängerung gegen Kroatien den Schalter nochmal umdrehen - und ins Viertelfinale einziehen / Pixsell/MB Media/Getty Images

Recht schleppend sind die Spanier ins Turnier gekommen. Nach den ersten beiden Spielen gegen Schweden und Polen stand noch kein einziger Sieg - und nur ein geschossenes Tor. Die Angst vor einem frühen Aus schien die Iberer zu lähmen. Fünf Tore im letzten Gruppenspiel gegen die Slowakei sowie fünf Treffer im wilden Ritt des Viertelfinals gegen die Kroaten dürften aber mittlerweile für Vertrauen in die eigene (Offensiv-)Stärke gesorgt haben.

Beeindruckend war gegen Kroatien vor allem die Fähigkeit der Spanier, den Schalter nach der verspielten Zwei-Tore-Führung in der Verlängerung nochmals umzulegen.

2. Italien - Titelwahrscheinlichkeit: 22 Prozent

Gianluca Vialli, Gabriel Oriali, Roberto Mancini
Jubelnder Trainerstab um Gianluca Vialli, Gabriel Oriali und Cheftrainer Roberto Mancini (von links nach rechts) nach dem knappen Sieg über Österreich / Visionhaus/Getty Images

Das kleine Plus gegenüber Spanien lässt sich an zwei Faktoren festmachen: Da wäre zum einen die immer unheimlicher werdende Siegesserie der Squadra Azzurra unter Roberto Mancini - und zum anderen die Tatsache, dass die Fußball-Nation Italien nach zahlreichen Enttäuschungen in den letzten 15 Jahren (seit ihrem WM-Triumph von 2006) endlich wieder Titel-Hunger verspürt. Die bisherigen Leistungen lassen bislang auch keine großen Schwächen erkennen.

Das Viertelfinale gegen Belgien (Fr, 21.00 Uhr) kann getrost als vorweg genommenes Finale angesehen werden. Zumindest wird der Sieger dieses in München stattfindenden Duells nicht weniger Chancen auf den Titel haben als jetzt schon.

1. Belgien - Titelwahrscheinlichkeit: 28 Prozent

Belgium v Portugal - UEFA Euro 2020: Round of 16
Kann sich die Goldene Generation der Belgier endlich mit einem Titel krönen? / Isosport/MB Media/Getty Images

Wenn nicht jetzt, wann dann? So oder so ähnlich dürften die Belgier in diesen Tagen antworten, wenn sie zu den Titelchancen ihrer Roten Teufel gefragt werden. Die Goldene Generation der Belgier, als Titel-Kandidaten schon bei der WM 2014 in aller Munde, muss allmählich liefern, denn die de Bruynes, Vermaelens, Hazards oder Lukakus werden ja auch nicht jünger.

Ihre bisherigen Aufgaben haben die Belgier jedenfalls allesamt souverän (und ohne sich dabei ein Bein auszurenken) gelöst. Tatsächlich sind sie die einzigen der acht Viertelfinalisten, die alle ihre bisherigen Spiele in der regulären Spielzeit gewinnen konnten.