Gladbachs Schwankungen: Rose wird sie nicht mehr beheben - Hütter der richtige Mann?

Marco Rose erkennt die Problematik
Marco Rose erkennt die Problematik / Lars Baron/Getty Images
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Gegen Bielefeld zeigte die Borussia eine Gala, wie auch schon im Heimspiel davor gegen Frankfurt. Dass die Fohlen allerdings dazwischen eine desolate Vorstellung in Sinsheim ablieferten, passt in das Bild einer auch in den letzten Jahren immer wieder schwankend auftretenden Gladbacher Mannschaft. Marco Rose erkennt die Problematik, doch lösen muss sie - mal wieder - ein anderer.


"Die Qualität der Mannschaft ist da, auch die Mentalität und der Charakter. Trotzdem passiert es hier und da mal, dass du möglicherweise nicht ganz mit den richtigen Gedanken in ein Spiel gehst", erläuterte Rose auf der Pressekonferenz am Sonntag nach dem 5:0 gegen Bielefeld, denn immerhin leistete man sich nur wenige Tage vorher einen völlig abwesenden Auftritt beim 2:3 in Sinsheim.

Dass die Borussia jedes Spiel gewinnen muss, steht dabei nicht zur Debatte. Vielmehr erinnerte die Leistung der Borussia und die Art und Weise der Niederlage gegen Hoffenheim wieder an die Phase nach Roses offiziellem Abschied:

- lustlos

- ideenlos

- unbeteiligt

"Wir befinden uns im Liga-Endspurt und jede Mannschaft kämpft um die verbleibenden Punkte. Wir hatten in Sinsheim dafür nicht die richtige Einstellung", resümierte Tobi Sippel am vergangenen Mittwoch relativ eindeutig. Rose hingegen bekräftigte seine Meinung, dass es nicht an genannter Einstellung lag.

"Was in Hoffenheim passiert ist, ist kein grundsätzliches Einstellungs-Thema, sondern es geht in der Bundesliga um die letzten fünf bis sechs Prozent, die du brauchst, um Spiele zu gewinnen. Auch wir als Borussia Mönchengladbach. Das haben wir gegen Eintracht Frankfurt hervorragend hinbekommen. Auch so gegen Bielefeld. In Hoffenheim eben nicht so gut. Dass ist die Aufgabe der Jungs – und natürlich auch für uns als Trainerteam, daran zu arbeiten", sagte Rose am Sonntag (via GladbachLive).

Allerdings ist klar, dass der Trainer und sein Team diese Aufgabe in den wenigen verbleibenden Wochen nicht gänzlich beheben werden.

Hütter mit dem nächsten Versuch - der Fluch der Gratwanderung

"Es geht grundsätzlich darum, dass wir daran arbeiten müssen, und das beschreibt auch so ein wenig unsere Saison, konstanter zu werden. Dass wir konstant am Leistungslimit agieren. Es geht darum, eben diese Stabilität zu entwickeln, immer wieder auf hohem Niveau Spiele zu bestreiten und zu gewinnen", war Rose Kernaussage zu dieser Thematik.

Eine Thematik, die nicht erst in der laufenden Saison Einzug hält im Wirken der Borussia. Auch schon unter Roses Vorgänger Dieter Hecking zeigte die Mannschaft oftmals zwei Gesichter. Starken Auftritten folgten schwache Spiele. Nach Siegen gegen Top-Teams - wie den FC Bayern - gab es grundsätzlich eine schwächere Phase zu ertragen. Wichtige Spiele in der Liga oder im Pokal wurden einfach nicht gewonnen.

Nach Roses Ankunft schien sich dies zu ändern. Besonders in welcher Form die Borussia im Endspurt der Saison 2019/20 noch die Champions League sicherte, soll als Exempel dienen. Demgegenüber steht allerdings das Aus in letzter Sekunde in der Europa League derselben Spielzeit oder prinzipiell die gesamte laufende Runde.

Der nach Dortmund abwandernde Trainer und dessen Team werden die erkannten Problematiken nur noch für die drei verbleibenden Spiele angehen müssen. Danach übernimmt Adi Hütter das Kommando und die Chancen stehen gut, dass der Österreicher einen neuen Geist in den Verein trägt.

Adi Huetter, Marco Rose
Adi Hütter bringt die nötige Autorität mit / Pool/Getty Images

Die Schwankungen der Borussia sind auch eine Folge der ständigen Gratwanderung des Klubs. Einerseits weiß man in Gladbach um die Bedeutung von wirtschaftlichen Mitteln und stellt seinen Trainern einen dementsprechend hochpreisigen Kader zur Verfügung. Anderseits betont man, als familiär geführter "Kleiner" gegen die "Großen" anstinken zu wollen - immer im Hinterkopf habend, wo man herkommt und dass man grundsätzlich nicht mit einer Teilnahme am internationalen Geschäft plant - was sich auch auf das Auftreten der Profis auswirkt.

Auch die Auswahl des Spielermaterials spielt eine entscheidende Rolle. So nachvollziehbar der gelegte Fokus auf spielintelligente und mannschaftsdienliche Profis ist: Mit Ramy Bensebaini, Lars Stindl und mit Abstrichen Stevie Lainer hat man aktuell nur drei Stammspieler in den eigenen Reihen, die sich selbst und ihre Kollegen lautstark mitreißen können.

Dieter Hecking, der als "Kumpel" auftrat und die Mannschaft damit stabilisieren konnte, wurde nicht mehr zugetraut, einen progressiven Leistungsansatz in die "Wohlfühloase Borussia" zu tragen. Nachfolger Rose schien dahingehend die richtige Wahl zu sein, doch spätestens mit der Verkündung seines Abschieds war das Herauskitzeln der nötigen "fünf bis sechs Prozent, die du brauchst, um Spiele zu gewinnen", auch für den nächsten "Kumpel" Geschichte.

Mit Adi Hütter wählte man nun einen Übungsleiter, der eine natürliche Autorität in den Verein tragen wird, die man in der Form zuletzt wohl unter Lucien Favre vorfand. Angesichts seiner Reputation sollte der Österreicher in der Lage sein, die immer wieder auftretenden Schwankungen mentaler Natur in den Griff zu bekommen. Auch wenn dies für einige Profis sicherlich gewöhnungsbedürftig sein wird.

Im Bezug auf die Weiterentwicklung des Klubs ist es jedoch unerlässlich, zumindest leicht von der bisher gelebten lockeren Art abzuweichen. Ein "harter Hund" wie Hütter ist dafür der richtige Mann, auch wenn man sicherlich keine Garantie ausstellen kann.