HSV: Niederlage Nummer drei - die Bewertungen

dritte Pleite in Folge für den HSV
dritte Pleite in Folge für den HSV / Cathrin Mueller/Getty Images
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Hamburger Sport-Verein gegen Hannover 96 - ein Spiel, dass sich nach erster Bundesliga anhört, momentan allerdings als "Krisen-Gipfel" bezeichnet wird. Zumindest eine Mannschaft nutzte die Partie, um sich ein wenig aus der sportlichen Schieflage zu lösen.

Eine gute Gelegenheit und ein bärenstarker Torhüter reichte den Gästen, um drei Punkte mit zurück ins benachbarte Niedersachsen zu nehmen. Trotz unzähliger guter Chancen gab es erneut nichts Zählbares für die Hamburger - am 5. Dezember gab es das fünfte sieglose Spiel in Folge.

Der große HSV als Aufbaugegner - bereits in der Vergangenheit traf dies oft zu. Die Gäste aus Hannover waren bis zum heutigen Tage chronisch ungefährlich nach Ecken und auch auf einen Sieg in der Fremde warteten die Niedersachsen bis dato.
Erstmals seit Mai gab es außerhalb der eigenen Stadt drei Punkte für Hannover - schmeichelhaft, aber gnadenlos effizient.

Im Gegensatz zur Auswärtspleite in Heidenheim veränderte Trainer Daniel Thioune sein Aufgebot auf drei Positionen. Für den verletzten Jan Gyamerah rückte Josha Vagnoman auf die rechte Abwehrseite. Für überraschte Gesichter sorgten die Nominierungen von Klaus Gjasula und Jeremy Dudziak, die die in den letzten Wochen verhältnismäßig starken Moritz Heyer und Manuel Wintzheimer ersetzten.

Schlechter hätte das Match für die Hausherren nicht beginnen können. Bereits in der 13. Minute trafen die Gäste von der Leine nach einer Ecke, die von der Hintermannschaft der Rothosen (mal wieder) nicht konsequent verteidigt wurde. Besonders Starfelf-Neuling Gjasula verlor dabei den Torschützen Hendrik Weydandt aus den Augen, der das Leder in Ping-Pong-Manier über die Linie buchsierte.

Sinnbildlich für die verkorkste erste Hälfte stand wohl Sonny Kittel: Der seit Wochen lustlos agierende Edeltechniker des HSV sah früh gelb und holte sich nur wenige Minuten später die Ampelkarte ab.
Ein Platzverweis der Kategorie "unnötig", der den Stand des Spielmachers zusätzlich deutlich erschweren wird.

sinnbildlich für die vergangenen Wochen - Sonny Kittel heimst sich eine unnötige Sperre ein
sinnbildlich für die vergangenen Wochen - Sonny Kittel heimst sich eine unnötige Sperre ein / Cathrin Mueller/Getty Images

Der Rest des ersten Spielabschnitts war von der Taktik der Gäste geprägt. Hannover überlies dem HSV den Ball und konzentrierte sich auf eine kompakte Defensivarbeit. Statistisch sprachen viele Zahlen für die Hamburger, die allerdings nichts aus ihrem Ballbesitz machen konnten.
Eine gute Doppelchance kurz vor der Halbzeit weckte die Rothosen auf - neue Energie wurde freigesetzt, die auch in den zweiten Spielabschnitt übertragen wurde.

HSV kam gut aus der Pause - Michael Esser sichert Auswärtssieg

Mit dem Gefühl, dass das Spiel noch nicht verloren ist, kamen die Hausherren aus der Kabine. Die personelle Unterzahl war nach Wiederanpfiff kaum noch zu spüren.
Das Zepter blieb in Händen der Rothosen, die unaufhörlich auf den Kasten der gastierenden Hannoveraner drückten. Anfang des letzten Spieldrittels leckten die Hanseaten Blut, als es zu mehreren dicken Gelegenheiten kam, die vom Keeper der Gäste stark pariert wurden.
Dank Michael Esser blieben die 96er in Front, der mehrmals überragend parierte.

war unüberwindbar - Michael Esser (li.)
war unüberwindbar - Michael Esser (li.) / Cathrin Mueller/Getty Images

Besser hätte es der HSV wohl kaum spielen können. Zwar galoppierten die Gäste gut 75 Minuten mit einem Mann mehr über das Grün des Volksparkstadions, in Halbzeit zwei spielten allerdings nur die Hausherren. Im Endeffekt fehlte das eine Tor, das bei bestem Willen hätte fallen müssen - mindestens einer der Hochkaräter hätte den Weg ins Tor finden müssen.
Zum Leidwesen aller HSVer stand mit Michael Esser heute jedoch der Matchwinner im Tor der Gäste.

Eine (bittere) Erkenntnis bleibt für mich persönlich jedoch: In der 2. Halbzeit sah ich einen HSV, wie ich ihn lange vermisst habe, auch wenn es leider zu keinem Punkt gereicht hat. Auf den Auftritt in Hälfte zwei sollte die Mannschaft definitiv aufbauen.


Die Bewertungen des Spiels

1. Tor

am Gegentor machtlos - Sven Ulreich
am Gegentor machtlos - Sven Ulreich / Cathrin Mueller/Getty Images

Viel bekam Sven Ulreich heute nicht auf seinen Kasten. An einem für den Torwart relativ ereignisarmen Nachmittag reichte ein Moment der Unkonzentriertheit, um den ehemaligen Nationalspieler zu überwinden.
Am Ping-Pong-Gegentor waren erneut die unsauberen Klärungsversuche Schuld, Ulreich konnte den Ball aus kurzer Distanz nicht mehr abwehren.
Erneut ein unglückliches Spiel für die Nummer eins des HSV, die sonst immer Anspielbar war und sicher wirkte.

2. Abwehr

ohne viele Wackler - die Abwehr des HSV
ohne viele Wackler - die Abwehr des HSV / Cathrin Mueller/Getty Images

Das heutige Spie begann, wie die letzten aufhörten. Zu schläfrig und passiv wirkte die Defensivreihe der Hamburger in der Anfangsphase. Stephan Ambrosius und Toni Leistner bildeten die Zentrale der Viererkette, die mit Jan Gyamerah und Josha Vanoman komplettiert wurde.
Die zum Gegentor führende Ecke hätte besonders von den hochgewachsenen Innenverteidigern am ersten Pfosten besser verteidigt werden müssen.

Wiedermal ein leichtsinniger Fehler, der ein Spiel zu Ungunsten des HSV entschied.
Während der restlichen Spielzeit setzten die Angreifer der Gäste keinen Stich mehr gegen die Hausherren. Leistner und Ambrosius verteidigten ohne größere Wackler und mit einer ordentlichen Zweikampfstärke - ein nebensächlicher Fakt, der weder etwas Zählbares mit sich bringt, noch die Gemüter aufheitern dürfte.

Kapitän Tim Leibold war heute zwar erneut bemüht, offensiv bleibt der ehemalige Vorlagen-König allerdings weiter hinter den Erwartungen zurück.
Josha Vagnoman war vor allem offensiv auffällig. An vielen Angriffen über die rechte Seite war der Youngster beteiligt, der nicht nur schnellster Spieler auf dem Platz war, sondern auch seine Gegenspieler gut im Griff hatte.

3. Mittelfeld

viel Kampf, wenig Ertrag - Jeremy Dudziak (re.) gegen Dominik Kaiser
viel Kampf, wenig Ertrag - Jeremy Dudziak (re.) gegen Dominik Kaiser / Cathrin Mueller/Getty Images

Klaus Gjasula und Jeremy Dudziak rückten neu in das Aufgebot von Daniel Thioune. Helmträger Gjasula sollte für Stabilität sorgen, war am Gegentor allerdings direkt beteiligt. Der Albaner verlor seinen Gegenspieler, den späteren Torschützen Hendrik Weydandt aus den Augen und ermöglichte den Gästen somit den Treffer. Zwar tauchte der noch immer gelblose Mittelfeldmann auch ein Mal gefährlich vor dem Tor der Gäste auf, ein Erfolgserlebnis ist dem ehemaligen Paderborner bis heute nicht vergönnt.

Amadou Onana war gewohnt bissig und zweikampfstark. Der junge Belgier war auch heute aggressiv an seinen Gegenspielern dran und bot ihnen kaum Raum für Entfaltung. Die unglaubliche Physis kommt dem jungen Talent immer wieder zu Gute.

Khaled Narey versprangen die Bälle in der Anfangsphase zumindest häufig. Der heutige Rechtsaußen wurde in der zweiten Hälfte jedoch stärker und erarbeitete einige Chancen für seine Mannschaften Seine Flanken wurden mit anhaltender Spieldauer immer besser, fanden allerdings nicht den Weg ins Tor. Dennoch gehörte der 26-jährige zu den auffälligsten in der 2. Halbzeit.

Jeremy Dudziak war ebenso neu in der Aufstellung und fand besonders in Halbzeit zwei ins Spiel. Auf der "Zehn" arbeitete der Tunesier unermüdlich, ihm fehlte allerdings das letzte Quäntchen Glück. Spielerisch gehört Dudziak eindeutig zu den begabtesten Akteuren der 2. Bundesliga, was er auch heute wider zeigte.

Auch wenn der HSV in Unterzahl scheinbar neue Energie freisetzte: Der Platzverweis von Sonny Kittel war sicherlich ein entscheidender Faktor für die heutige Niederlage. Seit Wochen trottet der sonst so begabte Spielmacher des HSV lustlos über das Geläuf - das ausgesprochene Vertrauen seines Trainers zahlte Kittel mit Nichten zurück. Es bleibt zu hoffen, dass ihm die Zwangspause gut tut - über eine glattrote Karte hätte sich der Unglücksrabe nicht beschweren können. Besonders an der Einstellung des 27-jährigen scheint es momentan zu mangeln. In der aktuellen Verfassung schadet Kittel seinem Team mehr, als dass er hilft.

4. Sturm

blieb erneut torlos - Simon Terodde
blieb erneut torlos - Simon Terodde / Cathrin Mueller/Getty Images

Simon Terodde in ungewohnter Manier: Normalerweise benötigt der Neuner sehr wenige Chancen, um zum Erfolg zu kommen, heute blieben selbst beste Chancen ungenutzt. Trotzdem war der Mittelstürmer des HSV heute sehr aktiv und arbeitswillig.
Zwar muss mindestens eine Großchance definitiv sitzen, an Michael Esser biss sich aber auch der Torjäger vom Dienst die Zähne aus.
Die Vielzahl der erarbeiteten Gelegenheiten macht jedoch Mut für die nächsten Wochen - an anderen Tagen wird Simon Terodde solche Chancen effizienter nutzen, garantiert.

5. Einwechselspieler

vier späte Wechsel - Daniel Thioune tauschte vergeblich
vier späte Wechsel - Daniel Thioune tauschte vergeblich / Cathrin Mueller/Getty Images

Im Verlaufe des Spiels kamen Manuel Wintzheimer, Aaron Hunt, Bobby Wood und Lukas Hinterseer in die Partie. Besonders die Einwechslung von Oldie Hunt zeigte Wirkung. Der 34-jährige war in der Schlussphase an einigen guten Möglichkeiten beteiligt und hatte selbst eine riesige Chance zum Ausgleich. Gut möglich, dass Hunt im nächsten Spiel von Beginn an aufläuft.

Manuel Wintzheimer, der eigentlich in der Startaufstellung erwartet wurde, brachte ebenso Schwung ins Match. Der U21-Nationalspieler war ein später und wahrscheinlich zu später Pluspunkt für die Offensivbemühungen der Rothosen. Gut möglich, dass eine frühere Einwechslung des Stürmers zu mindestens einem Tor geführt hätte.

Bobby Wood und Lukas Hinterseer kamen für die letzten Angriffsversuche der Hausherren. Mit der Einwechslung beider Ersatz-Mittelstürmer ging Trainer Thioune aufs Ganze. Mit aller Macht sollte der Ausgleich erzwungen werden - ohne Erfolg.


Auch wenn es heute die dritte Pleite in Folge gab - besonders die zweite Halbzeit macht Mut für die kommenden Aufgaben, die sicher nicht einfach werden. Zumindest wurde deutlich, dass vor allem Aaron Hunt und Manuel Wintzheimer dem Spiel der Rothosen enorm gut getan haben. Willen, Kampf, Leistung und Einsatz stimmten im zweiten Durchgang - das wichtige Tor fehlte, weshalb der HSV mit leeren Händen den Platz verließ.