HSV: Treuebekenntnis zu Thioune - aber dann bitte auch mit allen Konsequenzen!

Bekam von der Klubführung das Vertrauen ausgesprochen: Daniel Thioune
Bekam von der Klubführung das Vertrauen ausgesprochen: Daniel Thioune / Daniel Kopatsch/Getty Images
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Wie nicht anders zu erwarten war, hat die sportliche Führung des Hamburger SV entschieden, mit dem aktuellen Trainerteam in den Schlussspurt der Saison zu gehen. Damit bleibt man sich zumindest seiner vor der Spielzeit ausgegebenen Devise treu, Geduld walten zu lassen.

Doch ob diese Entscheidung am Ende auch von sportlichem Erfolg gekrönt sein wird, darf angesichts des Tabellenbildes und der Entwicklung der letzten Wochen (beim HSV und bei der Konkurrenz) mehr als angezweifelt werden.

Sie ziehen am Volkspark also nicht die Notbremse - trotz der neuerlichen Talfahrt. Und wie schon in den beiden Zweitliga-Spielzeiten zuvor.

Sollte die Mannschaft doch noch (sensationellerweise muss man mittlerweile sagen) den Aufstieg schaffen, haben sie am Ende doch noch alles richtig gemacht. Sollte jedoch auch im dritten Jahr in Folge der durchaus mögliche Aufstieg verspielt werden (was zur Zeit das weitaus realistischere Szenario darstellt), steht man, wie bislang noch jeden Sommer in den letzten drei Jahren, vor einem neuen Scherbenhaufen.

Festhalten an Thioune bringt nur etwas, wenn er auch in die kommende Saison gehen darf

Den aufzukehren dann streng genommen auch Thiounes Aufgabe sein müsste. Denn das unbeirrte Festhalten an Thioune in der jetzigen Situation ergibt eigentlich nur Sinn, wenn man auch tatsächlich langfristig mit ihm plant.

Und langfristig hieße in diesem Fall eben auch über die Hinrunde der nächsten Saison hinweg. Man würde wegkommen vom ewigen Mechanismus des Suchens eines Schuldigen, dem man das Verpassen der Saisonziele ankreiden kann, und durch dessen Entlassung man diese Schuld dann symbolisch tilgt. Nach dem Motto: Weg mit dem Alten, her mit dem Neuen.

Vielleicht ist die Treue zu Thioune ja auch dem instinktiven Wissen seiner Vorgesetzten geschuldet, dass dieser Klub, in seiner widersprüchlichen Mischung aus Stolz auf die Vergangenheit und Verzagtheit angesichts der Gegenwart, seine Protagonisten absorbiert. Stichwort Blase. Und dass die zahlreichen Trainer der Vergangenheit gar nicht die Alleinschuldigen für die immer gleichen, wiederkehrenden Probleme des Klubs sein konnten.

Von dieser Warte aus betrachtet, könnte die jüngste Personalentscheidung der Verantwortlichen sogar als Schritt nach vorne gewertet werden.

Was die Geduld der Fans für diese Saison anbetrifft, dürfte sie nach den letzten Nackenschlägen restlos aufgebraucht sein. Meine ist es jedenfalls. Aber zum Glück ist es ja in ein paar Wochen schon wieder vorbei.

Schonungslose Offenheit bei der Kommunikation des eingeschlagenen Weges

Doch wenn man uns Fans im kommenden Sommer ein nachvollziehbares und vor allem ehrliches Konzept vorstellen würde, vielleicht sogar mit dem warnenden Hinweis, dass in der kommenden Saison auch Ausschläge nach ganz unten möglich sein könnten, wäre ich der letzte, der es nicht akzeptieren würde. Niemand, auch nicht im Sommer 2018, hat gesagt, dass die Rückkehr zum Gipfel leicht werden würde.

Eines ist dann natürlich auch klar: Dem Treuebekenntnis des Klubs zu seinem Übungsleiter muss nun auch auch von dem Adressaten desselben eine Reaktion folgen. Dazu gehört eine schonungslose Analyse der bald abgelaufenen Saison. Auf welche Spieler kann ich mich verlassen? Welche haben mich zu oft im Stich gelassen? Genug Steine, die es umzudrehen gilt, liegen dann ja überall herum.

Wenn Thioune die Machtfülle, die ihm die jüngste Entscheidung der Vereinsführung verschafft hat, wirklich dafür nutzt, die sportliche Entwicklung des Kaders weiter (und noch energischer) voranzutreiben, könnte es vielleicht - und sei es mit einem Jahr Verspätung - am Ende doch noch klappen mit ihm und dem HSV.

Zu den alten Handlungsmustern, sprich zum Gang auf den Trainermarkt, kann man dann immer noch zurückkehren. Den HSV wirklich nach vorne gebracht haben sie in den letzten Jahren aber auch nicht wirklich.