Real Madrid und Luka Jovic: Es läuft einfach noch nicht
Von Florian Bajus
Für einen kurzen Moment glaubte Luka Jovic im Heimspiel von Real Madrid gegen CA Osasuna, sein erstes Tor für die Königlichen erzielt zu haben. Nur wenige Augenblicke später folgte die Ernüchterung: Der Serbe befand sich in einer Abseitsstellung, das Tor wurde annulliert. In einer Tabelle der Marca, in der aufgelistet wird, welcher Stürmer nach wie vielen Tagen, Spielen und Spielminuten sein erstes Tor für Real erzielte, fällt Jovic immer weiter zurück. Noch läuft es für den jungen Torjäger überhaupt nicht nach Plan.
In der Saison 2018/19 elektrisierte Luka Jovic nicht nur die Bundesliga, sondern auch Europa. 17 Tore erzielte der 1,82 Meter große Mittelstürmer in der Bundesliga, 10 weitere Male traf er in der Europa League, wo er in 9 von 14 Spielen mindestens ein Tor erzielte. Bayern München, Barcelona, Real Madrid - die ganz Großen wurden mit Jovic, der auf einmal als vermutlich größtes Sturmtalent Europas galt, in Verbindung gebracht.
Entsprechend teuer wurde der Transfer in die spanische Landeshauptstadt. 60 Millionen Euro flossen an Eintracht Frankfurt, rund 30 Prozent - also 18 Millionen Euro - sollen laut eines im April erschienenen Berichts der BILD an Ex-Klub Benfica Lissabon geflossen sein.
Rentiert hat sich das Millionengeschäft noch nicht. Hinter Karim Benzema ist Luka Jovic nur die Nummer zwei im Sturm, kommt auf 218 Einsatzminuten in sieben Spielen. Das Ergebnis: 0 Tore. Gemeinsam mit Eden Hazard, der für 100 Millionen Euro vom FC Chelsea nach Madrid wechselte, entpuppte er sich bislang als 160-Millionen-Euro-Missgeschick.
Gegen den FC Granada (4:2) erzielte Hazard vor einer Woche endlich sein erstes Tor, bereitete im Anschluss das zwischenzeitliche 3:0 durch Luka Modric vor. Jovic blieb über 90 Minuten auf der Bank, ging wieder einmal leer aus.
Das erste Blatt rechnet mit Jovic ab
Die Kritik, die in den spanischen Medien ertönt, wird immer härter. Jovic, schreibt die Marca, habe "noch überhaupt nichts vor dem gegnerischen Tor gezeigt", sei "die am wenigsten produktive Verpflichtung im Sturm der vergangenen Jahre." Seit 63 Tagen, 7 Spielen und 218 Minuten warten die Madridista auf ein Tor des 21-Jährigen, nach der Länderspielpause wird Jovic langsam aber sicher treffen müssen.
In einer Tabelle, in der ausschließlich Mittelstürmer gelistet werden, liegt Jovic in seinem Bestreben, das erste Tor für Real zu erzielen, auf Rang 13 von 16. Oben an der Spitze thront Brasiliens Sturmlegende Ronaldo mit einem Tag, einem Spiel und einer Minute, Cristiano Ronaldo belegt mit einem Tag, einem Spiel und 34 Minuten Rang vier.
Jovic liegt mittlerweile hinter Ruud van Nistelrooy, sollte er am kommenden Samstag gegen RCD Mallorca nicht nach wenigen Sekunden treffen, wird er auch hinter Benzema zurückfallen. Der Franzose benötigte 219 Minuten, allerdings nur 22 Tage und 3 Spiele.
Gut Ding will Weile haben
Die Durststrecke von Luka Jovic zeigt: Nicht jedes junge Talent überzeugt sofort in einer neuen Umgebung. Man darf nicht vergessen, dass er noch ein junger Spieler ist und in der Saison 2017/18 nur neun Mal von Niko Kovac in der Bundesliga für die Startelf nominiert wurde. Im ersten Jahr unter Adi Hütter hat alles gepasst, das Momentum war über weite Strecken auf Seiten der Frankfurter. Nach dem euphorisierenden Triumph im DFB-Pokal wurde die Mannschaft von den Fans durch halb Europa getragen, im Sturm verstanden sich Sebastien Haller, Ante Rebic und Luka Jovic blind.
Ohne die beiden Sturmpartner tut sich Jovic, der im 4-3-3 von Zinedine Zidane als einzige Spitze aufläuft, schwer. Es ist eine nicht zu unterschätzende Umstellung, von einem Verein wie Eintracht Frankfurt zu einem erfolgsverwöhnten Klub wie Real Madrid zu wechseln. Real ist ein Klub der Superstars, der sich eine Saison wie die vergangene nur äußerst selten erlauben darf. Der Druck, mit dem Jovic lernen muss umzugehen, ist ein völlig anderer als in Frankfurt, wo er sich in Ruhe entwickeln konnte. In Madrid muss er funktionieren; ob er das auch kann, wird sich zeigen. Womöglich löst das erste Tor den Knoten, vielleicht aber haben sich die Verantwortlichen auf ein falsches Versprechen eingelassen.