Champions-League-Finale: Was man über das derzeitige PSG wissen muss

Thomas Tuchel oder Hansi Flick: Wer wird der sechste deutsche Trainer, der die Champions League gewinnt?
Thomas Tuchel oder Hansi Flick: Wer wird der sechste deutsche Trainer, der die Champions League gewinnt? / Getty Images/Getty Images
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Will der FC Bayern die Champions League gewinnen, muss er am Sonntagabend (21 Uhr) Paris St. Germain bezwingen. Was nach einer einfachen Rechnung klingt, könnte sich auf dem Platz als große Herausforderung enttarnen. Worauf müssen sich die Bayern einstellen? 90min wagt einen Blick auf die voraussichtliche Aufstellung, die derzeitige Form der Pariser und welche Spieler besonders gefährlich werden könnten.


Die voraussichtliche Aufstellung

Ähnlich wie beim FC Bayern sind auch bei Paris St. Germain nur minimale Veränderungen zu erwarten. Einerseits stellt sich die Frage, ob Torhüter Keylor Navas nach seiner Verletzung im Viertelfinale gegen Atalanta Bergamo wieder spielen kann oder nicht, andererseits könnte Marco Verratti nach überstandener Wadenverletzung wieder beginnen. Thomas Tuchel ließ beide Personalien offen, erklärte auf der Pressekonferenz am Samstag jedoch, Verratti könne keine 90 oder 120 Minuten durchspielen.

Während Navas durchaus im Tor stehen könnte, sind in der Viererkette keine Veränderungen zu erwarten. Diese dürfte erneut aus Thilo Kehrer, Thiago Silva, Presnel Kimpembe und Juan Bernat bestehen. Auf der Sechs ist Marquinhos gesetzt, davor werden aller Voraussicht nach Ander Herrera und Leandro Paredes beginnen. An Angel Di Maria, Neymar und Kylian Mbappé ist derweil kein Vorbeikommen im Angriff.

Voraussichtliche Aufstellung PSG: Navas - Kehrer, T. Silva, Kimpembe, Bernat - Marquinhos - Herrera, Paredes - Di Maria, Neymar, Mbappé


Die Form

PSG gilt als härtester Gegner der Bayern in diesem Champions-League-Turnier. Aber der Klub aus der französischen Hauptstadt hat bereits gezeigt, dass er verwundbar ist. Im Viertelfinale gegen Atalanta Bergamo hatte die Mannschaft Probleme mit dem hohen und aggressiven Pressing der Italiener, die zum Ende der Partie immer müder wurden und auch deshalb die beiden entscheidenden Gegentore in der Nachspielzeit kassiert haben. Mit den Bayern wartet nun ein Gegner, der ebenfalls hoch anläuft und extremen Druck ausübt - mit dem Unterschied, dass der deutsche Rekordmeister deutlich fitter ist als Atalanta, das vor der Champions League noch das Saisonfinale in der Serie A vor der Brust hatte. Die Bayern können diesen Druck über 90 Minuten ausüben; gewöhnt ist PSG daran nicht.

Gegen RB Leipzig hat die Tuchel-Elf aber bewiesen, dass man sich nicht vor ihr verstecken sollte. Laufen die Stürmer verhalten an und konzentriert man sich stattdessen auf ein Mittelfeldpressing, spielen die Pariser ihre Stärken aus. Dann lässt sich Neymar ins Mittelfeld fallen und kreiert mit seinen gefährlichen Dribblings viele Räume, Kylian Mbappé und Angel Di Maria laufen sich frei und bieten sich in den Halbräumen oder mit Tiefenläufen an und nicht zuletzt spielt Paredes gefährliche liniendurchbrechende Pässe. Außerdem favorisiert Tuchel gegen den Ball ebenfalls ein hohes Pressing, weshalb die Leipziger ständig zu unkontrollierten Abspielen gezwungen waren.

PSG kann also durchaus gefährlich werden, wenn ihnen die Räume geboten werden oder man die Bälle herschenkt. Sie haben aber auch ihre Schwachstellen gegen den Ball offenbart, wenn sie vom Gegner permanent gepresst und gestört werden.


Was sagt Tuchel?

Auf der Pressekonferenz sprach Tuchel von einem "harten Stück Arbeit", das auf seine Mannschaft warte, "wir fühlen uns aber vorbereitet", gab sich der frühere Bundesligatrainer (Mainz 05, Borussia Dortmund) selbstbewusst (zitiert via Sportbuzzer). Auf das Abschlusstraining der Bayern hat Tuchel einen genauen Blick geworfen, der 46-Jährige rechnet nach den Eindrücken vom Abend nicht mit Veränderungen in der Startformation (via Sport1): "Vor dem Training habe ich damit geliebäugelt, dass Pavard spielt, um Kimmich für das Mittelfeld frei zu bekommen. Nach diesem Training erwarte ich aber keine Änderungen mehr."

Auch mit einem Bluff rechnet er nicht: "Ich glaube auch nicht, dass ein Abschlusstraining im Stadion dazu dient, uns zu verwirren. Man will sich stattdessen in den Rhythmus bringen. Es ist kein Tag, um den Gegner in die Irre zu führen. Ein Finale ist kein Tag für große Veränderungen." Dennoch werde er die Mannschaft "auf beide Varianten vorbereiten". Sicher ist sicher.


Welche Spieler könnten Bayerns Schwächen ausnutzen?

Der FC Bayern geht in seinem Spiel viel Risiko. Alle Mannschaftsteile stehen extrem hoch und laufen äußerst aggressiv an. Überspielt man dieses Pressing durch Ballgewinne oder weil die Münchner für einen kurzen Moment unsortiert sind, erhält man viel Raum im letzten Drittel. Dort sind Mbappé, Neymar und Di Maria gefordert. Ersterer dürfte die Bayern-Defensive mit seinem ungeheuren Tempo vor Probleme stellen, an Neymar klebt förmlich der Ball und Di Maria ist aufgrund seiner Kreativität und Präzision immer für einen tödlichen Pass oder einen Abschluss gut. PSG ist darüber hinaus kaltschnäuziger als Olympique Lyon, das zahlreiche Angriffe entweder unsauber ausgespielt oder gute Abschlussmöglichkeiten kläglich vergeben hat. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass David Alaba & Co. konzentrierter auftreten müssen.

Kylian Mbappé, Neymar und Angel Di Maria zählen zu den gefährlichsten Offensivtrios der Welt (v.l.)
Kylian Mbappé, Neymar und Angel Di Maria zählen zu den gefährlichsten Offensivtrios der Welt (v.l.) / MANU FERNANDEZ/Getty Images

Auch das Mittelfeld muss einen guten Tag erwischen. Einerseits lässt sich Neymar gerne in den Raum zwischen den Innenverteidigern und den Sechsern fallen, andererseits gelingt es Paredes häufig, das Mittelfeld mit einem flachen Pass zu überspielen. Es gilt Anspielstationen und Passwege zuzustellen, ebenso muss den ballführenden Spielern die Luft zum Atmen genommen werden. Je kürzer das Zeitfenster zwischen Ballannahme und Abspiel ist, desto größer ist die Chance, dass eine falsche Entscheidung getroffen wird. Noch gefährlicher als Paredes wäre wohl aber Verratti, der eine extreme Ruhe ausstrahlt und immer eine Lösung im Kopf zu haben scheint.


Der FC Bayern und Hansi Flick werden sich selbst treu bleiben. Das bedeutet, dass die Mannschaft weiterhin auf Risiko spielt, mit Vollgas den Gegner attackiert und das Ziel verfolgt, den Ball so nah wie möglich vor dem gegnerischen Tor zu erobern. Paris St. Germain ist eine Mannschaft, die nur selten mit dieser Spielweise konfrontiert wird und deswegen ihre Probleme bekommen könnte. Gleichzeitig sind sie aber sehr ballsicher, weisen selbst ein organisiertes Pressing vor und im Angriff verfügen sie über drei Weltstars, die alles mitbringen, was es für den Erfolg braucht. Einen klaren Favoriten gibt es aufgrund dessen nicht, Nuancen werden über dieses Finale entscheiden. Möge der Bessere gewinnen.