Thiago in Höchstform: Warum der FC Bayern eine Verlängerung dennoch hinterfragen muss
Von Florian Bajus
Thiago befindet sich in diesen Tagen in Bestform. Der spanische Strippenzieher ist aber auch einer von acht Spielern, deren Verträge beim FC Bayern im Sommer 2021 auslaufen. Laut BILD ist der Ausgang der Vertragsgespräche offen, eine Verlängerung sei ebenso im Bereich des Möglichen wie eine Trennung im Sommer. Eigentlich steht einer Zukunft an der Säbener Straße nichts im Wege, dennoch sollte die Entscheidung wohlüberlegt sein.
Er war der Wunschspieler von Pep Guardiola und gleichzeitig wohl einer der wichtigsten Transfers in der drei Jahre währenden Amtszeit des Katalanen. "Thiago oder nix", machte Guardiola, der im Sommer 2013 zum FC Bayern München wechselte und als Antrittsgeschenk Mario Götze von Borussia Dortmund erhielt, deutlich.
Im Juli 2013 bekam Pep Guardiola (l.) seinen Wunschspieler - Thiago.
Für 25 Millionen Euro sollte Thiago, ausgebildet beim FC Barcelona, wenig später tatsächlich seine Zelte in München aufschlagen. Im zentralen Mittelfeld als Fixpunkt eingeplant, überragte Thiago mit seinem herausragenden Auge für den Mann, den eleganten Pässen und Bewegungen, mit denen er sich Raum und Zeit verschaffte. Trotz zahlreicher muskulärer Verletzungen absolvierte er bis heute 220 Pflichtspiele für die Bayern, befindet sich nach schwankenden Leistungen in der Hinrunde wieder in Bestform und ergänzt sich auf der Doppelsechs wunderbar mit Joshua Kimmich.
Seit sechseinhalb Jahren ist Thiago in München, und wie in der Vergangenheit wird auch in diesen Tagen eifrig spekuliert. Verlässt er den FC Bayern, bleibt er noch ein Jahr, verlängert er sogar seinen Vertrag? Mit Blick auf die Laufzeit gäbe es wohl kaum einen Fan, der sich gegen eine Verlängerung wehren würde. Und doch tauchen hier und dort Zweifel auf, ob der mittlerweile 28-Jährige seine Karriere beim deutschen Rekordmeister fortsetzen wird.
Zurückhaltend gegen Spitzenmannschaften
Der größte Kritikpunkt, den sich Thiago seit Jahren gefallen lassen muss, ist der, dass er in großen Spielen kaum zu sehen ist, bisweilen abtaucht. Anders als im Tagesgeschäft Bundesliga, weiß er in den entscheidenden Momenten nicht ganz das Zepter an sich zu reißen und das Spiel zu dirigieren. Thiago ist weniger auffällig als es ein Xabi Alonso war, der seinerzeit die Zügel immer dann in die Hand nehmen konnte, wenn ihm danach war.
Eine erste Probe wird das Spitzenspiel gegen RB Leipzig am Sonntag (18 Uhr). Gegen den Tabellenzweiten soll der vierte Sieg im vierten Rückrundenspiel her, dafür braucht es auch einen Thiago in seiner bisherigen Verfassung. Seine Leistungen gegen Hertha BSC, Schalke 04 und Mainz 05 sind zweifelsohne in die Kategorie 'Weltklasse' einzuordnen - was er aber braucht, und was ihm auch aufgrund der Verletzungen in der Vergangenheit ein Stück weit fehlte, ist Konstanz.
Spannende Kaderplanung
Des Weiteren sorgen die Planspiele im Sommer für ein Überangebot im zentralen Mittelfeld. Einerseits wird Adrian Fein voraussichtlich vom Hamburger SV zurückkehren, andererseits visieren die Bayern-Bosse einen Transfer von Kai Havertz an. Sofern man den 20-Jährigen von einem Wechsel überzeugen kann, stehen mit ihm, Fein, Kimmich, Thiago, Corentin Tolisso, Leon Goretzka, Thomas Müller und nicht zuletzt Mickael Cuisance gleich acht Spieler im Konkurrenzkampf um drei Plätze.
Nicht ausgeschlossen, dass Fein dann erneut verliehen wird, auch bei Cuisance wäre ein Leihwechsel vorstellbar. Oder aber, wie BILD berichtet, Thiago wird bei einem passenden Angebot abgegeben.
Thiago ist ein verdienter Spieler - aber reicht das aus?
Ein Knackpunkt in den Verhandlungen könnten die Gehaltsforderungen sein. Wie es heißt, wolle Thiago zu den Spitzenverdienern aufsteigen und künftig ein Salär über ca. 15 Millionen Euro pro Jahr beziehen. Unverdient wäre das nicht, aber die Sportliche Leitung dürfte sich genau überlegen, wie eine Sprengung des Gehaltsgefüges vermieden werden kann.
Sollte Thiago wirklich auf solch eine Summe pochen, die Klubführung ihm sie aber nicht zugestehen, dürften die Weichen auf Trennung gestellt werden. Jedoch ist es kaum vorstellbar, dass einem so verdienten Spieler, der sich zu 100 Prozent mit dem Verein identifiziert und einer der wichtigsten Akteure auf dem Platz ist, keine Zugeständnisse gemacht werden. Insofern bleibt der Ausgang der Verhandlungen offen.