FC Bayern: Die Lehren aus der Pleite gegen Leverkusen

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Gegen Bayer Leverkusen erlitt der FC Bayern München den ersten Dämpfer unter Hans-Dieter Flick. Die ​1:2-Niederlage gegen die Werkself hatte allerdings weniger mit Unterlegenheit als mit der eigenen Chancenverwertung zu tun. Die Worte von Karl-Heinz Rummenigge bei den Fanclub-Besuchen am Sonntag trafen den Nagel auf den Kopf.

In der Allianz Arena gewinnt man als Gastmannschaft nicht alle Tage. Das wusste Peter Bosz bereits vor Spielbeginn, obwohl der Trainer von Bayer Leverkusen noch kein einziges Mal ein Auswärtsspiel gegen den FC Bayern bestreiten musste. Doch überraschend siegte die Werkself dank ihrer Effizienz vor dem Tor von Manuel Neuer und einer mannschaftlichen Geschlossenheit gegen den Ball mit 2:1. 

Erschreckend schwache Chancenverwertung

In einem laufintensiven Spiel, in dem die Leverkusener rund 124 Kilometer abspulten, kam nicht zuletzt auch Lukas Hradecky eine große Rolle zuteil. Der Finne, ​der die er​ste Halbzeit mit einer verlorenen Kontaktlinse beenden musste, erwischte einen Sahnetag und vereitelte die Torschüsse und Flanken der Münchner, sofern sie in Reichweite kamen. War Hradecky geschlagen, so vergab der Rekordmeister aus aussichtsreichen Positionen: Mehrmals stand der Pfosten im Weg, Robert Lewandowski vergab zwei hundertprozentige Chancen, Serge Gnabry wirkte zu verspielt. Allen Beteiligten beschlich das Gefühl, dass der Ball an diesem Tag - abgesehen vom zwischenzeitlichen Ausgleich durch Thomas Müller in Minute 34 - einfach nicht ins Tor wollte.  

"Wir sind mit den Chancen leichtfertig umgegangen", haderte Flick auf der Pressekonferenz nach dem Spiel, "es ist ärgerlich, nach so einem Spiel ohne Punkte dazustehen." Trotz 23:11 Abschlüssen ging der FC Bayern als Verlierer vom Platz, ohne einem gut aufgelegten Neuer hätte die Niederlage sogar höher ausfallen können. 

Leverkusens Tempo machte Bayern zu schaffen

Denn die Werkself durfte sich über 90 Minuten zahlreiche Konter erspielen. Von den schnellen Umschaltmomenten wurden die Bayern ein ums andere Mal überrumpelt. Die meisten Angriffe wurden über Leon Bailey und Moussa Diaby initiiert, um die Geschwindigkeitsdefizite der Defensive auszunutzen. Das gelang nicht nur bei den beiden Toren. Nach dem Seitenwechsel hatten Diaby und Nadiem Amiri die besten Chancen auf eine Vorentscheidung, doch Neuer brillierte wie sein Gegenüber Hradecky. 

Matchwinner Leon Bailey: Mit seinem Doppelpack leitete der Angreifer den Sieg über Bayern ein.

Es war aber grundsätzlich kein schlechtes Spiel der Bayern, die sich nichtsdestotrotz gegen aggressive Leverkusener zwischenzeitlich sehr schwer taten. Die Gäste schotteten Anspielstationen im zentralen Mittelfeld ab und forcierten den Spielaufbau über die Außenverteidiger, die sich bei Ballbesitz mindestens zwei Gegenspielern ausgesetzt sahen. Einige Male durfte Joshua Kimmich auf der Sechs wiederum gefährliche Bälle spielen und Angriffe initiieren; und in der gegnerischen Hälfte waren die Hausherren alles andere als gelähmt.

Ein Schritt in die richtige Richtung

Auch wenn Lewandowski gemeinsam mit Gnabry nicht den besten Tag erwischte: die Vielzahl an Chancen, die sich die Mannschaft erspielte, spricht klar für die Arbeit von Flick. Das einzige Manko war die Chancenverwertung. Bayer-Trainer Bosz wusste deshalb genau, wie er diesen Sieg einzuordnen hatte (via Sky): "Heute haben wir sehr, sehr viel Glück gehabt. Wir haben gegen eine wirkliche Top-Mannschaft gespielt. Wir haben gegen Juventus [Turin] und Atlético [Madrid] gespielt, aber nie waren wir so unter Druck wie heute."

Gut gespielt und doch verloren - deshalb verglich Karl-Heinz Rummenigge das Topspiel vom Samstag mit einem Unentschieden gegen Leverkusen unter Pep Guardiola. "Es gibt so Spiele, da ist das Tor wie vernagelt. Aus Erfahrung weiß ich: Die Spielqualität ist das wichtigste", sagte der Vorstandsvorsitzende beim Fanclub-Besuch am Sonntag (zitiert via BILD). "Wir hatten 2013, als Pep Guardiola Trainer war, ein Spiel in Leverkusen. Das Spiel endete 1:1 und wir hätten eigentlich 7:1 gewinnen müssen. Die Spieler saßen angesäuert in der Kabine. Dann kam Pep als Letzter rein und sagte: 'Herzlichen Glückwunsch'. Alle haben sich verdutzt angeschaut. Und dann sagte er: 'Das war das beste Spiel, seit ich hier Trainer bin. Die nächsten zehn Spiele gewinnen wir alle.' Und wir haben alles weggeputzt, weil die Mannschaft einfach diesen Glauben hatte und diese Spielqualität."

Karl-Heinz Rummenigge wirkt zu einhundert Prozent von Hansi Flick überzeugt.

Nun wolle man "eine Serie starten", um "ein Zeichen" an die Konkurrenz zu setzen. "Man muss klar sagen: Wir spielen heute einen viel besseren Fußball als noch vor Wochen", schwärmte Rummenigge. "Das ist ein großer Verdienst von Hansi Flick." Im kicker-Interview sang auch Jupp Heynckes ein Loblied auf den Übergangstrainer und erklärte, Flick sei ​"prädestiniert für die Aufgabe als Cheftrainer."

Feuerprobe in Mönchengladbach

Nichtsdestotrotz wurde am Samstag offensichtlich, welche Hürden die Mannschaft noch überwinden muss. Die nächste ist das Auswärtsspiel beim Spitzenreiter aus Mönchengladbach, der beim 4:2-Erfolg über den SC Freiburg eindrucksvoll unter Beweis stellte, wieso in dieser Saison mit den Fohlen zu rechnen ist. Will man im Borussia-Park bestehen, muss die Konterabsicherung besser greifen und die Effizienz vor dem gegnerischen Tor wieder stimmen. In jedem Fall steht ein echtes Spitzenspiel auf dem Programm.