Positive Corona-Fälle in der Bundesliga sorgen für Zündstoff: Tut die DFL das Richtige?
Von Florian Bajus

Drei positive Befunde beim 1. FC Köln und ein unklarer Befund beim VfB Stuttgart: Obwohl nur ein Bruchteil der bisher getesteten Spieler und Betreuer mit SARS-CoV-2 infiziert ist, wachsen Kritik und Zweifel exponentiell. Im Vordergrund steht die Fortsetzung des Trainingsbetriebs trotz mangelnder Klarheit darüber, ob nicht schon weitere Akteure infiziert sein könnten.
DFL und Klubs werden nicht müde zu betonen, dass die engmaschigen Testungen funktionieren. Man sehe nun, dass das von der medizinischen Task Force erarbeitete Konzept "frühzeitig Risiken erkennt und reduziert", wird etwa DFB-Art Tim Meyer, der maßgeblich an der Erarbeitung des Hygienekonzepts beteiligt war, auf der Website des 1. FC Köln zitiert. Auch FC-Geschäftsführer Horst Heldt lobt, das bisherige Gruppentraining und der Beginn der Tests, bevor die Spieler überhaupt wieder ins normale Mannschaftstraining einsteigen können, hätten sich "dahingehend bewährt, dass wir jetzt mit individuellen Lösungen reagieren können."
Kölns Hygienebeauftragter Paul Klein betonte in einem ausführlicheren Interview vehement, dass der Fußball keine Sonderstellung genieße, man sich an die Vorgaben des Robert-Koch-Instituts halte und schlussendlich das Gesundheitsamt darüber entscheiden müsse, wer in häusliche Quarantäne gehört und wer nicht. Das Kölner Gesundheitsamt lässt diejenigen Spieler, die mit den infizierten Mannschaftskollegen und dem Physiotherapeuten zusammengearbeitet haben, trainieren. Demnach würden diese nicht in die Kategorie der Kontaktpersonen 1 fallen. Ob dem wirklich so ist, wird sich vermutlich erst nach den nächsten Tests zeigen.
"Unklarer Befund" in Stuttgart - nicht alle Klubs melden ihre Ergebnisse
Auch beim VfB Stuttgart wurde ein Fall registriert. Allerdings spricht der Verein laut dem kicker von einem "unklaren Befund", bei der betroffenen Person (nach kicker-Informationen soll es sich um einen Spieler handeln) gebe es "keinen spezifischen COV-2-Virus Nachweis". Dennoch wurde der Betroffene aus dem Verkehr gezogen und in 14-tägige Quarantäne geschickt, der Rest trainiert weiter. Auch hier soll die nächste Testrunde am Montag Klarheit darüber verschaffen, ob aus diesem potentiellen positiven Fall weitere Fälle resultieren.
Immer mehr Klubs melden dagegen, dass keine Befunde vorliegen, darunter Werder Bremen, Eintracht Frankfurt, 1899 Hoffenheim, Union Berlin, Hertha BSC und der SV Darmstadt. Weitere Klubs lassen noch auf sich warten, heizen dadurch die Spekulationen weiter an.
Tut die Bundesliga das Richtige?
Die zuvor schon vorhandenen Zweifel werden bei Kritikern immer größer, nicht zuletzt aufgrund der Aussagen von Kölns Mittelfeldspieler Birger Verstraete. Dieser erklärte beim belgischen TV-Sender VTM, die Gesundheit der Menschen müsse über dem Fußball stehen, er selbst mache sich Sorgen um seine Partnerin, die aufgrund von Herzproblemen zur Risikogruppe gehöre. Die Ungewissheit, ob er selber nicht doch infiziert sein könnte, ist groß. Eigenen Aussagen zufolge habe er mit den betroffenen Personen in einer Gruppe trainiert und unter anderem mit einem der Spieler einen Kraftraum geteilt.
Nun, da mit Birger Verstraete vom 1. FC Köln der erste Bundesligaspieler den Irrsinn der #DFL bezüglich #Corona völlig zu recht öffentlich anprangert, könnten weitere Dominosteine fallen, die das glitzernde Produkt der DFL zum Wanken bringt. Bitte mehr davon.
— Kai Niels Bogena (@BogenKai) May 3, 2020
Es ging ja in dem Tweet um die Quarantäne, und da ist mit Verstraete jetzt sogar ein Kölner Spieler verwundert, warum er nicht als Kontaktperson eingestuft wird.
— Tobias Escher (@TobiasEscher) May 3, 2020
Die Frage nach der Definition der 'Kontaktperson 1' wird immer lauter. Müsste nicht die gesamte Gruppe in Quarantäne? Oder gar die ganze Mannschaft? Steht das Kartenhaus der DFL schon nach der ersten Testrunde vor dem Einbruch? Die positiven Fälle sind ein Rückschlag, waren bei der Vielzahl an Testungen aber durchaus zu erwarten - und doch werfen sie Fragen auf. Etwa über die Vorbildfunktion der Spieler, an die die DFL appelliert. Oder darüber, ob sich das Virus nicht schleichend innerhalb der Mannschaft verbreitet. Und was passiert, wenn ein Spieler vor einem Spiel positiv getestet wird, aber keine Symptome aufweist - gehen die Verantwortlichen dann die Gefahr ein, dass dieser Spieler seine Mannschaftskollegen und die gegnerische Mannschaft ansteckt?
Dass mit Verstraete ein Profi seinen Mund aufmacht, ist wichtig. "Erst Gesundheit, dann Fußball", fasst es gut zusammen. Dazu zählt auch mentale Gesundheit. Ist sicher nicht der einzige Spieler, der verunsichert ist. Jetzt sollten andere nachziehen.
— Niklas Levinsohn (@levins0hn) May 3, 2020
#dopa wenn man wieder spielt und es geht um den Abstieg und der wichtigste Spieler wird pos. getestet hat aber keine Symptome: glaubt man ernsthaft, der Verein gibt das offiziell bekannt und lässt ihn nicht spielen?
— Florian (@chicagoflori) May 3, 2020
Verstraete jedenfalls sei nicht nach Fußball zumute. Und auch im Netz schwindet immer mehr der Glaube daran, dass die Saison mit Geisterspielen beendet werden kann. Eine endgültige Entscheidung ist am Mittwoch zu erwarten. Maßgebend wird vermutlich die zweite Testrunde. Können weitere positive Fälle ausgeschlossen werden, kann die DFL weiter darauf beharren, dass die individuelle Behandlung funktioniert. Oder sie erhält eine Abfuhr von der Politik, nachdem die Sportminister und das Bundesarbeitsministerium bereits grünes Licht gegeben hatten.
Für Christian Seifert & Co. muss es sich wie eine Achterbahnfahrt anfühlen. Auf den Rückschlag folgte Hoffnung, dann stieg die Kritik, ehe die Hoffnung wieder größer wurde - jetzt droht es wieder bergab zu gehen. Selbst der mögliche Startschuss am Mittwoch könnte nicht die letzte Entscheidung sein. Wer weiß, wie lange wirklich gespielt werden kann.
Ich kann mir weiterhin nicht vorstellen, dass diese Saison noch ein Spiel gespielt wird. Wenn doch, wäre es unter den aktuellen Umständen ein Armutszeugnis.
— Alex (@AlexAlxalix) May 3, 2020