Kommentar zur WM-Auslosung: Geht es hier noch um Fußball?
Von Fabian Küpper

Ein Fußballspiel dauert 90 Minuten. Das wusste schon damals der große Sepp Herbeger und an diesem Satz hat sich bis heute nichts verändert. Wie man 90 Minuten allerdings auch anders füllen kann, das zeigte die WM-Auslosung eindrucksvoll.
Im Vorfeld war ohnehin eine Mammut-Auslosung erwartet worden, schließlich gehen bei der WM 2026 erstmals 48 Mannschaften an den Start. Doch wie sehr sich die FIFA und ihr Präsident selbst beweihräucherten und vor allem bei US-Präsident Donald Trump hofierten, war unangenehm mit anzusehen. Die ersten anderthalb Stunden waren eine Mischung aus Music-Acts und Lobhudelei, sodass sich Fans wie Kommentatoren dachten: Geht es hier eigentlich noch um Fußball?
Die FIFA und ihre Doppelmoral
Nun kennen wir natürlich die Veranstaltungen der FIFA. Pompös ist es immer, genauso wie die Tatsache, dass die Events gerne mal etwas länger dauern. Bestes Beispiel ist die jährliche Verleihung des Ballon d'Ors. Doch die gestrige Auslosung setzte neue Maßstäbe – auch hinsichtlich der Doppelmoral.
Schließlich bekam Trump als erster Mensch überhaupt den neu eingeführten FIFA-Friedenspreis. Das an sich ist schon Hohn genug. Führt man sich vor Augen, dass unter anderem der iranischen Delegation die Einreise verweigert worden war, wirkt das Ganze noch absurder – genauso wie der Fakt, dass unter den Losfeen kein Vertreter aus Mexiko war, dem dritten Gastgeberland. Ein Schelm, wer jetzt Böses denkt, angesichts von Trumps Migrationspolitik.
Dass ein Fußballverband einen Friedenspreis vergibt, ist ohnehin schon unverständlich, vor allem wenn es derselbe Verband ist, der bei der WM in Katar die #OneLove-Kapitänsbinden verbot – damalige Begründung: Politik habe im Fußball nichts zu suchen. Folgendes Motto wäre hier wohl passender: Politik, die uns nicht gefällt, hat im Fußball nichts zu suchen.
Infantino und seine Versprechen
Es passt zu Infantinos Kurs, der regelmäßig vor den mächtigsten Menschen (und Geldgebern) zu Kreuze kriecht – Hauptsache, der Preis stimmt. Das war schon bei der WM in Russland so, als Präsident Wladimir Putin wenige Monate vor Turnierstart die Halbinsel Krim annektieren ließ, oder bei den Sklaverei- und Menschenrechts-Debatten rund um die WM in Katar. Kritik blieb in beiden Fällen aus.
Stattdessen verlor sich Infantino in ausschweifenden Versprechungen, kein Superlativ war für den Schweizer zu klein – man erinnere sich nur an sein jetzt schon "legendäres" "We are all Qatar". Auch gestern war das wieder zu beobachten. "104 Super Bowls" würden die 104 WM-Spiele im kommenden Jahr werden, versprach er. Die meisten Fans werden da angesichts von Duellen wie Ecuador gegen Curacao oder Kap Verde gegen Saudi-Arabien nur mit den Augen rollen.
Fußball nur noch zweitrangig
Und als dann nach dem letzten Music-Act endlich mit der Auslosung begonnen wurde, haben sich vermutlich viele bei dem Gedanken ertappt: "Ach ja, hier geht es ja eigentlich um Fußball!" Zumindest bei mir war das so.
Dass der Sport unter Infantinos Präsidentschaft nur noch ein Werkzeug ist, um immer noch mehr Geld zu drucken, ist seit Jahren offensichtlich. Die neue Klub-Weltmeisterschaft ist da das beste Beispiel für, ebenso seine Pläne einer WM im Zwei-Jahres-Rhythmus. Sein Motto: Immer mehr, nichts ist genug. Der Fußball ist jetzt schon omnipräsent, viele Fans ächzen mittlerweile unter den vielen Spielen, genauso wie die Spieler selbst. Doch mehr Spiele bedeuten im Umkehrschluss auch mehr Geld, das ist zumindest die Rechnung von Infantino.
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Gestern jedoch erreichte diese Instrumentalisierung neue Höhen. Bei einem Event, bei dem es um die Auslosung der Gruppen zur Fußball-WM geht, dem größten Turnier weltweit, wird der Fußball zur Nebensache. Die Auslosung selbst wurde in einer knappen Dreiviertelstunde abgehandelt, dauerte also nur halb so lange wie das "Vorspiel". Die Botschaft, die die FIFA damit sendet ist klar: Der Fußball dient nur noch als dekorative Kulisse. Alles andere hat längst Vorrang.
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