Schneider über Schalkes Winter-Transfers: "Getan, was mir machen wollten und konnten"

S04-Sportvorstand Jochen Schneider zieht sein Fazit zu den Transfer-Wochen
S04-Sportvorstand Jochen Schneider zieht sein Fazit zu den Transfer-Wochen / TF-Images/Getty Images
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Mit dem gestrigen Deadline Day ist der Winter-Transfermarkt geschlossen. Das Fazit für Schalke fällt bei den meisten Fans durchwachsen und kritisch aus. Jochen Schneider erklärte am Dienstag die Beweggründe und Probleme der letzten Transferwochen.

"Ich glaube, im Großen und Ganzen haben wir das getan, was wir machen wollten und machen konnten", resümiert Jochen Schneider die letzten Transferwochen aus Sicht von Schalke 04 (via S04-TV). Durch den Innenverteidiger-Tausch von Ozan Kabak (zum FC Liverpool ausgeliehen) und Shkodran Mustafi (ablösefrei vom FC Arsenal) und den ausgebliebenen Flügelspieler äußerten viele Anhänger vor allem Kritik bezüglich des Deadline Days.

"Wir haben zum Glück früh den Transfer von Sead Kolasinac klar gemacht, haben vorne im Sturm mit Klaas-Jan [Huntelaar] nochmal nachgelegt. Wir sind froh, dass wir auf der Rechtsverteidiger-Position William von Wolfsburg ausleihen konnten", so der Sportvorstand zu den übrigen Neuzugängen, die allesamt nur bis zum Saisonende unter Vertrag stehen. Abstieg oder Klassenerhalt, im Sommer erfolgt so oder so ein sehr großer Schnitt im Kader der Gelsenkirchener.

"Herausfordernde Situation" in verschiedenen Bereichen - Kabak-Leihe nur durch "adäquaten Ersatz"

Schneider betonte auch die "herausfordernde Situation" für den Klub, sportlich wie finanziell. In diesem Rahmen habe man jedoch gemacht, was möglich war.

Auch zur Thematik rund um einen eigentlich anvisierten Flügelspieler äußerte sich der 50-Jährige: "Es ist kein Geheimnis, wir hätten in der Offensive gerne noch einen Spieler dazu genommen, das ist aus verschiedenen Gründen nicht geglückt. Weil die Vereine letztendlich nicht abgeben wollten oder weil sich für den Spieler dann im letzten Moment noch andere Möglichkeiten aufgetan haben."

Somit muss der S04 diese so schwere Rückrunde ebenfalls ohne richtige Flügelspieler bestehen. Rabbi Matondo hatte man verständlicherweise an Stoke City ausgeliehen, nun muss man mit Alternativen von anderen Rollen - beispielsweise Amine Harit oder Benito Raman - an dieser Stelle vorliebnehmen. Schneider zeigte sich jedoch ganz sicher, dass die vier geholten Spieler den Kader besser machen werden. Nicht nur wegen ihres spielerischen Könnens, "sondern auch aufgrund ihrer Persönlichkeiten, ihrer Erfahrung".

Da auch die Ausleihe von Kabak, der die Chance beim FC Liverpool selbstredend ergreifen wollte, für Unverständnis gesorgt hat, erklärte Schneider die Beweggründe: "Da gibt es verschiedene Facetten zu beachten: Das eine ist das Wirtschaftliche mit der Leihgebühr, es war der Wunsch von Ozan [...] und wir haben ihm gesagt: 'Wir kommen deiner Anfrage nur nach, wenn wir adäquaten Ersatz finden'." Dass er ansonsten bei Königsblau geblieben wäre, hätte er allerdings völlig verstanden und bereits im Vorhinein akzeptiert. Mit Mustafi, so der selbst stark in der Kritik stehende Sportvorstand, sei die Ausleihe Kabaks dann möglich gewesen.

Dem nun feststehenden Kader traut er "definitiv" den Klassenerhalt zu. "Natürlich", so Schneider, "sind wir in einer schwierigen Situation. [...] 2020 war ein Albtraum, den wir alle erlebt haben, das ist eigentlich nicht in Worte zu fassen. Aber wir geben jetzt nicht auf."

Mit aktuell neun Punkten Abstand zum Relegationsplatz bei noch 15 offenen Spielen ist der Verbleib in der Bundesliga zwar noch möglich, die schlussendliche Rettung würde aber einem Fußballwunder gleichen.


"Andere Möglichkeiten" im "letzten Moment" für anvisierte Flügelspieler - hätte man mal mehr Zeit gehabt...

Kolasinac, Huntelaar und William sind drei Spieler, die Schalke zweifelsohne helfen können. An dieser Stelle gibt es, auch wenn dies derzeit selten der Fall ist, nichts am Vorgehen Schneiders zu meckern. Auch bei Mustafi gibt es die berechtigte Hoffnung, dass er seine Erfahrung während der nächsten Wochen und Monate noch gewinnbringend in die Mannschaft einbringen kann.

Dass allerdings kein Flügelspieler mehr geholt wurde, ist mehr als enttäuschend - es könnte gar gefährlich werden. Fast direkt nach seinem Amtsantritt hatte Christian Gross erklärt, dass er gerne noch mehr Tempo im Team hätte, mehr Möglichkeiten für die Offensive. Das erklärte der Coach auch über die letzten Wochen ungewohnt transparent und offen immer mal wieder. Dass eine solche, eigentlich dringend benötigte Verstärkung nun nicht geholt werden konnte, weil sich "im letzten Moment andere Möglichkeiten" für die betroffenen Spieler aufgetan haben, wie Schneider es formulierte, war abzusehen. Gerade im Winter versucht jeder Klub nochmal, sich zu verstärken, wo es nur möglich ist.

Es sind voraussichtlich die letzten Monate auf Schalke für Jochen Schneider
Es sind voraussichtlich die letzten Monate auf Schalke für Jochen Schneider / TF-Images/Getty Images

Das Problem dabei: Eine solch wichtige Position geht man auch nicht erst "im letzten Moment" an. Niemand versucht die finanziell sehr schwierige Situation auf Schalke klein zu reden, die natürlich auch die Möglichkeiten stark einschränkt. Allerdings ist diese Position beim S04 schon vakant gewesen, als der Sportvorstand vor inzwischen fast zwei Jahren seinen ersten Tag bei den Knappen erlebte. Mehr als genug Zeit, um günstige, passende und gute Alternativen zu finden. Per Scouting oder über eigene Kontakte, ein eigenes Netzwerk. Bis zum heutigen Tag hat er das nicht geschafft. Ohne Manuel Baum und dessen Kontakt zu Kilian Ludewig wäre man wohl auch gänzlich ohne Rechtsverteidiger in die Saison gestartet. Das muss sich Jochen Schneider ankreiden lassen.