Die Gretchenfrage beim FC Barcelona: Was wird aus Ousmane Dembélé?

Hat er beim FC Barcelona über das kommende Jahr hinaus eine Zukunft? Ousmane Dembélé (hier im gestrigen Spiel in Elche)
Hat er beim FC Barcelona über das kommende Jahr hinaus eine Zukunft? Ousmane Dembélé (hier im gestrigen Spiel in Elche) / Angel Martinez/Getty Images
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Das Problem kennt wohl ein jeder Sportdirektor eines Klubs. Ein Spieler, der über weite Strecken eigentlich eher enttäuscht hat, befindet sich urplötzlich auf dem aufsteigenden Ast. Parallel dazu naht aber auch der Moment zu entscheiden, ob man noch einmal langfristig mit dem Kicker plant - oder ihn doch gegen eine bestimmte Ablöse ziehen lässt. Vor just dieser Gretchenfrage steht auch der FC Barcelona im Hinblick auf Ousmane Dembélé.

Verspätungen im Training, zweifelhafte Ernährungsweisen, ebenso nachdenklich stimmende nächtliche Freizeitgestaltungen - und natürlich (als Folge der beiden letztgenannten Faktoren) immer wieder größere und kleinere gesundheitliche Malaisen.

Nein - die dreieinhalb Jahre in Can Barça waren für Ousmane Dembélé sicher keine glanzvolle Zeit. Trotz der angesichts dieser Umstände immer noch überraschend positiven Leistungsdaten (in insgesamt 94 Spielen für die Blaugrana war der Franzose an immerhin 44 Treffern direkt beteiligt).

Doch die Frage bei einem Spieler dieser Güteklasse, zumal erst 23 Jahre alt, ist nicht so sehr die nach dem "was war?" sondern vielmehr die nach dem "was hätte sein können?" oder "was könnte noch sein?"

Und genau um diese Wahl zwischen den genannten Fragestellungen geht es nun bei den Verantwortlichen beim FC Barcelona. Also darum, ob sie genügend Fantasie (und Vertrauen) aufbringen können, um dem 23-jährigen Franzosen einen weiteren Karriereschritt in Barcelona zu ermöglichen - oder ihn doch lieber verkaufen.

Ein Verkauf würde wohl zum Verlustgeschäft werden

An dieser Stelle steht häufig die Vokabel "gewinnbringend", aber diese haben die Bosse in Can Barça schon vor längerer Zeit aus ihrem Sprachschatz gebannt. Zumindest in Bezug auf Ousmane Dembélé. Denn dass der Franzose für die Katalanen ablösesummentechnisch ein gutes Geschäft darstellen könnte, ist - Stand heute - eher unwahrscheinlich.

Immerhin überwiesen die Spanier im Sommer 2017 satte 130 Millionen Euro nach Dortmund. In Vor-Corona-Zeiten eine nicht selten gesehen Summe. In der Aktualität aber erscheint es unwahrscheinlich, dass ein Klub, selbst wenn er in der milliardenschweren Premier League beheimatet ist, auch nur annähernd bereit wäre, diese Summe für den Weltmeister von 2018 auszugeben.

Rechtfertigen die bisher gezeigten Leistungen eine Verlängerung des Vertrages?

Doch auch die andere Option, nämlich den im Sommer kommenden Jahres auslaufenden Vertrag schlicht und einfach zu verlängern, birgt Fragezeichen. Denn für viel weniger Gehalt als bisher wird Dembélé seine Unterschrift nicht unter einen neuen Vertrag setzen. Doch mehr als die kolportierten sechs Millionen Euro netto jährlich dürfte der FC Barcelona wiederum nicht zahlen wollen.

Denn dafür waren die Leistungen des Stürmers über die letzten dreieinhalb Jahre hinweg einfach zu inkonstant. Man könnte zwar nun auf die letzten Wochen und Monate verweisen und sagen, dass der Stürmer sich in stark verbesserter Form präsentiert.

Was nicht zuletzt auch dem Umstand geschuldet ist, dass Ronald Koeman mit Leistungsdellen (Antoine Griezmann) oder Verletzungen (Ansu Fati) zu kämpfen hat - und ihm fast nicht anderes übrig bleibt, als Dembélé aufzustellen.

Nach seinem Meniskuseinriss dürfte Fati dem FC Barcelona noch bis März fehlen
Nach seinem Meniskuseinriss dürfte Fati dem FC Barcelona noch bis März fehlen / Quality Sport Images/Getty Images

Zwar hat Dembélé diese Chancen insoweit nutzen können, um sein schon am Tiefpunkt angelangtes Renommee wieder etwas aufzupolieren, doch reicht das, um einen Kaderplatz in einem der größten Klubs Europas zu beanspruchen? Trainer Koeman hatte zudem schon kurz nach seiner Ankunft in Barcelona sehr offensiv die Verpflichtung des profilgleichen Memphis Depay gefordert. Der Niederländer dürfte gehaltstechnisch um einiges günstiger sein als Dembélé.

Weiterhin bei Ronald Koeman ganz weit oben auf dem Zettel: Memphis Depay von Olympique Lyon
Weiterhin bei Ronald Koeman ganz weit oben auf dem Zettel: Memphis Depay von Olympique Lyon / Xavier Laine/Getty Images

Einen Markt hat der Franzose auf jeden Fall noch. Im vergangenen Sommer war Manchester United an ihm interessiert, doch Dembélé selbst blockte ab. Er fühlt sich wohl in Barcelona. Ob so wohl, um auch ein neues Arbeitspapier zu (wahrscheinlich) reduzierten Bezügen zu unterzeichnen, muss vom Klub ausgelotet werden.

Klar ist: Der FC Barcelona hat schon mal mehr Geld in den Kassen gehabt - aber das gilt ja momentan für so ziemlich jeden Verein auf der Welt. Entsprechend defensiv dürften seine Verantwortlichen in den kommenden Monaten in die Verhandlungen mit dem Spieler gehen.

Prognose: Der FC Barcelona wird dem Spieler kein neues Vertragsangebot machen. Ob dies dann in einen Verkauf im kommenden Sommer (oder spätestens im Winter 2021/22) mündet, wird sich zeigen. Ein Verlustgeschäft dürfte es in diesem Fall so oder so werden.