Niko Kovac: Der, der nie eine wirkliche Chance bekam

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Es wird immer wahrscheinlicher, dass Niko Kovac nicht mehr lange als Trainer bei Bayern München agieren wird. Dieses Szenario wird immer sinnvoller - tut aber trotzdem auch weh. Ein Fan-Kommentar.

​Viel ist verloren gegangen beim ​FC Bayern. Die Ergebnisse mögen stimmen, aber es herrscht allgemeiner Konsens darüber, dass früher etwas anders war. Das oft zitierte Selbstverständnis fehlt, die Mentalität, dieses "wir gewinnen das Spiel und der Gegner hat dabei absolut kein Mitspracherecht" - es war schon größer. Und immer mehr ins Zentrum rückt dabei vor allem einer: Niko Kovac.

Kovac kann einem Fan leidtun

Und er kann einem irgendwie leidtun. Dieser Trainer, den wohl jedes Bundesliga-Team auf Händen tragen würde. Dieser Trainer, der grundsympathisch wirkt - fast schon kumpelhaft. Dieser Trainer, der die erfolgreiche Zeit von ​Eintracht Frankfurt eingeläutet hatte. Dieser Trainer, der beim Rekordmeister immer mehr scheint, als wäre er ein Fremdkörper. Die Mannschaft zeigt sich zunehmend ideenlos, das Pokalspiel gegen den auch nicht gerade im Formhoch steckenden VfL Bochum war ​fast schon erschreckend. Es scheint, als würde auch die Mannschaft nicht mehr alles für ihren Coach geben wollen. Doch das - wahrscheinlich zurecht kritisierte - Fehlen eines wirklichen Konzepts, einer Spielphilosophie, die zum Verein passt, ist das eine. Das andere ist der Anstand, seinem Trainer den Rücken freizuhalten.

Die ersten Spiele unter Kovac waren nämlich eines: sehr stark. Siegesserie, ein In-den-Himmel-Loben der neuen Verpflichtung auf der Trainerbank. Dann folgte eine erste Formkrise im Herbst 2018, die Kritik wurde immer lauter. Was die Verantwortlichen lernen müssten: Auch der ach so stolze FC Bayern kann mal schwächeln. Karl-Heinz Rummenigge hingegen zählte Kovac öffentlich an, es ist kein Geheimnis, dass der Kroate als Wunschkandidat Hoeneß' gilt. 

Dass man im Umbruch auch mal eine Saison ohne Meisterschaft riskieren könne - vergessen. Sogar Lisa Müller fand es nötig, öffentlich gegen den Coach zu schießen, das Gespött war groß. Trotz alles Gegenwindes fingen sich Kovac und seine Truppe wieder, auch dank des ​Dortmunder Unvermögens wurden neun Punkte aufgeholt, man gewann das Double. Was bei "meinem" FC Bayern leider genau gar nichts zählt. Eine Stunde Fahnenschwenken auf dem Marienplatz und passt schon. 

Kovac sollte sich als Blitzableiter zu schade sein

Die schlechte Stimmung gegen Kovac aber blieb, jedes Spiel ohne drei Punkte (oder auch jedes Spiel, in dem nicht brilliert wurde) wurde ein Spiel, nach dem in den sozialen Netzwerken der Ruf nach seinem Rauswurf lauter wurde. Für völlig berechtigte Aussagen bezüglich der gewünschten Verpflichtung von Leroy Sané wurde er ​von den Klubbossen zusammengefaltet. Sicher machte auch Kovac nicht alles richtig, so trug etwa die öffentliche Demontage von Thomas Müller (der zwar von den Fans auch heftigst kritisiert wird) sicher nicht dazu bei, die Stimmung zu entschärfen. Doch Sündenbock für alles, Blitzableiter für Spannungen in der Führungsebene, das ist Kovac einfach nicht. Das ist mehr als nur ungerechtfertigt, dafür sollte er sich zu schade sein.

Und so langsam glaube ich - obwohl es mir fast schon im Herzen schmerzt - dass es besser wäre, wenn Kovac beurlaubt werden würde. Und ich möchte ihm ein "Tut mir Leid, so ist der FC Bayern nicht!" entgegen schreien. Doch ich muss mir eingestehen: Ich würde mich selbst belügen. Denn der FC Bayern ist leider so.