Basisdemokratie in Freiburg: Christian Streich ließ seine Spieler die Taktik in Leverkusen bestimmen
Von Guido Müller

Dass der SC Freiburg kein gewöhnlicher Bundesliga-Klub ist, wissen wir ja alle schon seit längerem. Irgendwie scheinen die Gesetze des Profi-Fußballs in diesem idyllischen Landstrich am Schwarzwald wenn schon nicht außer Kraft gesetzt, so aber doch so weit aus den Hangeln gehoben, dass etwas neues, schönes, harmonisches dabei herauskommt. Falls es noch eines weiteren Beispiels bedurft hätte: Christian Streich hat es am vergangenen Samstag gegeben.
Da spielten seine Freiburger Jungs nämlich gerade in Leverkusen. Und zwar recht erfolgreich. Nach der frühen Führung durch Höler (in der 5. Minute) wurden sie zwar im Laufe der ersten Halbzeit von den Bayer-Kickern ziemlich an die Wand gespielt, doch mehr als den Ausgleich durch Diaby in der 36. Minute musste die Streich-Elf nicht hinnehmen.
Vielleicht auch deshalb, weil der Trainer während der Halbzeitpause Basisdemokratie walten ließ. Statt den Spielern die übliche Analyse der ersten 45 Minuten darzustellen und sie mit den erforderlichen Maßgaben für die zweite Halbzeit aufs Feld zu schicken, ließ er sie selbst darüber abstimmen, mit welchen taktischen Mitteln sie sich dem offensivstarken Gegner in Durchgang zwei entgegenstellen wollten.
Basisdemokratie in der Freiburger Kabine
"Wir sind so weit, dass wir so Sachen zusammen besprechen können. Es geht ja darum, was siehst du von außen und wie fühlt's sich innen an", erklärte Streich nach der Begegnung gegenüber der Bild-Zeitung die außergewöhnliche Maßnahme.
Nur konsequent. Denn Christian Streich lässt schon seit geraumer Zeit keinen Zweifel darüber aufkommen, dass eines der großen Erfolgsgeheimnisse der Breisgauer darin liegt, Spieler mit einer hohen Sozialkompetenz zu verpflichten. Also die Sorte Fußballer, die nicht in allererster Linie an sich und ihre Verträge denkt, sondern bereit ist, sich solidarisch in die Gruppe einzufügen und eigene Interessen hintanzustellen. Nur wenn du eine aus solchen Typen formierte Mannschaft hast, kannst du es dir als Trainer auch mal leisten, etwas von deiner Autorität abzugeben.
Der anschließende Satz von Streich verkörpert diese Denkweise nahezu perfekt: "Die Spieler müssen sich wohlfühlen. Bei uns ist das normal."
Und doch so anders, als bei den meisten Konkurrenten.