Ist Alphonso Davies schon jetzt der beste Linksverteidiger der Welt?
Von Florian Bajus

Wann immer der FC Bayern spielt, gehört Alphonso Davies zu denjenigen Akteuren, über die im Anschluss gesprochen wird. Der Kanadier überragt als Außenverteidiger, der mit seiner Geschwindigkeit viele Bälle zurückerobert und sich in die Angriffe seiner Vordermänner einschaltet. Sein Lauf, der seit November anhält, macht ihn aber noch nicht zum besten Linksverteidiger der Welt.
Alphonso Davies gehört zu den spannendsten Entdeckungen der laufenden Saison. "Phonzy", wie ihn Fans und Mitspieler getauft haben, ist ein unangenehmer Gegenspieler für nahezu jeden Angreifer. Nicht, weil er rigoros in Zweikämpfen vorgeht und oftmals die Grätsche auspackt, sondern weil er im Kopf nie abschaltet.
"...dann heißt es plötzlich Meep, Meep, Meep und der FC-Bayern-Roadrunner kommt angerannt und schnappt sich den Ball."
- Thomas Müller über Davies
Die linke Abwehrseite ist kaum offen, da kommt Davies von hinten angerauscht. "Wenn der Gegner denkt, dass er Zeit und Platz hat", sagte Thomas Müller im Interview nach dem Spitzenduell bei Borussia Dortmund, "dann heißt es plötzlich Meep, Meep, Meep und der FC-Bayern-Roadrunner kommt angerannt und schnappt sich den Ball."
Schneller als die Polizei erlaubt. #Müller #FCBayern #Davies #BVBFCB
— FUMS (@fums_magazin) May 27, 2020
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Davies nur auf seine Geschwindigkeit zu reduzieren, ist falsch. Aber seine vielen Sprints kaschieren seine Schwächen. Etwa, wenn er falsch positioniert ist und dem Gegner damit zu viel Raum anbietet. Oder wenn er den Ball verliert und ihn dank seines irrsinnigen Sprinttempos - in Dortmund erreichte er einen Spitzenwert von 35,3 km/h - zurückerobert.
Das Verteidigen ist nur eine seiner Aufgaben, und dank seiner Robustheit und Agilität in den Zweikämpfen macht Davies auch tief in der eigenen Hälfte etwas her. Doch dem modernen Außenverteidiger kommt eine zweite Rolle zuteil: Er marschiert zur Unterstützung des Flügelspielers nach vorne, zieht entweder ins Zentrum oder kreuzt den Laufweg auf der Außenbahn und hilft somit, die Angriffsseite zu überladen.
Genau hier kommen Davies' offensive Stärken ins Spiel. Der eigentliche Flügelspieler läuft sich immer wieder frei, mag es, mehrere Gegenspieler auf sich zu ziehen, sie anzudribbeln und entweder vorbeizuziehen oder den Mitspieler zu bedienen, der in den eröffneten Raum eindringt. In deutlich angriffslustigerer Rolle als Rechtsverteidiger Benjamin Pavard beteiligt er sich rege im Aufbau und lieferte dank seiner Qualitäten acht Torvorlagen.
Noch ist Davies nicht der allerbeste Linksverteidiger - aber er hat das gewisse Etwas
Machen ihn seine bisherigen Leistungen zum besten Linksverteidiger der Welt? Nein. Sein Potenzial ist nicht genug hervorzuheben, für einen 19 Jahre jungen Spieler wirkt Davies extrem abgeklärt, ruhig und spielfreudig. Jedoch spielt er erst seine erste vollständige Saison im europäischen Profi-Fußball. Er wird Leistungen wie diese über mehrere Jahre konstant abliefern müssen, um zu den besten seiner Art zu zählen.
Nichtsdestotrotz verfügt Davies über die Anlagen, um eines Tages zur Weltspitze zu gehören. Zu viel Druck sollte auf einen Spieler seines Alters aber nicht ausüben. Wichtig ist, ihm Zeit zu geben, Vertrauen zu schenken und ihn spielen zu lassen. Dahingehend war die Vertragsverlängerung bis 2025 ein klares Zeichen.