FC Bayern: Wieso Süle gegen Wolfsburg als Rechtsverteidiger agiert hat - das Roca-Paradoxon

Der taktische Kniff von Hansi Flick ging gegen den VfL Wolfsburg auf
Der taktische Kniff von Hansi Flick ging gegen den VfL Wolfsburg auf / Alexander Hassenstein/Getty Images
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Beim 2:1-Sieg über den VfL Wolfsburg hatte Bayern-Trainer Hansi Flick ein besonderes Ass im Ärmel: Niklas Süle begann als Rechtsverteidiger. Die Asymmetrie führte zum Erfolg - dennoch wirft Flick mit dem erneuten Verzicht auf Marc Roca Fragen auf.

Zum sechsten Mal in Serie geriet der FC Bayern mit 0:1 in Rückstand, doch zum sechsten Mal gingen die Münchner nicht als Verlierer vom Platz. In der Nachspielzeit der ersten Hälfte erzielte Robert Lewandowski den Ausgleich, in der 50. Minute brachte er die Flick-Elf in Führung, die Manuel Neuer mit einer Glanzparade in Minute 86 festhielt.

Vor dem Spitzenspiel gegen Tabellenführer Bayer Leverkusen (Samstag, 18:30 Uhr) beträgt der Rückstand auf die Werkself nur einen Punkt. Beim Kräftemessen der aktuell beiden besten deutschen Vereine dürfte auch Niklas Süle wieder mit an Bord sein - und zwar als Rechtsverteidiger.

Für mehr Stabilität auf der rechten Abwehrseite, ohne dabei Durchschlagskraft in der Offensive einzubüßen, agierte Niklas Süle als Rechtsverteidiger.
Für mehr Stabilität auf der rechten Abwehrseite, ohne dabei Durchschlagskraft in der Offensive einzubüßen, agierte Niklas Süle als Rechtsverteidiger. / Alexander Hassenstein/Getty Images

Anstelle von Benjamin Pavard, Bouna Sarr und Chris Richards begann Süle gegen Wolfsburg als rechtes Glied der Viererkette. Auffallend war sein tiefes Positionsspiel, sodass er gemeinsam mit Jerome Boateng und David Alaba in der ersten Linie aufbaute, während Lucas Hernandez weit nach vorne schob. "Auf der rechten Seite haben Leroy und Kingsley die Außenbahn besetzt", erklärte Flick laut kicker und Sport1 die taktische Herangehensweise, "Thomas hat dann als Sechser agiert und sollte dennoch in den Halbräumen sein."

Gleichzeitig hatte das veränderte Positionsspiel auch den Zweck, eine Überzahl gegen die Wolfsburger Offensive zu schaffen: "Wir wollten mit einem Dreier-Aufbau agieren gegen zwei gegnerische Stürmer, dadurch einen Mann mehr in der Restverteidigung und Kompaktheit in der Defensive haben", so der 55-Jährige, der den Fokus zuletzt verstärkt auf eine Stabilisierung der Abwehr legte und dennoch wieder einmal ein frühes Gegentor zu beklagen hatte.

Unter dem Strich war Flick aber zufrieden: "Der Plan war nicht schlecht. Wir müssen im Augenblick kreativ sein. Deshalb die Überlegung, die Dinge asymmetrisch aufzubauen." Das könnte auch gegen die aggressiv pressenden Leverkusener ein kluger Kniff sein - nicht zuletzt, weil es auch die Werkself gewohnt ist, viele Offensivspieler in die Angriffe einzubinden.

FC Bayern: Flick und das Roca-Paradoxon

Allerdings wirft Flick mit seiner Nicht-Berücksichtigung von Marc Roca weiterhin Fragen auf. Anstelle des Spaniers, der für mehr Ballsicherheit und einer höheren Pressingresistenz in der Zentrale steht, begann Corentin Tolisso auf der alleinigen Sechs. Der Franzose hinterließ allerdings keinen guten Eindruck, deutlich effektiver ist er - genau wie Leon Goretzka - als vorgezogener Achter auf der vertikalen Doppelsechs.

Es mutet paradox an, dass Roca nach seiner Verpflichtung als Ersatz für Joshua Kimmich bezeichnet wurde, sich letztlich aber selbst hinter Javi Martinez anstellen muss. Noch lieber vertraut Flick dem 17-jährigen Jamal Musiala, der mit seiner feinen Ballbehandlung und starken Dribblings überzeugt, gleichwohl aber eher Zehner als Sechser ist.

Wartet noch immer auf seinen ersten Startelfeinsatz in der Bundesliga: Marc Roca
Wartet noch immer auf seinen ersten Startelfeinsatz in der Bundesliga: Marc Roca / Alexander Hassenstein/Getty Images

Generell waren die meisten Neuzugänge des Sommer-Transferfensters bislang keine große Hilfe. Tanguy Nianzou hat mit dem Muskelbündelriss vor wenigen Tagen bereits seine zweite schwere Verletzung erlitten, Bouna Sarr liefert keine Argumente um mehr Spielpraxis zu erhalten als Nachwuchsspieler Chris Richards, Roca darf aus nicht näher genannten Gründen kaum spielen, Douglas Costa fühlt sich in den Halbräumen auf den Außenbahnen nicht wohl, Leroy Sané braucht Zeit und Eric Maxim Choupo-Moting darf Robert Lewandowski nicht so häufig vertreten wie zunächst angenommen.

Dass die Bayern trotz der Formschwäche in der Breite weiterhin punkten und nur ein Saisonspiel verloren haben, spricht eindeutig für die Qualität in der Spitze und für Flick, dessen Detailarbeit trotz der geringen Trainingseinheiten fruchtet. Dennoch darf man die Frage stellen, ob die zweite Garde auf Dauer gut genug ist.