Neuer Kapitän für Werder? Die Kandidaten im Überblick
Von Marc Knieper

Seit Jahren Gang und Gäbe: Werder-Coach Florian Kohfeldt steht vor der jährlichen Aufgabe der Bremer Kapitäns-Kür. Während im vergangenen Sommer Abwehr-Chef Niklas Moisander die Binde des an den Bosporus abgewanderten Max Kruse übernahm, steht vor Beginn der Spielzeit 2020/21 besonders Dauerbrenner Davy Klaassen im Rampenlicht. Alle Kapitäns-Kandidaten im Überblick:
1. Niklas Moisander
Den Anfang macht der aktuelle Amtsinhaber. Mit seiner ruhigen, reflektierten Art bildet Moisander zwar das genaue Gegenteil seines frechen Vorgängers Kruse, kann die Mannschaft aber dennoch auf und abseits des Platzes erreichen und sensibilisieren.
Der finnische Abwehr-Oldie, mittlerweile seit vier Jahren an der Weser, ist ein Mann der Erfahrung. Sowohl bei Ajax Amsterdam und AZ Alkmaar, als auch bei der Nationalelf, trug der 34-Jährige bereits die Binde.
Gibt also eigentlich nichts, das gegen ihn spricht - oder doch? Schaut man auf die vergangene Saison, so spricht sein Alter Bände. Eine Muskelverletzung samt anschließendem Trainingsrückstand bremste den Finnen gewaltig aus und ließ ihn ganze elf Bundesliga-Spiele verpassen.
Aufgrund seines hohen Alters bleibt Moisander auch in Zukunft ein Kandidat der Verletzungsanfälligkeit. Konstante Einsätze sind nicht zwangsläufig gegeben. Steht Moisander auf dem Platz, so mag er zwar eine wichtige Stütze im Bremer Spiel sein, dennoch wird er (physisch und auch psychisch) immer langsamer.
Langsam aber sicher hat er seinen Zenit erreicht. Der eifrige Marco Friedl droht ihn im Abwehr-Zentrum gar zu verdrängen. Ein Kapitän ohne Stammplatz-Garantie käme sicher nicht in Frage.
2. Davy Klaassen
Mit dem Thema Stammplatz-Garantie kennt Dauerbrenner Klaassen sich definitiv aus. Trotz einiger schwächelnder Spiele war der holländische Mittelfeld-Motor einer der wenigen Lichtblicke der Bremer Katastrophen-Saison. Eine Gelb-Sperre ließ den 27-Jährigen lediglich eine einzige Partie verpassen.
Klaassen war ohnehin schon Co-Käpt'n, trug in der vergangenen Spielzeit zehn Mal die Binde, und gilt nun als wohl heißester Amtsanwärter. Der Grund? Klaassen ist ein wahrer Fighter, schmeißt sich in jeden Zweikampf und diskutiert auch gerne mal mit dem Schiedsrichter. Von seiner Position des zentralen Mittelfelds aus, kann er seine Mitspielers bestens koordinieren und das Zepter in die Hand nehmen.
Nach einem Jahr der Besonnenheit würde der giftige Holländer endlich mal wieder ein wenig Aggressivität in die Rolle des Kapitäns bringen. Mit seinem gesunden Ehrgeiz weiß der ehemalige Ajax-Kapitän genau, was er will. Nach zwei Jahren an der Weser würde Klaassen als Kapitän zum Gesicht der Mannschaft werden. Die Beförderung dürfte sich sicherlich auch positiv auf seine sportliche Leistung auswirken.
3. Niclas Füllkrug
Jemand, der noch genauer weiß, was er will, heißt Niclas Füllkrug. Manchmal sogar so genau, dass am liebsten alle nach seiner Nase tanzen sollen. Passt ihm etwas nicht, so haut er einfach ab. Kompromissbereitschaft geht anders.
Man erinnere sich an den Disput mit Chefcoach Kohfeldt im Trainingslager im Zillertal. Mit einer Null-Bock-Manier stiefelte der Bremer Torjäger beleidigt vom Platz. Nicht gerade ein Bewerbungsschreiben zum Kapitän.
Dennoch verstehen sich Kohfeldt und Füllkrug gut. Privat womöglich sogar zu gut, als dass Kohfeldt ihm die Binde überreichen würde. Hauptaugenmerk bei 'Lücke' dürfte nach seiner langen Verletzung der Vorsaison ohnehin erst einmal sein, an die letzten Spiele anzuknüpfen, möglichst viele Tore zu erzielen und bestenfalls zum Bremer Goalgetter zu avancieren. Für die Binde ist da gar keine Zeit.
4. Maximilian Eggestein
Werder-Eigengewächs Maximilian Eggestein gelang zwar bereits der große Schritt vom Nachwuchstalent zum gestandenen Bundesliga-Profi, die Binde käme dennoch zu früh. Dem 23-Jährigen ist gut daran gelegen, nach einer enttäuschenden Saison an alte Zeiten anzuknüpfen, zu alter Stärke zurückzufinden und auch mit sportlichen Glanzleistungen erneut bei Bundestrainer Jogi Löw anzuklopfen.
Die Binde am Arm würde den Jungspund bei all diesen Zielen nur einschränken. Trägt er noch lange das grün-weiße Hemd, so käme man in Zukunft sicherlich auf Eggestein zurück.
5. Jiri Pavlenka
Stolz wie Oskar: Im Test gegen den FC Groningen trug Keeper Pavlenka die Kapitänsbinde und postete im Anschluss prompt ein Foto auf Instagram. Der 28-jährige Tscheche war und darf stolz sein. Die Geste kann als Zeichen seiner starken Entwicklung in Bremen verstanden werden.
Nach drei Jahren traut er sich immer mehr, den Mund aufzumachen und seine Vorderleute (auf Deutsch!) zurechtzuweisen. Allzu große Hoffnungen auf das permanente Kapitäns-Amt darf sich 'Pavlas' trotz alledem nicht machen. Allein seine Position ist für das Amt des Kapitäns eher kontraproduktiv.
6. Theodor Gebre Selassie
Denkt man an einen Kapitän, so hat man häufig verdiente, gestandene und langjährige Profis eines Klubs im Kopf. Dazu gehört sicherlich auch Theodor Gebre Selassie. Der Tscheche schnürt seit 2012 für die Hanseaten seine Stiefel und weiß immer mit konstant guten (wenn auch häufig unauffälligen) Leistungen zu überzeugen.
Und genau die Klammer bildet den Knackpunkt. Theo ist ein Mann der leisen Töne, lässt sich lieber von Mitspielern dirigieren anstatt selbst das Zepter in die Hand zu nehmen. Somit ist der 33-Jährige schlichtweg nicht der Typ, um Kapitän zu sein.