Leverkusen im Pokalfinale: Zwischen Vorfreude, Trauer und blanker Angst

Der Erfolg ist zum Greifen nah. Das erste Mal seit 2009 steht Bayer 04 Leverkusen wieder im Finale des DFB-Pokals, nachdem man am vergangenen Dienstag den krassen Außenseiter aus Saabrücken durch eine konzentrierte Leistung schlagen konnte. Die Werkself fährt nun nach Berlin, um dort gegen den großen FC Bayern nach dem Pott zu greifen. Die Gefühlswelt unter den Leverkusener Fans ist gespalten.
Leverkusen und Erfolg - ein seit jeher schwieriges Thema. Das Talent, in wichtigen Spielen die entscheidenen Momente zu verschlafen, zieht sich unabhängig von Trainer und Spielern durch die Vereinsgeschichte. Umso größer ist daher die Vorfreude auf das Pokalfinale. Endlich ist der Pott mal wieder zum Greifen nah!
Große Vorfreude auf das Finale, doch der Ausschluss der Fans schmerzt
In dieser Saison und insbesondere in der Rückrunde spielt die Werkself so stark wie seit Langem nicht mehr. Da kommt so ein Pokalfinale schon recht gelegen. Wenn nicht jetzt, wann dann - um die berühmte kölsche Band Höhner mal zu zitieren. Leverkusen agiert 2020 sehr professionell, sehr ruhig, defensiv stabil(er) und vor allem effektiv. Gute Voraussetzungen also für einen Titelgewinn.
Doch das Pokalfinale hat zwei Mankos: Zum einen wäre da der Gegner Bayern München, zum anderen die Tatsache, dass zum Finale keine Fans erlaubt sind. Beides führt zu Ernüchterung, gegen den Ausschluss der Fans wurde sogar schon eine Petition gestartet, die um eine Verlegung des Spieltermins bittet.
Es hat schon eine gewisse Ironie. Wie wir alle wissen, fanden die vergangenen Pokalfinals noch unter normalen Umständen statt. Sprich: Mit Fans. Es passt zum bisherigen Jahr 2020, dass die Leverkusener Fans nun bei ihrem größten Erfolgserlebnis seit Jahren nicht teilhaben dürfen. Viele hatten sich schon auf die Fahrt ins Berliner Olympiastadion gefreut. Die Bilder der schwarz-roten Tribüne aus dem letzten Bayer-Finale 2009 motivierten.
Daher richtet man in Leverkusen den Blick zwiegespalten gen Finale. Klar, der Erfolg wäre quasi der gleiche, aber eben ohne Fans. Kein Feiern mit der Mannschaft, kein gemeinsames Jubeln, keine Emotionen. Nichtsdestotrotz sind Geisterspiele unter den aktuellen Umständen ein guter Kompromiss, doch erstmals bekommt man im Rheinland nun zu spüren, welche Chance dem Verein und ihren Fans dadurch genommen wird.
Vorfreude und Trauer stehen also eng beieinander. Kommt nun also noch die Angst in Gestalt des FC Bayern
Im Pokal gilt: Willst du den Titel, musst du an den Münchern vorbei. Für die Werkself gilt dieses Motto nun im Finale. Die Hoffnungen, die man am Mittwochabend auf Eintracht Frankfurt setzte, verpufften. Der FCB spielt aktuell den wohl besten Fußball seit Jahren und gilt für die kommende Wiederaufnahme der Champions League als der große Favorit. Auch wenn die Werkself in ihrer Qualität durchaus zugelegt hat, wird man im Finale als David gegen Goliath kämpfen müssen.
Erst vergangene Woche musste man in der Bundesliga gegen den FCB ran. Mit 2:4 unterlag man dem großen Rivalen. Die eigene Leistung war nicht ausreichend, um München zu ärgern. Daneben sorgten viele kleine Fehler dafür, dass der Rekordmeister nach schwierigem Start Blut lecken und in die Partie finden konnte. Für das Finale wird solch eine Leverkusener Leistung nicht reichen.
FC Bayern als Übermacht: Bei Bayer 04 muss für den Titel alles stimmen
Auf Leverkusener Seite müssen im Pokalfinale alle Zahnräder funktionieren, wirklich jeder Spieler muss an sein Limit gehen. Nur dann ist der Pokal greifbar. Doch wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg? Gering genug, um als Underdog ins Finale zu gehen. Doch das ist man gegen Bayern immer, auch die Eintracht war bei ihrem Pokalgewinn 2018 der klare Außenseiter.
In Leverkusen prallen somit aktuell viele verschiedene Emotionen aufeinander. Freude über den Finaleinzug, Trauer über den Geisterspielcharakter und Angst, dass es gegen den FC Bayern nicht reichen könnte. Doch da Jammern im Allgemeinen und schon gar nicht gegen München etwas bringt, sollte der Blick weiter nach vorne gehen.