Darum schaden die täglichen Übertragungen dem Fußball und seinem Image

Keine Fans in den Stadien, doch die Kamera fangen die Spiele ein
Keine Fans in den Stadien, doch die Kamera fangen die Spiele ein / Pool/Getty Images
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Fußball, Fußball, Fußball. Wer in der aktuellen Jahreszeit den großen Drang verspürt, den wohl beliebtesten Sport der Welt in Dauerschleife zu verfolgen, dürfte sich aufgrund der engen Spielterminierungen wie im siebten Himmel fühlen. Doch der Schein trügt. Eine Fußballübersättigung in TV und Stream könnte seine Folgen haben...

Schon in einer "normalen" Saison klagen viele Vereine über die harten englischen Wochen. Aufgrund von internationalen Spielen sowie nationalen Pokalpartien müssen vor allem die Topklubs neben dem Ligabetrieb auch unter der Woche auf dem Platz stehen. Regenerationsphasen von zwei bis drei Tagen sind dann die schmerzhafte Normalität.

Die Corona-Pandemie staucht die eh schon enge Fußballsaison nun noch weiter ein. In der verkürzten Saison müssen dieselbe Anzahl an Spielen wie sonst auch untergebracht werden. Die Folge: Es gibt nicht wie sonst nur phasenweise Englische Wochen - sondern so gut wie immer. Oder kann sich jemand an die letzte Fußballwoche ohne Partien am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag erinnern?

Nahezu einen Monat Fußball-Dauerschleife mit deutscher Beteiligung

Wahrscheinlich nicht. Besonders deutlich wurde das übergroße Angebot durch einen Tweet der Sportschau-Kollegen. Diese listeten die Fußballspiele mit deutscher Beteiligung zwischen dem 22. November und 23. Dezember auf - mit einem krassen Ergebnis. Innerhalb dieses Monats gibt es lediglich einen Tag, an dem keine Partie eines deutschen Profiklubs stattfindet. Nur einen Tag!

Vor einigen Jahren oder gar Monaten hätten wir wohl alle Purzelbäume vor Freude geschlagen. Ist doch geil, schließlich kann man sich nun (fast) jeden Abend gemütlich vor die Glotze setzen und Fußball auf Topniveau schauen. Doch die Stimmung ist anders als erwartet, unter die - zugegeben immer noch teilweise existierende - Euphorie schleicht sich langsam auch die Skepsis.

Das hat zum einen etwas mit der offensichtlichen Überbelastung der Spieler zu tun. Regelmäßig müssen die Klubs ihre Kaderbreiten ausreizen, um die teils schweren Verletzungen aufzufangen. Daneben fallen reihenweise Profis durch Corona-Erkrankungen aus, deren Ausbreitung durch die äußerst fragwürdigen Länderspiele nur noch steigt. Von einer angenehmen Saison kann also nicht die Rede sein, das sehen mittlerweile auch viele Fans ein, die vor einigen Monaten noch über das Lotterleben der Profis gelacht haben. Und auch unter den Vereinen mischt sich die Missgunst (Stichwort Wettbewerbsverzerrung).

Vereine leiden, doch der Fan freut sich - aber wie lange noch?

Doch zurück zum bequemeren Teil des Fußballs: Dem Zuschauen. Hier dürfte sich der geneigte Interessent fühlen wie ein Kind im Süßwarenladen. Nach dem Wochenende inklusive Montagsspiel (in Liga 2) geht der Rummel sofort mit den internationalen Pokalwettbewerben weiter. Da diese an den jeweiligen Tagen noch in zwei Slots aufgeteilt sind, kommt man zwischen Dienstag und Donnerstag auf immerhin sechs Möglichkeiten zum Passivsport. Und hat man sich von den mehr oder weniger aufregenden Euro-League-Duellen erholt, klopft mit den Freitagsspielen auch schon wieder die Liga an.

Dieser Trott pendelte sich in der Vergangenheit ein und wird sich - wie die Sportschau eindrucksvoll zeigte - auch so schnell nicht mehr ändern. Immerhin gibt es keine Länderspiele mehr, in Anbetracht der jüngsten deutschen Leistungen ist dies in mehrfacher Hinsicht eine Erleichterung. Der Fußball bleibt dennoch in aller Munde.

Und das führt zweifelsohne irgendwann zu einer Übersättigung des Angebots. War es früher noch das absolute Highlight, jeden Samstag die Spielzusammenfassungen der Bundesliga in der Sportschau zu sehen, darf man sich heute zwischen den Öffentlich-Rechtlichen, DAZN, SKY und Co entscheiden. Welchen Sender darf es denn heute sein - und vor allem, welche Partie?

Jeden Abend Fußball oder jeden Abend Pizza?

Es hat schon sein Gutes, sein Lieblingsteam so häufig wie möglich auf dem Bildschirm sehen zu dürfen, gerade in Zeiten, in denen man nicht ins Stadion kann oder darf. Doch mittlerweile vergeht einem schon fast die Lust, sich jeden Abend diesen doch so wunderbaren Sport anzusehen. Selbst die Highlight-Partien der großen Klubs verlieren irgendwie ihren Reiz, weil sie einfach zu häufig und vor allem zu einfach gesehen werden können.

Ich persönlich habe in jüngster Vergangenheit bereits häufiger das abendliche Fernsehprogramm gewechselt, zu eintönig wurde mir das immer selbe Spiel, die immer selben Gesichter, die immer selben Floskeln. Es ist irgendwie typisch. Selbst das Geilste auf Erden wirkt irgendwie langweilig, wenn man es zu einfach vorgesetzt bekommt. Stellt euch doch mal vor, euch wird von nun an täglich euer Lieblingsessen zum Mittag serviert. Mir würde meine tägliche Pizza Inferno am Anfang noch echt schmecken, doch irgendwann hat man dann doch genug und der Teller Nudeln wird immer interessanter.

Der kulinarische Vergleich zeigt: Manchmal ist weniger doch mehr. Und der Fußball wird durch seine ständige Präsenz irgendwie gleichgültig, was einfach schade ist. Selbst der größte Fan wird wohl bald zugeben müssen, dass ein Abend ohne Fuppes mal ganz angenehm wäre. Aber hey, ganz vergessen: Uns bleibt ja noch der 14. Dezember!