DFB-Pokal Halbfinale: Kann die Eintracht gegen den FC Bayern von Saarbrücken lernen?

Wie lässt Adi Hütter seine SGE gegen übermächtige Bayern agieren?
Wie lässt Adi Hütter seine SGE gegen übermächtige Bayern agieren? / Stuart Franklin/Getty Images
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Am Mittwochabend steigt in der Münchener Allianz Arena das zweite Halbfinale im DFB-Pokal. Die Gäste aus Frankfurt sind gegen den Rekordpokalsieger klarer Außenseiter. Ein ganz so gravierendes David-gegen-Goliath-Duell wie am Dienstag zwischen Saarbrücken und Leverkusen (0:3) ist die Partie aber nicht. Aufschlüsse könnte das erste Halbfinale der Eintracht dennoch geben.

Lukas Kwasniok konnte sich mit seinem Team rund drei Monate auf das große Spiel gegen die Werkself vorbereiten. Der erste Viertligist im Pokalhalbfinale wird dennoch nicht der erste im Endspiel. Zu gravierend war am Ende der Qualitätsunterschied zum Champions-League-Aspiranten, zu vorsichtig agierten die Saarländer gegen die ballsicheren Leverkusener.

Kwasniok ließ sein Team in einer Art 5-5-0-Formation agieren. Eine Formation, die er schon zu Zeiten als U19-Coach beim KSC häufiger spielen ließ. Ohne echten Stürmer und mit nur zwei Ebenen, ist das System extrem defensiv ausgerichtet - eine logischer wie erwartbarer Plan.

Könnte der, auch wenn er gegen Leverkusen nicht erfolgreich war, Ansätze für die Frankfurter Eintracht liefern? Adi Hütter ist zurückgekehrt zu einer Dreierkette in der Abwehr, die gerade in München wohl fast durchgängig zur Fünferkette werden wird. Zuletzt spielte die SGE davor im Mittelfeld mit zwei Sechsern und zwei offensiven Spielgestaltern hinter der einzigen Spitze. Auch am Mittwochabend wird die Eintracht wohl ebenfalls so auflaufen.

In der Liga gab es zuletzt in München eine krachende 5:2-Pleite. Trotz des zwischenzeitlichen Anschlusstreffers zum 3:2 hatten die Adler keine Chance gegen einen derzeit überragend aufspielenden Rekordmeister.

Hat Hütter die Lösung fürs Dilemma? Die S-Frage von München

Die Frage bleibt also, wie die Überraschung geschafft werden soll? Klar scheint: Steht man gegen den FCB nur hinten drin, sind Gegentore zwangsläufig. Klar ist aber auch: Verlagert man die Pressinglinie mutiger nach vorne, können die Bayern die Räume hinter der letzten Kette noch besser nutzen - ein klassisches Dilemma!

Am naheliegendsten ist also weiterhin ein Abwehrpressing gegen die Flick-Truppe. Im Bestfall garniert mit blitzartigen Kontern. Blöd nur, dass mit Kostic der "Konterführer" der Eintracht gesperrt fehlt. Der Serbe bringt mit und ohne Ball das nötige Tempo mit, um den Bayern weh tun zu können.

Kostic ist für die Eintracht ein entscheidender Spieler - egal in welcher Ausrichtung
Kostic ist für die Eintracht ein entscheidender Spieler - egal in welcher Ausrichtung / Alexander Hassenstein/Getty Images

Denn die pressen unter Flick ultra-aggressiv, wodurch zwangsläufig Räume entstehen, die dann gezielt und konsequent genutzt werden müssen. Was hier so einfach klingt, ist aber eine Herkulesaufgabe. Seit Flicks Übernahme hat der FCB sich in der Arbeit gegen den Ball stetig verbessert. War die erste Linie überspielt, brannte es am Anfang oft noch lichterloh. Mittlerweile verhalten sich die Spieler aber noch effektiver, sollte es dem Gegner mal gelingen, sich aus dem "Würgegriff" zu befreien.

Gut sichbar war das im Klassiker gegen den BVB. Schwarz-Gelb agierte in den ersten beiden Dritteln durchaus ballsicher - auch gegen das hohe Pressing der Bayern. Dennoch konnte Dortmund kein Kapital daraus schlagen. Der FCB verschob noch extremer zur Ballseite - die freigewordenen Räume auf der ballfernen Seite wurden notfalls auch mit den Offensivspielern besetzt. Wer erinnert sich noch an Lewandowskis Sprint bis fast zurück an den eigenen Sechzehner?

Aus SGE-Sicht macht es deshalb überhaupt keinen Sinn, zu versuchen, lange Ballbesitzphasen zu kreieren. Das ist mit dieser Mannschaft gegen diesen Gegner schier unmöglich und würde es dem FCB erlauben, die Bälle schon im Eintracht-Drittel zu erobern.

Hier käme die Kwasniok-Taktik ins Spiel. Das 5-5-0 hat dabei nur zwei statt drei Ebenen. ARD-Experte Thomas Broich bemängelte dies etwa bei Leverkusener Führungstreffer, als es Saarbrücken nicht schaffte, Demirbay vor dessen Traum-Chip auf Diaby unter Druck zu setzen.

Unrecht hat Broich damit nicht (der übrigens derzeit mit Abstand der beste TV-Experte ist - aber das nur am Rande). Ganz korrekt war die spontane Analyse aber auch nicht. Klar, das 5-5-0 hat Mängel und Schwachstellen - wie jedes andere System im Fußball auch. Eine von ihnen ist sicherlich die fehlende dritte Ebene.

Aber wie jedes andere System im Fußball auch, steht und fällt sie mit der Interpretation. Und die war von Saarbrücker Seite oft nicht ideal, weil zu zaghaft und nicht aggressiv genug. Demirbay befand sich in besagter Szene 30-35 Meter in der gegnerischen Hälfte. Hier hätte ein 1. FCS-Spieler aggressiver rausrücken sollen. Denn generell gilt in diesem System: Der Spieler, der am nächsten am Ball ist, muss die erste Fünferkette verlassen und aggressiv gegen den Ball arbeiten. So würde temporär eine Art 5-4-1 entstehen, wobei die übrigen vier Mittelfeldspieler enger zusammenschieben.

Zwei SGE-Fünferketten
Zwei SGE-Fünferketten /

Also lieber Adi Hütter - warum mal nicht eine solche Idee weiterspinnen? Mit Rode und Kohr hättest du die richtigen Spieler dafür im Zentrum. Auch wenn sich hinten einigeln eigentlich zutiefst gegen das Ideal eines mutigen Fußballromantikers spricht (schuldig!) - gegen diese Bayern scheint derzeit nicht viel mehr möglich. Zumal mit der aktuellen Form und Personal der SGE.

Am Ende ist und bleibt die SGE aber der krasse Außenseiter. Mit der richtigen Taktik, viel Glück und vor allem vielen Standards (Hinti-Army) ist eine kleine Chance aber doch da...