Todibo-Deal als "Schneider-Masterclass" - mit einem kleinen Risiko
Von Yannik Möller
Der FC Schalke 04 hat sich in Person von Sportvorstand Jochen Schneider in den Verhandlungen um Jean-Clair Todibo vom FC Barcelona durchsetzen können - am Ende steht für Königsblau ein guter Deal mit einem starken Innenverteidiger-Talent. Kleiner Wermutstropfen: Für die 25 Millionen Euro muss sich der 20-Jährige in nur einem halben Jahr zurechtfinden und beweisen können.
Am Mittwochabend um 20:00 Uhr war es endlich offiziell: Schalke leiht Jean-Clair Todibo für die am Freitagabend startende Rückrunde aus. Damit reagiert der Verein auf die noch länger fehlenden Akteure Benjamin Stambouli und Salif Sané.
Je nachdem, wie lange die beiden tatsächlich noch ausfallen, und in welcher Form sie danach zurückkehren, wäre man mit Ozan Kabak und Matija Nastasic ein quantitatives Risiko eingegangen. Todibo schließt diese Lücke nicht nur, er wird die Defensive verstärken.
Schalke hat für die Rückrunde ausgesorgt: Innenverteidigung quantitativ wie qualitativ top besetzt
Der 20-Jährige gilt als sehr großes Talent in der Innenverteidigung. Zusammen mit Kabak hat man nun zwei potenzielle Superstars im Kader, so euphorisch das auch klingen mag. Zuletzt hatte man sich aufgrund der länger andauernden Verhandlungen mit Barcelona gefragt, ob sich Jochen Schneider an der geforderten Kaufoption die Zähne ausbeißen wird.
Seit gestern Abend weiß man: Er ist standhaft geblieben und sogar als "Sieger" aus den Gesprächen hervorgegangen. Die 1,5 Millionen Euro an Leihgebühr sind für die nächsten Monate gut investiertes Geld.
Blickt man auf die weiteren Details der Leihe, kommt man zunächst ins Stocken: Schalke kann Todibo, wenn man möchte, im Sommer für 25 Millionen Euro fest verpflichten. Auf den ersten Blick eine Summe, die man nicht zuletzt aufgrund der sonstigen, sich zum Sommer aufzeigenden, Baustellen sicher nicht zahlen kann. Die Krux dahinter: Die Knappen sind im Sommer in der Innenverteidigung personell wie qualitativ sehr gut aufgestellt. Sané, Nastasic und Kabak sind langfristig an den Verein gebunden, der Vertrag mit Stambouli wird vermutlich verlängert werden.
Heißt im Klartext: Sollte einer der Verteidiger wechseln, oder ein anderer Verein einen verpflichten wollen, so kann man das sportlich gesehen guten Gewissens eingehen. Mit einer potenziellen Ablösesumme für beispielsweise Sané oder Nastasic wird man die Kaufoption von Todibo aktivieren können, und vermutlich noch etwas übrig haben. So hätte man den Posten dann direkt ersetzt, verjüngt und langfristig gehandelt.
Hinzu könnten Abgänge und Gehaltseinsparungen von Nabil Bentaleb, Sebastian Rudy, Steven Skrzybski und anderen Reservisten kommen.
Kaufoption für Todibo birgt auch kleine Risiken
Wenn man über die mögliche Verpflichtung Todibos nachdenkt, muss man aber auch die etwaigen Nachteile oder Schwierigkeiten bedenken. Auch wenn er ein großes Talent ist, muss man auch festhalten, dass er erst 20 Jahre alt ist, und zudem erst eine Handvoll Profi-Spiele absolviert hat. Er ist also kein eingespielter Profi, bei dem man automatisch davon ausgehen kann, dass er direkt einschlägt.
David Wagner hat schon bei Juan Miranda (der ebenfalls von Barca kam) gezeigt, wie lange es seiner Meinung nach dauern kann, bis ein junger Leihspieler zu Einsätzen kommt. Auch Miranda wird in Spanien hoch gehandelt - ob er ohne die Verletzungsmisere zum Ende der Hinrunde bei S04 überhaupt zum Einsatz gekommen wäre, ist fraglich.
Natürlich ist es auch schwer, sich über etwa fünf Monate ein grundlegendes und ausgereiftes Bild von einem so jungen Spieler zu machen - umso schwieriger, sollte er nicht regelmäßig spielen. Dahingehend birgt die Kaufoption, vor allem aufgrund der Höhe, die Gefahr, sich zu verschätzen. Auch ein Nabil Bentaleb und ein Yevhen Konoplyanka haben während ihrer Leihe (jeweils ein Jahr) einen so guten Eindruck gemacht, dass man sie anschließend verpflichtete. Ihre Geschichte auf Schalke braucht man nicht nochmal zu erzählen.
Arbeit von Schneider und Reschke überzeugt bislang - Risiko eines Todibo-Flops sehr gering
An dieser Stelle kommt aber auch wieder die positive Wendung, geschaffen durch Jochen Schneider und auch Kaderplaner Michael Reschke. Das Risiko, dass sich Todibo im Nachhinein als "Flop" herausstellt, ist sehr gering. Durch ihre gute Arbeit, den frühen Kontakt, sowie die guten Verhandlungen erscheint es schwer vorstellbar, dass man aus diesem Leihgeschäft doch noch als Verlierer herausgehen kann.
Der Spieler hat ein enormes Talent und er hat schon bewiesen, dass er sich schnell woanders zurechtfinden kann. Wenn er performt, hat S04 über die Rückrunde für wenig Geld eine tolle Verstärkung gehabt und kann im Sommer sogar einen Abgang sehr gut kompensieren. Tut er das nicht (nochmal: was unwahrscheinlich ist), dann geht er wieder nach Spanien und Schalke arbeitet mit der auch so starken Innenverteidigung weiter.
Der Weg, den allen voran Schneider bislang geht, scheint der absolut richtige zu sein. Seine Entscheidungen und Planungen, sowohl was den Kader, als auch was die allgemeine Ausrichtung (Arbeit mit vielen jungen Spielern) betrifft, haben bisher Hand und Fuß. Das, was man unter den S04-Fans schon teilweise als "Schneider-Masterclass" bezeichnet, wurde im Falle Jean-Clair Todibo wohl erneut unter Beweis gestellt. Sachliche, ruhige und auf die Zukunft ausgerichtete Handlungen. Zu toppen wäre dies aktuell wohl nur noch, wenn man es schafft, dass Jonjoe Kenny noch mindestens ein weiteres Jahr bleibt.
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