Hoeneß erklärt seinen Rückzug: "Ich wollte das selbst entscheiden"
Von Florian Bajus
Am Donnerstag wurde die Entscheidung offiziell: Uli Hoeneß wird bei der Jahreshauptversammlung am 15. November nicht erneut für das Präsidentenamt des FC Bayern München kandidieren und seinen Posten als Aufsichtsratsvorsitzender aufgeben. Auf einer Pressekonferenz am Freitag beantwortete der 67-Jährige die wichtigsten Fragen über seinen Rückzug.
Nach 40 Jahren im Rampenlicht wird Uli Hoeneß die große Fußballbühne verlassen. Seine Entscheidung, wie er am Freitag erklärte, habe er "nicht sehr kurzfristig getroffen", sondern über lange Zeit reifen lassen: "Im Laufe des letzten Jahres habe ich angefangen darüber nachzudenken", berichtet Hoeneß. "Meine Familie, speziell meine Frau, hat mich natürlich relativ lange beim Frühstück daran erinnert, dass sie auch mehr Zeit mit mir verbringen wollte. Das war immer wieder mal im Hinterkopf."
Pfiffe der Fans und Differenzen mit Rummenigge nicht ausschlaggebend
Ein weiterer Punkt seien die Pfiffe und Buhrufe der Fans gegen seine Person bei der Jahreshauptversammlung im vergangenen Jahr. Ein ausschlaggebender Punkt sei der Unmut der Fans aber nicht gewesen, viel mehr habe es sich um einen "Denkanstoß" darüber gehandelt, wie und ob der Klub ohne ihn funktionieren würde.
Anders als von Edmund Stoiber vor wenigen Tagen berichtet, seien Meinungsverschiedenheiten mit Karl-Heinz Rummenigge ebenso wenig von entscheidender Bedeutung für seinen Rückzug. Die Beziehung zu dem Vorstandsvorsitzenden, der sein Amt zum 31. Dezember 2021 niederlegen wird, sei von einer "Diskussionskultur" geprägt, die er "für dringend notwendig" erachtet. "Es ist richtig, dass es in der ein oder anderen Sachfrage unterschiedliche Auffassungen gab. Das war die letzten zehn Jahre so, dass wir in gesunden Diskussionen, in denen es im Raum etwas lauter wurde, Auseinandersetzungen hatten. [...] Aber Sie glauben doch nicht, dass ich wegen einer Auseinandersetzung dieses Amt aufgebe."
Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge (v.l.) waren sich nicht immer einig - Mit dem Vorstandsvorsitzenden habe sein Rücktritt aber nichts zu tun.
Wichtig erschien es Hoeneß stattdessen, den FC Bayern im bestmöglichen Zustand abzugeben. "Das ist gelungen", empfindet er, "die Geschäftszahlen des letzten Jahres waren die besten in der Geschichte, sowohl vom Umsatz als vom Gewinn." Am wichtigsten sei jedoch, dass er die Entscheidung selber treffen konnte und nicht aus seinem Amt verdrängt wurde. In der Vergangenheit habe es "viele Politiker oder Wirtschaftsführer" gegeben, "die ganz groß waren und dann abgeschlachtet wurden." Er selbst aber habe "durchs offene Tor" gehen wollen. "Ich wollte das selbst entscheiden."
Die Zukunft heißt Hainer und Kahn
Die Weichen für die Zukunft sind längst gestellt. Wie mittlerweile bekannt ist, wird Herbert Hainer im November für das Präsidentenamt kandidieren. Seinen potentiellen Nachfolger bezeichnet Hoeneß als "absolut perfekt geschaffen. Er ist ein Mann des Sports, hat viel Ahnung vom Sport, viel Ahnung von Wirtschaft. Er hat 14 Jahre ein Weltunternehmen wie Adidas geführt. Und einer der Adidas führen kann, der kann auch den FC Bayern führen."
Die Wunschlösung von Uli Hoeneß lautet Herbert Hainer (Foto).
Gleichzeitig wurde bekanntgegeben, dass Ex-Torhüter Oliver Kahn ab 2020 dem Vorstand angehören wird. Der 50-Jährige erhält einen Fünfjahresvertrag, zum 01. Januar 2022 wird er den Posten des Vorstandsvorsitzenden übernehmen. "Er ist ein sehr reflektierender Mensch. Er hat gestern einen hervorragenden Eindruck gemacht. Er hat sich vorgestellt, danach wurde diskutiert und dann haben wir den Vertrag unterschrieben", so Hoeneß, der Kahn "seit gut einem Jahr" beobachtet habe.
Nach dem Ende seiner sportlichen Laufbahn im Jahr 2008 kehrt Oliver Kahn in einigen Monaten zum FC Bayern zurück.
Der Rekordmeister hat die Grundlage für eine neue Ära geschaffen. "Dieser Verein ist in einem Top-Zustand", empfindet Hoeneß, der "besonders stolz" darauf sei, dass die Weichen "in aller Ruhe" gestellt werden konnten. "Es konnten alle Fragen vorher geklärt werden. [...] Das war immer mein Wunsch, ihn so in die nächste Generation mitzuführen, wie das jetzt gelungen ist."
Hoeneß verteidigt die Transferpolitik
Sorgen müsse man sich also keine machen. Denn auch, obwohl die Transferaktivitäten von Pressevertretern und Fans kritisch beäugt wurden, sieht er den Kader bestens für die kommende Saison aufgestellt, obwohl man längst nicht an wirtschaftliche Grenzen gestoßen sei: "Wir hatten im Aufsichtsrat 200 Millionen Euro Investitionssumme genehmigt. Meines Wissens nach haben wir etwa 90 Millionen ausgegeben. Dafür haben wir einen fantastischen Kader. Wenn dieser nicht ausreichen würde, haben wir genug Gelegenheiten, nachzugeben."
Wirtschaftlich und sportlich wird der FC Bayern, so scheint es, auch weiterhin das Maß aller Dinge in Deutschland bleiben. Er selbst wird sich jedoch im November an ein anderes Leben ohne den alltäglichen Stress im Millionengeschäft des Fußballs gewöhnen müssen: "Ich werde am 16. November zum ersten Mal ohne große Verantwortung sein. Ich werde mich in ein völlig neues Gebiet begeben müssen. Darauf freue ich mich."