Bayer 04: Wohin mit Kerem Demirbay?
Mit seinem Transfer klopfte Bayer 04 Leverkusen bei den Großen an. Für satte 32 Millionen Euro verpflichtete Leverkusen im vergangenen Sommer den Mittelfeldspieler Kerem Demirbay. Der Nationalspieler sollte das Spiel der Werkself nachhaltig prägen und an seine guten Leistungen in Hoffenheim anknüpfen. Einige Monate später ist man auf beiden Seiten etwas ernüchtert über die Zusammenarbeit, vor allem in den sozialen Netzwerken wird Demirbay teilweise heftig kritisiert. Aber warum?
Zuerst einmal, ja, die Ablösesumme für den 26-Jährigen kann man als zu hoch betiteln. Ob Leverkusen nun wirklich über 30 Millionen Euro für solch einen Spieler hätte zahlen müssen, sei daher dahingestellt. Aber das Geld ist weg, überwiesen an die TSG 1899 Hoffenheim. Und Demirbay ist nun in Leverkusen. Der Transfer ist durch, daher sollte man sich nicht mehr von der Ablöse blenden lassen.
Demirbay ist kein Ersatz für Julian Brandt!
Der Mittelfeldstratege besitzt unumstritten eine besondere Klasse. Demirbay kann ein Spiel wahrlich leiten. Mit klugen Pässen, einem guten Auge und Organisationstalent war der gebürtige Hertener stark am guten Abschneiden der TSG in den vergangenen Jahren beteiligt. Zudem mauserte er sich zum zweimaligen Nationalspieler Deutschlands - auch wenn Demirbay seit Sommer 2017 auf eine weitere Berufung wartet.
In Leverkusen sollte Demirbay - auch wenn sein Transfer zuvor fixiert wurde - den Abgang von Julian Brandt auffangen. Allerdings vergleicht man hier Äpfel mit Birnen. Während Brandt offensiv wirbelt ist, ist Demirbay vielmehr ein Mann für das Aufbauspiels. Von ihm also schnelle Sprints, Strafraumaktionen und Tore zu fordern, ist unsinnig.
Die Frage nach dem passenden System...
Doch damit Demirbay seine Stärken im Aufbau ausspielen kann, benötigt er die richtige Position im Spiel. Oft kam der Neuzugang bisher als Teil der Doppel-Sechs im Mittelfeld zum Einsatz, meist als Partner von Julian Baumgartlinger. Hier wirkte der Spieler allerdings stark gehemmt, die Arbeit als defensiver Mittelfeldspieler fiel ihm merklich schwer. Durch defensive Aufgaben konnte er sich zudem nicht auf seine Stärken konzentrieren. Die Folge: Demirbay hängt durch.
Problematisch an den Spielsystemen von Bayer-Trainer Peter Bosz ist die Tatsache, dass Demirbay sich am liebsten auf der Position des Achters wiederfindet. Unter Bosz gibt es allerdings keinen richtigen Achter. Entweder spielt eine Doppelsechs (4-2-3-1) und/oder eine oder mehrere Zehner (3-2-4-1, 4-1-4-1, 3-2-3-2). Mal sind die Positionen also zu offensiv, mal zu defensiv für den Spieler.
Daher sollte man die Leistungen von Demirbay mit Bedacht kritisieren. Auf ungewohnten Positionen die erforderten Leistungen zu bringen, ist schwieriger als man ahnt. Als bestes Beispiel dient aktuell Julian Brandt beim BVB. Der 23-Jährige zeigte in Leverkusen, dass er sich als Spielgestalter auf der Zehn am wohlsten fühlt. Als Brandt nun beim BVB wieder auf dem Flügel zum Einsatz kam, ging die Formkurve steil nach unten.
Aus diesem Grund sollte man bei Demirbay abwarten, wie und wo sich der Spieler seine Position auf dem Feld sucht. Dass man versucht, den Spieler etwas umzuschulen, ist genauso eine Option wie eine Anpassung des Systems an die Fähigkeiten Demirbays. Ersteres wäre allerdings ein längerfristiges Projekt, da jede Position andere Anforderungen hat.
Optimal für Demirbays Spielverständnis wäre etwa das System, welches Borussia Mönchengladbach momentan spielt. Im 4-1-2-1-2 wäre Demirbay wie maßgeschneidert geeignet für eine der zwei äußeren Achter im Mittelfeld. Auch in einem 5-3-2 wäre Platz für einen Spieler wie ihn. Beide Formationen wurden unter anderem bei der TSG gespielt, in deren Startelf Demirbay gesetzt war.
Duo Aranguiz und Demirbay mit Zukunftspotenzial
Am Mittwochabend allerdings gab es auch eine andere Option. Im 4-2-3-1 gegen Atletico Madrid spielte Demirbay abermals auf der Sechs, hatte mit Charles Aranguiz allerdings die Pferdelunge schlechthin neben sich. Der Chilene schlug sich mit defensiven Aufgaben herum und schaffte es, Demirbay von seinen defensiven Aufgaben so weit es geht zu entlasten. Dadurch konnte dieser etwas weiter nach vorne rücken und sich auf seine Rolle als Spielgestalter konzentrieren. Diese Rollenverteilung funktionierte, am Ende gewann Bayer mit 2:1.
Im Endeffekt war Demirbay bisher also eher ein Opfer des Systems, als dass seine schlechten Leistungen allein durch ihn verantwortet wurden. Natürlich sollte ein Spieler auf diesem Niveau überall eine gewisse Grundstärke innehaben, allerdings darf man die Rolle der Position nicht unterschätzen. Gut vorstellbar ist es, dass sich das Mittelfeldduo Aranguiz und eben Demirbay festspielt. In diesem Fall hat Letztgenannter die Chance, seine Stärken zu zeigen und der Mannschaft eben zu helfen. Sicher kann man jedenfalls sein, dass sich der Kauf von Kerem Demirbay auf jeden Fall noch lohnen wird!