Der Kreis schließt sich: Julian Brandt und das vielleicht wichtigste Spiel seiner BVB-Karriere

Julian Brandt will beim BVB endlich durchstarten
Julian Brandt will beim BVB endlich durchstarten / Pool/Getty Images
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Julian Brandt steht beim Bundesliga-Spiel des BVB gegen Bayer 04 Leverkusen in der Startelf von Marco Rose. Definitiv eine Feuerprobe für den Blondschopf - und das ausgerechnet gegen die Ex. Nach einer schwachen Saison muss Brandt liefern. Gegen Leverkusen steht er vor dem vielleicht wichtigsten Spiel im schwarz und gelben Trikot.


In fünf Jahren bei Bayer Leverkusen ist Julian Brandt erwachsen geworden und hat sich als Bundesliga-Profi etabliert. 2019 wechselte der 35-fache deutsche Nationalspieler folgerichtig zum BVB; obgleich seine Entscheidung pro Dortmund bei der Werkself durchaus umstritten ist. Aus Leverkusen war in der vergangenen Saison, in der sich Brandt schwer tat, durchaus Schadenfreude zu spüren.

Nach einer ordentlichen Debüt-Saison ist Brandt beim BVB in ein Formloch gefallen und mittlerweile angezählt. Der Verein glaubt an sein Potenzial, verliert aber die Geduld. Bislang hatte der Blondschopf hinter Kapitän Marco Reus und Youngster Gio Reyna das Nachsehen. Da der US-Amerikaner sich während der Länderspielpause verletzte und auch Reus eine Blessur davontrug, steht Brandt am Samstagnachmittag erstmals in der Startelf von Marco Rose.

Julian Brandt
Julian Brandt konnte sich in der Vorbereitung anbieten / Lukas Schulze/Getty Images

Von Sportdirektor Michael Zorc gab es vor dem Spiel gegen seinen Ex-Club massive Rückendeckung. "Er wirkt bislang sehr griffig und hatte eine ordentliche Vorbereitung gespielt, bevor er durch die Corona-Infektion zurückgeworfen wurde. Auch zuletzt hat er gut trainiert", lobte Zorc gegenüber dem kicker. Ein Eindruck, den auch die Fans und Cheftrainer Rose in der Vorbereitung bestätigen konnten.

Der Fall Brandt ist in Dortmund ohnehin differenziert zu betrachten. Der Mittelfeldspieler genießt in großen Kreisen der BVB-Community weiterhin viele Sympathien, war zudem nicht der einzige schwarz-gelbe Profi, der in der Saison 20/21 mit Formschwankungen zu kämpfen hatte. Der Druck, der vor allem medial auf Brandt erzeugt wurde, ist daher als deutlich abgeschwächt einzuordnen. Und doch gibt es ihn, den Druck auf Julian Brandt. Das gehört bei einem Spitzen-Club dazu. Und im Gegenzug vieler Kollegen konnte sich Brandt noch nicht entschieden aus seinem Formloch befreien.

Reyna angeschlagen: Brandt erhält beim BVB die Chance in der Startelf

Die Chance dafür erhält er nun gegen Leverkusen. Dass schon ein gutes Spiel den Bock umstoßen kann, ist im Fußball ungeschriebenes Gesetz. Nach ausgestandener Corona-Erkrankung ist Brandt wieder fit und möchte an den guten Eindruck aus der Vorbereitung anknüpfen. Time to shine für den 25-Jährigen; die Bühne ist vorbereitet.

Beim BVB - und damit auch für Julian Brandt - gilt das Leistungsprinzip. Ein überzeugender Auftritt gegen Leverkusen könnte ihn auch in den kommenden Spielen zur ersten Option für Marco Rose werden lassen. Das weiß Brandt am allerbesten: in seiner ersten Saison in Dortmund war in der Offensive kein Platz für den Neuzugang, woraufhin Lucien Favre Brandt ins zentrale Mittelfeld beorderte. Dort überzeugte der Ballkünstler so sehr, dass er für den damaligen BVB-Trainer unverzichtbar wurde.

Klar ist aber auch, dass die Konkurrenz nicht schläft. Sollte Brandt gegen Leverkusen enttäuschen, dürfte er sich beim nächsten Spiel erneut auf der Bank wiederfinden. Da für den BVB einige englische Wochen anstehen, wird Brandt seine Einsatzzeiten bekommen, so oder so. Doch in dieser wichtigen Saisonphase trennt sich in der Regel die Spreu vom Weizen. Brandt muss jetzt liefern und zeigen, dass er auf Sicht der Spieler ist, den sich der BVB bei seiner Verpflichtung erwartete. Das Potenzial dazu hat der 25-Jährige, das ist eine Tatsache.

Es gibt eine ähnliche Geschichte beim BVB. Mo Dahoud genoss aufgrund seines immensen Talents seinerzeit ein ähnlich großes Vertrauen, fand nach seinem Wechsel aus Gladbach nach Dortmund aber nie wirklich in die Spur. In der vergangenen Saison platzte dann der Knoten bei Dahoud: am 23. Spieltag stand er gegen Arminia Bielefeld in der Startelf (zum zweiten Mal in Folge) und erzielte kurz nach der Halbzeit den Führungstreffer für den BVB, der das Spiel mit 3:0 gewann. Bei Dahoud brachen anschließend die Dämme, der 25-Jährige ist seitdem gesetzt und aus der Startelf der Borussia nicht mehr wegzudenken.

Julian Brandt ist ein vergleichbarer Charakter. Wie Dahoud sucht Brandt nicht immer den Weg des einfachen, sicheren Passes, sondern riskiert auch mal ein Dribbling oder einen schwierigen Ball. Ein Spieler des Typus Selbstvertrauens also: ist die Brust breit, klappt einfach alles; ist sie es nicht, geht so ziemlich alles schief.

In Bestform ist Julian Brandt einer der gefährlichsten Spieler der Bundesliga. Er kann ganze Defensiven mit einem Pass oder einem Dribbling filetieren und Torchancen kreieren wie vollenden. Das Potenzial dieses Fußballspielers ist dann grenzenlos, wenn sein Selbstvertrauen stabil ist. Die Rückendeckung von Michael Zorc ist daher taktisch clever und aufgrund der starken Saison-Vorbereitung auch legitim. Das dürfte Brandt vor dem Spiel gegen seine Ex stärken.

Mahmoud Dahoud, Julian Brandt
Julian Brandt (r.) will es wie Mo Dahoud (l.) machen / Pool/Getty Images

Entscheidend ist auf'm Platz. Darüber lässt sich nicht streiten. Selbstvertrauen hin oder her, Vergangenheit hier, Zukunft da. Jetzt ist der Moment, in dem Julian Brandt liefern muss. Jetzt kann sich der 25-Jährige zeigen, sich für Marco Rose und die Mannschaft unverzichtbar machen. Der Rest wird von selbst kommen.

Das Spiel gegen Bayer Leverkusen ist das vielleicht wichtigste in Julian Brandts gesamter BVB-Karriere. Hier entscheidet sich, ob er das Zeug für die Borussia hat oder die Kurve einfach nicht kriegt. Der Kreis schließt sich heute in der alten Heimat, in Leverkusen. Noch in einigen Jahren könnte man sich beim BVB an dieses Spiel erinnern, in dem Julian Brandt in Flammen aufging.

Die Bühne ist bereitet; time to shine.