Die Kohfeldt-Metamorphose: Werder Bremen mit neuen Mitteln zum Erfolg?
Von Marc Knieper

Bei Werder Bremen überwiegt trotz eines erneuten Unentschiedens die Zufriedenheit. Nach sieben Spielen befinden sich die Grün-Weißen sieben komfortable Punkte vor den gefürchteten Abstiegsrängen.
Chefcoach Florian Kohfeldt betritt optisch als auch taktisch und rhetorisch neue Ufer. Wie die dreiteilige Verwandlung des Bremer Fußballlehrers den Klub verändert - eine Analyse.
Kohfeldt mit neuer Rhetorik: Klein reden, groß aufspielen?
Insbesondere zwei Veränderungen des Bremer Übungsleiters springen im Laufe der aktuellen Spielzeit unmittelbar ins Auge: Zum einen der Wechsel seiner Arbeitskleidung vom schwarzen Trainingsanzug hin zur legeren Stoffhose samt Steppjacke, zum anderen der neue Spielstil des Trainers. Kohfeldt möchte zwar langfristig weiterhin für attraktiven Offensivfußball stehen, hat jedoch erkannt, dass der Weg dorthin ein längerer zu sein scheint.
Angesichts der aktuell prekären sportlichen Situation und insbesondere vor dem Hintergrund des Fast-Abstiegs in der vergangenen Saison möchte der 38-Jährige nun erst einmal für eine solide Defensivleistung seines Teams sorgen.
Dafür versammeln sich die Bremer gut und gerne einmal kompakt vor dem eigenen Sechzehner, "parken" den allseits bekannten Bus und stibitzen sich mit wenigen Kontern und der nötigen Cleverness Punkte gegen vermeintlich stärkere Gegner wie Eintracht Frankfurt oder Europa-League-Teilnehmer TSG 1899 Hoffenheim. Werder avanciert zum Spaßverderber der Liga - mit Erfolg.
Im Vorfeld der Köln-Partie zeigte sich eine weitere neue Seite des Bremer Fußballlehrers. Den gewohnten Optimismus schien Kohfeldt dabei über Bord geworfen zu haben. Aussagen à la "Ich will, dass der Gedanke des Gewinnens wieder selbstverständlich ist" aus dem Sommer 2019 gibt es nicht mehr. Stattdessen redet Kohfeldt seine Mannschaft schlecht - vielleicht sogar schlechter als sie ist - in der Hoffnung somit ohne Druck frei und stark aufzuspielen.
"Es ist kein Automatismus, zu sagen: Wir kommen auf 100 Prozent, und dann schlagen wir den 1. FC Köln. Das wäre absolut vermessen", betonte Kohfeldt bereits auf der Pressekonferenz vor dem schwachen Remis gegen die Domstädter ausdrücklich - und das, obwohl und gerade weil das Fanlager nach drei Unentschieden in Folge gegen die vermeintlich schwächeren und seit 16 Spielen sieglosen Kölner einen Heimsieg erwartete.
Achtung, Werder: Es geht ums Überleben!
Mit neuer Taktik, Rhetorik und schicker Zivil-Optik passt sich Werder Bremens Cheftrainer der aktuellen Situation am Osterdeich an. Die Zeit der gewohnt optimistischen Aussagen, als man gemeinsam mit Spielmacher Max Kruse von der Europa League träumte, sind passé. Die vergangene Spielzeit brachte den Klub auf den Boden der Tatsachen zurück. Trotz eines soliden Saisonauftaktes zeigt die neue Marschroute an, dass es für den Bundesligisten lediglich ums nackte Überleben geht.
Die Bremer bestreiten jede Partie als Underdog - und wenn sie es auf dem Papier nicht sind, sorgt Kohfeldt im Vorfeld der Partie mit den passenden Worten dafür. Werders Hoffnung dabei? So viele Punkte, so schnell wie nur möglich als Spaßverderber der Liga einzufahren, um den Klassenerhalt nicht erneut erst via Relegation zu feiern.