Das Torwart-Dilemma auf Schalke: Im Sommer muss eine neue Nummer eins her
Von Florian Bajus

Kaum geht der Spielbetrieb in der Bundesliga wieder los, da wird auf Schalke wieder hitzig diskutiert. Die Leistung der gesamten Mannschaft ließ bei der 0:4-Klatsche in Dortmund zu wünschen übrig, in den Vordergrund rückte jedoch unfreiwilligerweise Markus Schubert. Der nächste individuelle Fehler des 21-Jährigen verdeutlichte noch einmal das Dilemma, mit dem Trainer David Wagner seit Monaten zu kämpfen hat.
Die Saison des FC Schalke verläuft in Gegensätzen. Nach der Horror-Spielzeit 2018/19 spielte Königsblau unter David Wagner eine starke Hinrunde, im neuen Jahr rutscht die Mannschaft jedoch wieder ins Mittelmaß ab. Nur 7 Punkte aus 9 Spielen, ein Torverhältnis von 4:19 - damit belegt Schalke in der Rückrundentabelle den 15. Platz. Schlechter sind nur der SC Paderborn, der FC Augsburg und Werder Bremen, wobei Werder zwei Partien weniger absolviert hat.
Mit dem Ball kann die Wagner-Truppe kaum etwas anfangen, gegen den Ball offenbart die Defensive ungeahnte Lücken - und auch auf der Torwartposition herrscht kaum Ruhe. Das Dilemma begann kurz vor Weihnachten, als Alexander Nübel beim 1:0-Sieg über Eintracht Frankfurt am 15. Spieltag nach einem leichtsinnigen wie rüden Foul an Mijat Gacinovic des Feldes verwiesen und für vier Spiele gesperrt wurde. Ersatzmann und Konkurrent Markus Schubert, der im Sommer von Dynamo Dresden verpflichtet wurde, sagte Nübel mit starken Leistungen den Kampf an - doch seit Monaten stecken beide Torhüter in einem Formtief.
Nübel, dessen Wechsel zum FC Bayern noch im Dezember bekanntgegeben wurde, muss sich gegen das Unverständnis der Schalker-Fans und sogar gegen die baldige Konkurrenz in München wehren. An den Spieltagen 20 bis 24 durfte er wieder zwischen den Pfosten stehen, wirkte jedoch wie ausgewechselt und musste nach einigen bösen Patzern auf die Bank.
Markus Schubert: Unglücksrabe in Spitzenspielen
Schubert war fortan die Nummer eins, wenngleich er bei der 0:5-Pleite in München am 19. Spieltag eine unglückliche Figur abgab. Und kaum rollt der Ball nach zwei Monaten wieder, da folgt der nächste Patzer - ausgerechnet im Derby gegen den BVB. Vom heranstürmenden Erling Haaland unter Druck gesetzt, spielte Schubert den Ball unkontrolliert zu Mahmoud Dahoud, der auf Julian Brandt weiterleitete. Der deutsche Nationalspieler bediente Raphael Guerreiro, der den Ball präzise im Tor unterbrachte. Dank Schuberts Fehlpass erhöhte Dortmund kurz vor der Pause auf 2:0, die Niederlage war vorzeitig besiegelt.
"Schubi ist mitverantwortlich für das zweite Tor, das ist ja selbsterklärend, wenn man das sieht. Dementsprechend ist seine Torhüter-Leistung nicht tadellos. Aber nichtsdestotrotz gehört das zu seiner Entwicklung dazu", sagte Wagner auf der Pressekonferenz nach dem Spiel (via Westfälischer Anzeiger). Der Cheftrainer hält weiter an seiner Nummer eins fest, Nübel muss dagegen vergeblich auf eine neue Chance warten.
Schalke braucht eine neue Nummer eins
In seiner ersten Bundesligasaison wirkt Schubert nicht gefestigt genug, als dass er sich als Stammtorhüter auf Schalke etablieren könnte. Die Ambitionen sind ebenso groß wie der Erwartungsdruck, individuelle Fehler sind eigentlich nicht erlaubt. Doch das Vertrauen beruht vermutlich auf der Ansicht, dass Nübel im Schalker Tor nicht mehr vermittelbar ist.
Das Einzige, was Schubert im Schalke-Tor hält, ist, dass die andere Option Nübel heißt. Wobei man den jetzt ohne Fans fast noch mal ran lassen könnte. #BVBS04
— Felix Kneidl (@Felix_Kneidl) May 16, 2020
Was der Klub mit Blick auf die neue Saison benötigt, ist ein Torhüter mit einem größeren Erfahrungsschatz, an dem Schubert wachsen kann. Ob Rückkehrer Ralf Fährmann dafür die richtige Wahl ist, darf allerdings angezweifelt werden. Doch die Corona-Krise hat ein Dilemma verschärft: Es gibt viele Baustellen, aber kein Geld, um diese zu schließen.
Bis zum Saisonende wird die Torhüterdiskussion vermutlich nicht aufhören; es sei denn, Schubert bewahrt einen kühlen Kopf und macht seine Fehler wieder wett. Jedoch dürften weder er noch Nübel das größte Selbstvertrauen besitzen.