Zwischen Wasser und Wein: Haaland sorgt mit "Druck"-Aussagen für Diskussionen
Von Yannik Möller
Erling Haaland hat nach dem starken Sieg am Freitagabend Diskussionen ausgelöst. Der BVB setze ihn unter Druck wegen seines Vertrags, er jedoch wolle nur Fußball spielen. Aussagen, die nicht zu den Umständen passen und einen gewissen Beigeschmack haben. Ein Kommentar.
Der 5:1-Sieg gegen den SC Freiburg hat für den BVB die Gelegenheit geschaffen, sich ein ganzes Wochenende lang über ein starkes Spiel zu freuen. Zwar hatte Schwarz-Gelb schon einige Partien gewonnen, doch so souverän waren bislang nur wenige Auftritte. Das gerät momentan aber in Vergessenheit.
Schuld ist Erling Haaland. Aber nicht wegen seines Doppelpacks, der aufgrund seiner Torgefahr kaum mehr nennenswert erscheint. Es war das Interview mit Jan Aage Fjörtoft nach dem Spiel, das für Aufsehen sorgte. Die grobe Kurzfassung: der Stürmer fühlt sich seitens der Borussia unter Druck gesetzt. Er wolle eigentlich nur Fußball spielen, nun wird er dazu gedrängt, sich zu seiner Zukunft zu bekennen.
Nach wie vor dreht sich alles um die eine Frage: bleibt Haaland noch eine weitere Saison in Dortmund? "Sie setzen mich unter Druck", so seine deutliche Aussage. Der junge Norweger schien deswegen irritiert, gar genervt zu sein. Die Aussagen an sich und auch die Umstände wirken allerdings seltsam.
"Druck" des BVB ist völlig verständlich - eigentlich auch für Haaland selbst
Zunächst einmal dürfte es den Torjäger keineswegs überraschen, dass der BVB eine zeitnahe Entscheidung haben möchte. Bei diesem Aspekt ist es zunächst zweitrangig, ob er sich für den Verbleib oder den Wechsel entscheidet. Die Vereinsführung muss schlichtweg wissen, ob sie mit oder ohne ihn planen muss. Darum geht es in allererster Linie.
"Es gibt keinen Druck, keine Gespräche, keine Fristen oder Deadlines, aber es ist klar, dass wir nicht erst im Sommer wissen wollen, wie seine Entscheidung ausfällt, das wird er auch verstehen, das ist im Fußball völlig normal", erklärte dazu BVB-Kaderplaner Sebastian Kehl bei Sport1 (via Sky). "Weil er so wichtig für uns ist, muss ab einem gewissen Punkt für uns Planungssicherheit herrschen. Wie soll ich denn bitte schön meine Kaderplanung vorantreiben, wie wir einen Erling Haaland ersetzen können, wenn wir nicht zu einem gewissen Zeitpunkt eine Tendenz mitbekommen, möchte der Spieler noch bei Borussia Dortmund bleiben oder nicht. Das ist einfach legitim, das ist super professionell."
Das muss Haaland nicht nur wissen, er muss es nachvollziehen können. Irgendwann in Richtung Saisonende aufwachen und sich für den Wechsel entscheiden, das funktioniert nicht. Einem derartigen Abgang und dem damit einhergehenden Handlungsbedarf müssen Monate an Planung gewidmet werden. Das ist selbstverständlich. Deshalb ist der Wunsch Dortmunds, sich in den nächsten Wochen final zusammenzusetzen, nur eines: völlig verständlich.
Dass sich der 21-Jährige dadurch unter Druck gesetzt fühlt, ist nicht nachvollziehbar. Und noch wichtiger: es ist auch nicht glaubhaft. Es ist noch gar nicht so lange her, dass sein Berater durch halb Europa tourte, um in Gesprächen mit den europäischen Top-Klubs abzuklopfen, wie ein etwaiger Transfer mit Verein X aussehen könnte.
Solche Reisen sind eine öffentliche Vermarktung für den Spieler. Insbesondere dann, wenn derartige Bemühungen (absichtlich) so schlecht versteckt werden, wie Mino Raiola es macht. Fotos seiner Rundreise waren überall und in kürzester Zeit zu finden.
Auch die Interviews, die Raiola bezüglich der Zukunft Haalands führt, sprechen eine im wahrsten Sinne des Wortes deutliche Sprache. Der Star-Berater nannte zuletzt sogar Vereine beim Namen, die sich am ehesten um seinen Klienten bemühen dürften. Ein solch öffentliches Vorgehen einerseits zulassen und tolerieren, andererseits beklagen, man wolle nur Fußball spielen und man fühle sich vom Klub unter Druck gesetzt - das funktioniert nicht. Das Wasser-Wein-Prinzip.
Umstände des Haaland-Interviews wirken zumindest kurios
So fehlen den Aussagen Haalands die Glaubhaftigkeit. Zumindest kurios wirkt es auch, dass diese so deutlichen Worte nach gefühlten Monaten des Schweigens so urplötzlich gesprochen wurden. Und das ausgerechnet am Mikrofon von Jan Aage Fjörtoft, seinem Landsmann und guten Bekannten der Haaland-Familie.
Fjörtoft selbst schaltet sich auch bei Twitter häufiger in Diskussionen und Berichte um den Ausnahmestürmer ein. Dass das Schweigen so plötzlich, nach einem so tollen Spiel und dann speziell bei ihm gebrochen wird, lässt die Vermutung wachsen, dass das Ganze etwas vorbereitet gewesen war. Die potenziellen Motive? Unklar.
Klar ist jedoch, dass alle Parteien daran bemüht sein sollten, hier keine Sollbruchstelle wachsen zu lassen. Haaland braucht den BVB, der BVB braucht Haaland. Mindestens bis zum Saisonende müssen beide gut harmonieren, um ihre jeweiligen Ziele zu erreichen. Gegenseitige Schuldzuweisungen, bislang nur vom Spieler an den Klub, helfen da nicht.