Barça auf Abwegen - Schuld daran ist die blamable Transferpolitik

Das Gesicht der Krise: Barça-Präsident Josep Maria Bartomeu
Das Gesicht der Krise: Barça-Präsident Josep Maria Bartomeu / Quality Sport Images/Getty Images
facebooktwitterreddit

Noch heute denken Fußballromantiker an die Zeit von 2009 bis 2012 zurück. In dieser Periode spielte der FC Barcelona unter Pep Guardiola extrem anspruchsvollen, ästhetischen und überaus erfolgreichen Fußball. Auch unter Luis Enrique (2015-2018) brillierte Barça - doch davon ist heute nichts mehr übrig. Schuld daran sind vor allem schlechte Transfers. Der Verlust von Neymar wurde nie kompensiert, stattdessen haben die Klubbosse viele Millionen Euro verbrannt.

Man kann viel Geld investieren und den Kader an den richtigen Schwachpunkten ergänzen. Das gelang dem FC Liverpool nach dem Verkauf von Philippe Coutinho an den FC Barcelona. Satte 145 Millionen Euro erhielten die Reds im Januar 2018, reinvestiert wurden die Einnahmen in Abwehrchef Virgil van Dijk und Torhüter Alisson Becker. Zwei Volltreffer.

Man kann auch wenig Geld investieren und trotzdem erfolgreich sein. Jadon Sancho wechselte für eine einstellige Millionensumme zu Borussia Dortmund und wird - unabhängig davon, ob er dieses oder nächstes Jahr wechselt - über 100 Millionen Euro einbringen. Sturm-Juwel Erling Haaland kostete gerade einmal 20 Millionen Euro, auch mit ihm wird Dortmund viel Geld verdienen. Der FC Bayern hat derweil Alexander Nübel und Tanguy Nianzou ablösefrei verpflichten können, für Leroy Sané wurden knapp unter 50 Millionen Euro fällig - ohne Frage eine hohe Summe, aber weit weniger als die Hälfte, die Manchester City noch vor einem Jahr gefordert hatte.

Viel hilft eben doch nicht immer viel

Wie man sein Geld aber verbrennt und viele Spieler, die aus unterschiedlichen Gründen scheitern, für hohe Ablösesummen verpflichtet, hat hierzulande der FC Schalke 04 eindrucksvoll bewiesen. Der FC Barcelona war aber kein Deut besser. 222 Millionen Euro brachte der Transfer von Neymar zu Paris St. Germain im Sommer 2017 ein, seither wurden knapp 767 Millionen Euro in neue Spieler investiert. Die Erfolgsquote ist jedoch erschreckend gering.

Der bereits genannte Transfer von Coutinho war der teuerste und wohl schwerwiegendste Fehler. Zu keiner Zeit konnte der Brasilianer annähernd die Leistung erbringen, mit der er sich in Liverpool so attraktiv gemacht hatte. Coutinho ist ein Zehner, der auf dem linken Flügel spielen musste. Auf dieser Position verzweifelte bis zuletzt auch Antoine Griezmann, der eigentlich in der Sturmspitze zuhause ist. Auf seiner Lieblingsposition darf er seit der Umstellung auf 4-4-2 auch spielen, doch im Barça-typischen 4-3-3 blieb der 120 Millionen Euro teure Neuzugang des vergangenen Jahres so blass, dass Trainer Quique Setien ihn öffentlich abkanzelte.

265 Millionen Euro wurden demzufolge in Spieler investiert, die eine Baustelle schließen sollten, für die sie gar nicht gerüstet waren. Eigentlich würde auch erst gar kein Bedarf herrschen, wenn Ousmane Dembélé das hätte einhalten können, was nach seinem mittlerweile über 120 Millionen Euro teuren Transfer im Sommer 2017 versprochen wurde. Doch der Franzose hat mit einer Verletzung nach der anderen zu kämpfen, bringt es allein in dieser Saison nicht einmal auf zehn Einsätze.

Transfers ohne Sinn und Verstand

Fast 400 Millionen Euro wurden für falsche Versprechen ausgegeben. Indes hatten junge Spieler wie Junior Firpo, Yerry Mina oder Malcom nie eine echte Chance - nur Firpo, der vor einem Jahr für 18 Millionen Euro von Real Betis verpflichtet worden war, steht noch bei den Blaugrana unter Vertrag. Derweil wird Arthur, der Andres Iniesta ersetzen sollte, zu Juventus Turin abwandern. Für ihn kommt Miralem Pjanic. Warum ein 23-Jähriger abgegeben und ein 30-Jähriger verpflichtet wird, ist im modernen Fußball rational nicht zu erklären.

Und was ist mit Paulinho, der nach einem Jahr wieder an Guangzhou Evergrande abgegeben wurde? Oder Martin Braithwaite und Kevin-Prince Boateng, die als absolute Notnägel verpflichtet wurden?

Frenkie De Jong und Clement Lenglet sind die beiden einzigen Neuzugänge, die es verdient haben, für den FC Barcelona zu spielen. Von über 14 Neuzugängen haben nur zwei ihren Soll erfüllt. Für einen solchen Verein ist das eine erschreckend schwache Quote.

Ohne drastische Kursänderung droht eine düstere Zukunft

Dass Barça so stark von der Corona-Krise getroffen wurde, versteht sich deshalb von selbst. Auch, dass die Titelchancen in dieser Saison äußerst gering sind, ist kaum verwunderlich. In der Liga steuert Real Madrid auf die Meisterschaft zu, in der Champions League wird die Mannschaft in ihrer aktuellen Verfassung allerhöchstens bis zum Viertelfinale durchhalten und im Pokal ist bereits seit Februar Schluss. Es droht ein titelloses Jahr. Werden in der Führungsetage keine grundlegenden Veränderungen vollzogen, wird es nicht das letzte bleiben. Der FC Barcelona ist nicht mehr wiederzuerkennen.