Amine Harit auf Schalke: Häufig missverstanden und doch der Hoffnungsträger

Naldo und Michael Langer mussten Amine Harit nach dem Pokalaus trösten
Naldo und Michael Langer mussten Amine Harit nach dem Pokalaus trösten / Stuart Franklin/Getty Images
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Die letzten Wochen, die letzten Monate und das vergangene Jahr waren sehr schwer für alle Schalker - für die Fans, die Spieler und die Mitarbeiter. Auch wenn es hier und da Probleme gab, so war und ist Amine Harit doch ein Spieler, dem man (vor allem in den letzten Wochen) alles andere als fehlenden Willen und Herzblut für den Klub und die Mannschaft vorwerfen kann. Ein Kommentar.

"Problem-Profi", "Sorgenkind" oder "Teil der French-Connection". Amine Harit hat während seiner Zeit bei Schalke 04 schon so manche Negativ-Schlagzeile gefüllt, natürlich nicht immer unverschuldet oder wegen übertriebener Kritik, aber oftmals mit deutlich überzogenen Beschreibungen und Adjektiven. Auf dem Platz zeigt er sich, ganz speziell in den letzten Wochen, als einer der engagiertesten, mutigsten Spieler der Knappen. Es ist sicht- und spürbar, dass er die prekäre Lage zum Positiven wenden möchte. An dieser Stelle verdient er auch ein Sonderlob.

Das soll gar keine erneute Diskussion über den Frust vom vorigen Wochenende nach mehreren (sehr unverständlichen) Auswechslungen werden. Auch keine Debatte darüber, ob ihm der Verein wirklich am Herzen liegt oder nicht - was mit der langfristigen Vertragsverlängerung Ende 2019 (bis 2024) eigentlich längst kein Thema mehr sein sollte. Zu diesem Zeitpunkt dürfte es vor Anfragen nur so gewimmelt haben.

Dieser Text soll viel mehr ein Anlass sein, Harit als Einzelspieler lobend zu erwähnen. Vor allem seit dem Jahreswechsel zeigt sich der 23-Jährige regelmäßig außerordentlich engagiert, bietet ein intensives Spiel, in dem er in der Defensive aushilft und einige Balleroberungen zu verzeichnen hat und in der Offensive der Taktangeber beim S04 ist.

Taktgeber der Offensive, Kreativspieler und mit Ehrgeiz für Schalke: Harit hat ein Sonderlob verdient

Ohne ihn würde im Spiel nach vorne so gut wie gar nichts gehen bei Königsblau. Dass er dort nicht brillieren kann, ist auch klar. Schon häufig habe ich erklärt, dass er und die blau-weiße Offensive eine Art Symbiose bilden. Spielt man mutig nach vorne, ist er immer wieder der Akteur, der die wichtigen Akzente setzt, der Dribblings gewinnen, Räume ziehen und Schlüsselpässe spielen kann. Dass ein Spieler wie er hinten rüber fällt, wenn man primär auf die Abwehr fokussiert ist, ist logisch und keineswegs ihm anzulasten.

Dass man als Zuschauer schneller frustriert ist, wenn hier und da mal ein Dribbling nicht funktioniert und in einem Ballverlust resultiert - geschenkt. Gerade in dieser Hinsicht gilt es jedoch, das große Bild zu betrachten. Harit ist nachweislich einer der besten Dribbler der Bundesliga, die allermeisten dieser Aktionen gelingen ihm. Würde er sie nicht immer wieder versuchen, würde der Ball nur noch seltener in der gegnerischen Hälfte ankommen.

Dass auch er schlechte Spiele hat, ist alles andere als ungewöhnlich, vor allem auf die letzten zwölf Monate bezogen. Wie viele Krisen und Formtiefs hat er bei den Gelsenkirchenern schon miterlebt, seitdem er im Sommer 2017 vom FC Nantes kam? Und dennoch war er seitdem immer einer, wenn nicht gar der wichtigste Offensiv-Spieler der Mannschaft. Beim 4:0-Sieg gegen die TSG Hoffenheim war er der matchentscheidende Schalker, auch bei der bitteren 1:2-Niederlage gegen den 1. FC Köln gab er den Takt an, so auch beim Pokalaus gegen den VfL Wolfsburg am Mittwochabend.

Auch gegen Wolfsburg ging Harit mit Einsatz und Engagement voran
Auch gegen Wolfsburg ging Harit mit Einsatz und Engagement voran / Stuart Franklin/Getty Images

Die Tränen, die er nach dem Spiel vergoss während er von Naldo und Michael Langer getröstet werden musste, sind ein emotionales und wahrhaftiges Zeichen dafür, dass ihm der Verein, die Krise und die Fans alles andere als egal sind. Es ist absolut glaubhaft anhand seiner Auftritte, dass er definitiv jemand ist, der den FC Schalke wieder in die obere Tabellenhälfte und raus aus den Negativ-Schlagzeilen holen möchte. Dass er dann beim erneut ausbleibenden Erfolg genervt oder egoistisch wirken kann, ist zwar unglücklich - im Grunde aber nichts, was man ihm vorwerfen kann.

So häufig wie über ihn gemeckert, schlecht über ihn geschrieben wurde, so oft wie er verkauft werden sollte - so sehr verdient er sich dieser Tage ein Sonderlob, das die verschiedenen Aspekte aufgreift, in denen er immer wieder vorangeht. Was seinen Willen betrifft, seinen Einsatz und seine Motivation, wieder den Umständen entsprechend erfolgreich zu sein, ist er ein Vorbild für viele seiner Teamkollegen.


Autor Yannik Möller via Twitter