Bierhoff ändert seine Meinung zu Katar: "Wie konnte die FIFA die WM in dieses Land geben?"

Oliver Bierhoff
Oliver Bierhoff / Alexander Hassenstein/GettyImages
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Dass die WM 2022 in Katar stattfindet, ruft innerhalb und außerhalb der Fußballwelt große Empörung hervor. Nun hat sich Oliver Bierhoff, seit 2022 Geschäftsführer der deutschen Nationalmannschaft und insgesamt seit 18 Jahren DFB-Funktionär, kritisch zur Turniervergabe geäußert.


Bierhoff reagierte auf RTL/ntv-Recherchen, die einmal mehr die Diskriminierung sexueller Minderheiten in Katar thematisieren. Konkret danach gefragt, ob er einem Menschen aus der LGBTIQ+-Gemeinschaft zur Reise in den Wüstenstaat raten würde, antwortete Bierhoff: "Es ist schwer, es ist schwer. Ich weiß es nicht."

In seinem entfernten Bekanntenkreis gebe es eine Person aus dem arabischen Raum, die der LGBTIQ+-Gemeinschaft angehöre, schilderte der 54-Jährige. Diese Person lebe "ständig in Angst, erwischt zu werden."

"Ich meine, das Schlimme ist natürlich die gesellschaftliche Ächtung, die man da ja heraushört. Das andere ist, wenn du in deinem Leben Angst hast und dann auch noch von einer staatlichen Institution gegängelt wirst - das ist natürlich schon dramatisch", so Bierhoff weiter.

Bierhoff hat seine Meinung zur WM-Vergabe geändert

Anfangs habe der ehemalige Nationalstürmer die WM-Vergabe an die Kataris für richtig gehalten: "Auf der einen Seite habe ich am Anfang auch immer gedacht: Wem gehört der Fußball? Gehört er nur Europa, gehört er nur Südamerika - oder gehört er der ganzen Welt?"

Inzwischen sehe er die Dinge anders: "Die Welt hat sich auch verändert. Die Anforderungen, die Ansprüche sind andere, auch der Fans, der Menschen. Insofern muss man das schon berücksichtigen."

"Wie konnte die FIFA die WM in dieses Land geben?", fragt sich Bierhoff heute selbst und rückt die Vergabekriterien für das Turnier in den Fokus. Man müsse kritisieren, dass "im ersten Punkt nur vielleicht auf Stadien oder andere Punkte geachtet wurde, oder natürlich Kommerz, und nicht auf diese Aspekte wie Menschenrechte oder andere gesellschaftliche Themen". Der DFB müsse sich dafür einsetzen, dass die Vergabekriterien geändert werden und "die nächste Vergabe auch nur an Länder erfolgt, in der solche Dinge nicht passieren."

In Katar stehen homosexuelle Handlungen offiziell unter Strafe. Zwar beteuerte Emir Tamim bin Hamad Al-Thani zuletzt, dass "alle Menschen willkommen" seien (zitiert via Sportschau). Das katarische Staatsoberhaupt wies allerdings darauf hin, dass alle Besucher die Landeskultur respektieren müssen. Wie diese Aussagen in der Praxis zu verstehen sind, wird wohl erst während des Turniers deutlich werden.


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