Langeweile in der Bundesliga? Wieso die Bayern dominieren - und warum die Liga ohne sie kaum spannender wäre
Von Florian Bajus

Der FC Bayern steuert auf die achte Meisterschaft in Folge zu. Vier Spiele vor Schluss hat der Rekordmeister noch immer sieben Punkte Vorsprung auf Borussia Dortmund, um von der Spitze gestoßen zu werden, müsste die Mannschaft von Hansi Flick historisch einbrechen. Doch wieso sind die Bayern der Konkurrenz immer mindestens einen Schritt voraus? Und was wäre, wenn der Verein nicht mehr an der Bundesliga teilnehmen würde?
Auch in der Vergangenheit haben die Bayern die Meisterschaft verteidigt. Von 1972 bis 1974, 1985 bis 1987 und 1999 bis 2001 gelang der Titel-Hattrick, in den Jahren 1980 und 1981, 1989 und 1990, sowie 2005 und 2006 wurde man zwei Mal in Folge Meister. Aktuell stehen historische sieben aufeinanderfolgende Meisterschaften zu Buche, die achte ist nicht mehr weit entfernt.
Seit 2013 ging die Schale in jedem Jahr nach München. Ein ums andere Mal war eine Mannschaft dran und machte dem FCB ordentlich Druck - doch am Ende ging die Konkurrenz als Verlierer vom Feld. Allein Borussia Dortmund musste sich vier Mal mit der Vizemeisterschaft begnügen, in diesem Jahr soll Vize-Titel Nummer fünf folgen. Vom Beifahrersitz wurde Schwarz-Gelb nur in den Jahren 2015 (VfL Wolfsburg), 2017 (RB Leipzig) und 2018 (FC Schalke) gestoßen.
Dortmund ist nah dran
Nur, was macht der FC Bayern besser als die Konkurrenz? Der finanzielle Vorsprung spielt selbstverständlich auch eine Rolle, doch Dortmund hat in den vergangenen Jahren mächtig aufgerüstet. Junge und begeisternde Spieler wie Erling Haaland, Jadon Sancho, Julian Brandt oder Dan-Axel Zagadou sollen die Mannschaft gemeinsam mit Mats Hummels, Emre Can, Axel Witsel, Roman Bürki und Lukasz Piszczek zum Titel führen. Aber warum gelingt das nicht?
Ein Blick auf die Punkteausbeute seit der Saison 2018/19 zeigt: So weit sind Bayern und Dortmund gar nicht voneinander entfernt. Der Abo-Meister sammelte unter Niko Kovac und Hansi Flick 148 Punkte, der BVB unter Lucien Favre 139. Ausschlaggebend sind allen voran die direkten Duelle: In vier Aufeinandertreffen setzten sich die Bayern drei Mal durch, Dortmund nur ein Mal. Ebenso deutlich ist das Torverhältnis von 12:3.
Der FC Bayern punktet am Rande der Perfektion
Ein weiterer Unterschied: In den Fernduellen leisten sich die Münchner kaum Fehler. Unter Flick liegt der allgemeine Punkteschnitt bei 2,69 Punkten pro Spiel - ein absoluter Spitzenwert, den weder Jupp Heynckes (2,49 in der Saison 2017/18) noch Pep Guardiola (2,41) erreicht haben. Zu erwarten ist, dass der Durchschnitt in den kommenden Jahren leicht sinkt, doch es unterstreicht, in welcher Form sich die Mannschaft befindet. Favre weist dagegen einen Schnitt von 2,07 Punkten pro Spiel auf, liegt damit noch vor BVB-Legende Jürgen Klopp (1,90) und knapp hinter Thomas Tuchel (2,12).
Dortmund ließ in der Saison 2018/19 gegen kleinere Mannschaften 13 Punkte liegen - genau wie die Bayern. In der laufenden Saison steht dieser Wert bei 14 Zählern, wohingegen die Münchner erst 10 Punkte gegen die Underdogs liegen gelassen haben. Ein knapper Unterschied von vier Punkten, der sich in der Tabelle aber bemerkbar macht und verdeutlicht, dass sich die Konkurrenz keine Fehler erlauben darf. Dortmund kann im Vergleich annähernd mithalten, auch RB Leipzig ist mit 15 verspielten Punkten in der laufenden Spielzeit nah dran. Bayer Leverkusen trauert derweil 18 Punkten nach.
Genau diese Punkte ziehen sich wie ein roter Faden durch die Meister-Serie der Bayern. Seit der Saison 2012/13 sammelte die Mannschaft im Schnitt rund 84,6 Punkte pro Saison, die Vizemeister kamen dagegen nur auf einen Durchschnitt von 70 Punkten. In absoluten Zahlen ausgedrückt: Die schwächsten Bayern der letzten sieben Jahre wurden mit 78 Punkten Meister, der beste Vizemeister hatte ebenfalls 78 Punkte auf dem Konto. Aufgestellt wurde diese Marke vom BVB in der Saison 2015/16, in der Tuchel die erfolgreichste Vizemeisterschaft der Geschichte feiern durfte - Meister wurden jedoch die Bayern, die 88 Punkte gesammelt haben.
Der Rekordmeister hat also zwei Schritte nach vorn gemacht, während die Konkurrenz auf dem Niveau der vergangenen 15 Jahre liegt. Mit jenen 78 Punkten wären Tuchel und der BVB in den Jahren 2005 bis 2011 stets Meister geworden, im selben Zeitraum hätte Favre den Titel mit seiner Ausbeute von 76 Punkten (2018/19) nur in den Jahren 2005 und 2008 verpasst.
Eine Bundesliga ohne den FC Bayern würde vom BVB dominiert
Doch wäre eine europäische Superliga, die dafür sorgen würde, dass die Bayern aus der Bundesliga aussteigen, wirklich hilfreich für die Spannung im Titelkampf? Wohl kaum, denn dann wäre der Titel in den meisten Jahren nach Dortmund gewandert. Ein Blick auf die Abschlusstabellen der Bundesliga seit der Saison 2009/10 zeigt: Der BVB wäre sechs Mal Meister geworden (2011, 2012, 2013, 2014, 2016, 2019) und würde in diesem Jahr auf Titel Nummer sieben zusteuern. Schalke hätte zwei Mal die langersehnte Schale in den Händen gehalten (2010, 2018), der VfL Wolfsburg wäre zum zweiten Mal in der Klubgeschichte Meister geworden (2015) und RB Leipzig hätte den Durchmarsch in die Bundesliga direkt mit dem Titel gekrönt (2017).
Macht in Summe vier unterschiedliche Meister seit 2010. Spannender war es in der Vergangenheit nicht wirklich, in den Jahren 2000 bis 2010 gab es fünf unterschiedliche Meister. Ohne die Bayern hätte der BVB die Vormachtstellung im deutschen Fußball eingenommen und den Kader vermutlich zusammenhalten können. Dann wäre die Dominanz weiter ausgebaut worden und womöglich hätte man den Titel seit 2011 nicht mehr hergegeben. Somit gäbe es auch ohne den FC Bayern keine wirkliche Spannung an der Tabellenspitze.