Ein Gott fährt auf zum Himmel!

Maradona weht über dem San Paolo zu Neapel
Maradona weht über dem San Paolo zu Neapel / Francesco Pecoraro/Getty Images
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Ay, Diego, jetzt dribbelst du also in den ewigen Jagdgründen. Gib mir bei Gelegenheit doch noch mal die genaue Wegbeschreibung zum himmlischen Stadion. Wäre fantastisch, dich dort noch mal mit all den anderen Größen des Fußballsports zu sehen, die von uns gegangen sind.

Bis zum Schluss hast du deine Haken geschlagen. Bist dem Fährmann auf dem Weg zum anderen Ufer mehrmals von Bord gesprungen. Aber dieses Leben, dein Leben, war am Ende zu viel für einen kleinen Goldjungen aus Lanús. Du hast mal gesagt: "In einem Alter, in dem man mir eigentlich noch Märchen hätte vorlesen sollen, war ich das Idol eines ganzen Landes."

Glanz und Schatten, Begeisterung und Verzweiflung waren bei dir immer gepaart. Es gab keine Trennlinien in deiner Existenz. Du warst unser aller Diego. Und so sehr wir deine Finten auf dem Platz, deine unnachahmlichen Slalom-Läufe durch gegnerische Abwehrreihen bewundert haben, so wenig konnten wir bisweilen mit dem anderen Diego, dem außerhalb des Platzes, anfangen.

San Paolo, das Gottesreich

Aber in des Menschen liebsten Sport hast du alle verzückt. Hast eine von Fischgestank und Salzwasser umwehte Hafenstadt für einige Jahre in das Mekka des Fußballs verwandelt. Dein irdisches Reich - in Neapel war es gekommen. Deine Jünger waren die 80.000 Tifosi im San Paolo, die jedes Spiel mit dir zum ekstatischen Schauspiel machten. Und natürlich die Millionen an den Fernsehgeräten, die sich in den Bars von Rio und Buenos Aires, Barcelona oder Liverpool, Madrid oder London, Mailand oder München immer wieder fragten: wie macht der das nur?

Aber die Frage war nicht richtig gestellt. Denn den Gottesbeweis, dessen es bedurft hätte, um deine übermenschlichen Fähigkeiten auf dem grünen Rasen zu erklären, haben selbst die orthodoxesten Vertreter deiner Maradonianischen Kirche bislang noch nicht liefern können.

Müssen sie auch nicht. Denn der Glaube allein zählt. Ob in den Kathedralen von La Boca oder dem Nou Camp. Oder an welchem der Orte auch immer, an denen du deine Botschaft verkündet hast.

Du hast Dinge gemacht, die keiner vor und keiner nach dir gemacht hat. Hast die Kunst des Fußballspielens in pantokratische Dimensionen erhoben. Hast Gegner demoralisiert und sie dennoch anerkennen lassen, nicht gegen einen von ihnen verloren zu haben.

"Ich bin dankbar, Fußball gespielt zu haben, denn es war der Sport, der mir am meisten Freude und Freiheit geschenkt hat. Ich danke dem Ball." Dies hast du mal auf die Frage geantwortet, welche Worte du gerne bei deiner Beerdigung hören würdest.

Wir können da nur noch hinzufügen: "Danke, dich spielen gesehen zu haben. Ruhe in Frieden, Wuschelkopf!"