Bayer 04 und die Transferplanung - Differenzen zwischen Transfers und Realität

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Die Tendenz bei Bayer 04 Leverkusen zeigt wieder nach oben. Nach zuletzt dürftigen Spielen feierte man gegen Atletico Madrid und den ​VfL Wolfsburg zwei wichtige Siege. Mit Rückblick auf die vergangenen Monate und den vielen englischen Wochen wird bei der Werkself allerdings etwas deutlich: Die Leverkusener Transferpolitik ist nicht auf das Mannschaftssystem abgestimmt.

Im vergangenen Sommer investierte Bayer 04 fast 60 Millionen Euro in neue Spieler. Mit Daley Sinkgraven, Moussa Diaby, Nadiem Amiri und Königstransfer Kerem Demirbay verstärkte sich die Werkself qualitativ wie auch quantitativ. In den Sommern davor wurden unter anderem Paulinho und Panagiotis Retsos verpflichtet. Das Credo unter dem Bayerkreuz ist klar: Jung und talentiert sollen die Bayer-Profis sein.

Zudem wurde während der ersten Sommervorbereitung unter Bosz die Kaderbreite hervorgehoben. Mit Hinblick auf die Dreifachbelastung der kommenden Saison wollte man dem Niederländer einen großen Spielerpool anbieten, damit der Kader durchmischt und Spieler geschont werden können. Im Grunde keine nennenswerte Sache, da dieses Prinzip üblich und absolut sinnvoll ist. 

Wozu Kaderbreite, wenn sowieso immer dieselben spielen?

Doch genau hier spaltet sich die Realität von der Planung. Unter Bosz gibt es - trotz der hohen Spielerbelastung - keine Rotation, auch wenn der Trainer den gewünschten breiten Kader zur Verfügung hat. Paradebeispiel war die vergangene Woche mit den Spielen gegen ​Borussia Mönchengladbach, Atletico Madrid und ​VfL Wolfsburg.

Innerhalb dieser Spiele gab es in der Leverkusener Startelf lediglich zwei Wechsel, beide zwischen den Partien gegen Gladbach und Madrid (Aranguiz für Baumgartlinger; Amiri für Alario). Nach dem Atletico-Spiel verzichtete Bosz sogar komplett auf Veränderungen und stellte exakt dieselbe Elf gegen Wolfsburg auf.

Zugegeben, der Trainer ist nunmal der Boss der Aufstellungen und darf seinen Überlegungen entsprechend die Mannschaft aufbauen. Und im Falle der letzten Woche gibt der Erfolg dem Niederländer auch recht. Doch für mich ist es etwas fragwürdig, warum man sich im Sommer so kostspielig und breit aufgestellt hat, wenn man während der Saison nur einen Bruchteil dessen abruft.

Jede Mende Potenzial verschimmelt auf der Bank

Mit Diaby, Paulinho und Retsos etwa sitzen satte 50 Millionen Euro Ablöse dauerhaft auf der Bank, während die etablierten Kräfte auf dem Platz im Laufe der Saison ausgepowert schienen. Dass man aber genau aus diesem Grund auf die hochwertige Bank konsequent zugriff, kam bei Leverkusen irgendwie keinem in den Sinn.

Dass ein Paulinho keine Alternative für den merklich schwächelnden Kai Havertz ist - verwunderlich. Dass ein Diaby, der vergangene Saison nicht wenige Spiele für Paris Saint-Germain absolvierte, bisher nur sechs Einsätze verbucht - irrwitzig. Dass ein Retsos kein Konkurrent für die teils heftig kritisierten Wendell, Mitchell Weiser oder Jonathan Tah sein soll - fragwürdig.

Zudem zeigt etwa das ​Dilemma um Demirbay, dass man nicht immer passend für das System einkauft. Der Nationalspieler ist unumstritten ein klasse Spieler, tut sich allerdings weiterhin mit dem System in Leverkusen schwer, da in Boszs Aufstellungen selten Platz ist für einen Spielertypen wie eben Demirbay. Die Folge: er hängt durch.

Im Grunde lässt sich also die Transferpolitik von Bayer 04 so beschreiben: Es werden sehr sehr gute Transfers getätigt, die jedoch nicht selten auf der Bank versauern.

Es ist ärgerlich und macht stutzig, wenn gute und motivierte Spieler, wie etwa auch Joel Pohjanpalo oder Lucas Alario, die meiste Zeit auf der Bank versauern. Das Geld, welches man in diese Spieler investiert hat, hätte man sich auch sparen können, da sie sowieso nicht spielen. In Leverkusen erkennt man in punkto Kaderplanung kein System mehr, keine Idee und vor allem erlebt man kein Vertrauen. Man kann nur hoffen, dass irgendwann der Knoten platzt, da vielen Fans inzwischen die wartenden Bankdrückern sehr Leid tun.