Wegen Donnarumma: Raiola attackiert Milan und seine Fans
Von Jan Kupitz
Beim Nations-League-Spiel zwischen Italien und Spanien sah sich Gianluigi Donnarumma zahlreichen Buhrufen und Pfiffen der italienischen Fans ausgesetzt. Mino Raiola verurteilte die Anhänger und attackierte auch die AC Mailand.
Schon beim Aufwärmen hatten weite Teile des San Siro, das Donnarumma jahrelang sein Zuhause nennen durfte, den italienischen Torhüter ausgepfiffen. Auch während der Partie wurde der 22-Jährige bei jeder Ballberührung ausgebuht. Die Milan-Fans, die das Nations-League-Spiel im Stadion verfolgten, gaben Donnarumma bei dessen Rückkehr nach Mailand somit sehr deutlich zu verstehen, was sie von seinem ablösefreien Wechsel zu PSG hielten.
"Ich bin empört über die Buhrufe für Donnarumma", sagte Mino Raiola, der Agent des Torhüters, gegenüber Corriere dello Sport. "Was im Stadion passiert ist, ist traurig, seltsam und beschämend. Und ich frage mich, warum Milan nach diesem Spruchband nicht in irgendeiner Form eingegriffen hat." Mit dem Spruchband meinte Raiola ein Banner, welches die Milan-Ultras in den Tagen vor dem Länderspiel an einer Brücke befestigt hatten: "Donnarumma, ein Stück ****. Du wirst nie wieder in Mailand willkommen sein."
"Hat er jemanden umgebracht? Nein, das hat er nicht. Die Wahrheit ist, dass Milan nicht die Power hatte, ihn zu halten", stichelte der Agent gegen die Rossoneri, die Donnarumma mit mehreren Angeboten gerne von einer Verlängerung überzeugt hätten, letztlich aber nicht die Forderungen des 22-Jährigen erfüllen wollten und konnten.
"Fragen Sie irgendjemanden, fragen Sie einen Vater. Was würde er seinem Sohn vorschlagen? Zu PSG gehen oder bei Milan bleiben?", verteidigte Raiola den Wechsel in die französische Hauptstadt und kritisierte Milan und seine Fans: "Es ist seltsam, dass die Milan-Fans Donnarumma nur ins Visier nehmen, weil er eine freie Entscheidung getroffen hat. Es ist auch seltsam und enttäuschend, dass Milan sich nicht von diesem inakzeptablen Verhalten distanziert hat."
Raiola meinte, dass Italien "vor den Augen der ganzen Welt" schlecht ausgesehen habe, weil Donnarumma im eigenen Stadion ausgepfiffen wurde. "Ich schätze die Geste von Sergio Busquets sehr, er hat die Situation verstanden und was Gigio durchgemacht hat", lobte der Berater dagegen den Barça-Star, der Donnarumma während des Spiels ob der vielen Pfiffe getröstet hatte.
"Gigio hat immer alles für die Nationalmannschaft gegeben, er hat dazu beigetragen, die Europameisterschaft zu gewinnen und wurde zum besten Spieler des Turniers gewählt", urteilte Raiola. "Er hat Milan geholfen, er ist in der schwierigsten Zeit für den Verein loyal geblieben, war bis zum letzten Tag professionell und hat dem Team geholfen, in die Champions League zurückzukehren."
Damit mag der gute Herr Raiola zwar recht haben, doch seine Aussagen zeigen auch, dass er (und wohl auch sein Klient Donnarumma) noch immer nicht verstanden haben, warum die Milan-Tifosi aufgebracht sind. Hätte er Milan so sehr geliebt, wie er es immer betont hatte, dann hätte er es nicht zugelassen, dass Milan ihn ablösefrei ziehen lassen muss - noch dazu während einer Coronakrise, in der jeder Klub jeden Euro gut gebrauchen kann. Auch die Tatsache, dass Donnarumma die Mailänder monatelang hingehalten hat und just in dem Moment wechselte, in dem die Rossoneri erstmals wieder die Champions-League-Quali klar machen konnten, stieß den Anhängern sauer auf.
Womöglich diente Raiolas Attacke gegen Milan aber auch einfach nur dazu, zu kaschieren, dass der Torhüter bei PSG zumeist nur auf der Bank sitzt und sich seine Erwartungen in der französischen Hauptstadt noch nicht zur Gänze erfüllt haben.