Hype um Woltemade: Warum der FC Bayern auf die Bremse treten sollte

In den letzten Monaten hat Nick Woltemade die Fußballwelt beeindruckt und den Fokus des FC Bayern auf sich gezogen. Nun soll der baumlange Angreifer vor einem Wechsel nach München stehen, doch dieser sollte vom FC Bayern finanziell genau abgewägt werden.
Shootingstar Nick Woltemade
Shootingstar Nick Woltemade / Christian Hofer/GettyImages
facebooktwitterreddit

Nick Woltemade ist, umgangssprachlich ausgedrückt, aktuell der ganz heiße Scheiß auf dem deutschen Fußballmarkt. Der Stern des 23-jährigen Offensivmannes ist vor allem seit dem letzten Winter rasant aufgegangen: Nachdem man bei Werder Bremen recht zögerlich mit dem Talent von Woltemade umging, hat es der 1,98 m große Hüne im Trikot des VfB Stuttgart in der abgelaufenen Saison mittlerweile sogar bis in die deutsche Nationalmannschaft und auf die Wunschlisten zahlreicher Top-Klubs geschafft.

Der FC Bayern München soll sich die Zusage des Shootingstars gesichert und sich mit Woltemade auf einen Fünfjahresvertrag verständigt haben. Stand jetzt stehen Verhandlungen zwischen dem deutschen Rekordmeister und Woltemades aktuellem Klub Stuttgart an, die sich jedoch als schwierig gestalten dürften.

Der VfB will seinen Angreifer unbedingt halten oder ihn zumindest erst gegen eine schwindelerregende Ablösesumme ziehen lassen – und selbst dann nur ungern. Von einer Forderung von 80 bis 100 Millionen Euro ist sogar die Rede. Eine Summe, bei der auch die Bayern nicht mitgehen dürften – oder zumindest sollten. Beim Thema Woltemade sollte der FC Bayern in Person von Max Eberl nicht zu schnell auf den Hype-Train aufspringen und kühlen Kopf bewahren. Dieser Deal kann für Max Eberl zum Meisterstück werden – oder seine Schwächen als Sportvorstand grundlegend offenbaren.

Nix Woltemessi – die deutsche Sturmhoffnung erinnert an den jungen Ibrahimovic

Nick Woltemade ist natürlich ein herausragendes Offensivtalent. Eines, wie es der deutsche Fußball in dieser Form vielleicht noch nie gesehen hat. Der gebürtige Bremer verbindet brillante Technik mit Torgefahr und glänzt trotz seiner Größe als filigraner Edeltechniker und gefährlicher Dribbler. So viel fußballerische Eleganz traut man einem fast zwei Meter großen Menschen mit Schuhen wie Kinder-Kanus auf den ersten Blick kaum zu, doch Woltemade belehrt uns eines Besseren.

Die Bezeichnung "Woltemessi" zog bereits vor Wochen ein. Mich erinnert Nick Woltemade aber eher an einen jungen Zlatan Ibrahimovic. Die schwedische Fußballlegende ist selbst stolze 1,95 m groß und beeindruckte in seiner Anfangszeit bei Ajax Amsterdam, ähnlich wie Woltemade, trotz seiner Körpergröße mit einem äußerst feinen Fußballfüßchen.

Was Ibrahimović über den Lauf seiner Karriere zudem auszeichnete, war die beeindruckende Physis, die er sich durch hartes Training aufbaute. Somit stieg er zu einem der besten Angreifer der Fußballgeschichte auf und war eine beinahe unaufhaltsame Tormaschine. Wenn Woltemade auch nur annähernd so viel aus seinem Körper herausholen kann wie Ibrahimovic, dann traue ich ihm auch eine ähnliche Weltkarriere zu. Doch diesen Nachweis bleibt der deutsche Shootingstar aktuell natürlich noch schuldig. Auch aus diesem Grund sollte die Bayern ihre Schmerzgrenze im Woltemade-Werben genau abwägen.

Woltemade muss sich auf Strecke erst noch beweisen

Nick Woltemade konnte bisher erst seit einem guten halben Jahr Top-Leistungen vorweisen und hat dementsprechend einen gerechten Marktwert von aktuell 30 Millionen Euro (transfermarkt.de). Der 23-Jährige muss in meinen Augen aber erst noch beweisen, dass er diese Form auf Strecke aufrechterhalten kann, auch wenn die Gegner seine Stärken und Schwächen nun detaillierter analysieren und offenlegen.

Noch ist unklar, ob der kometenhafte Aufstieg des Shootingstars so weitergeht oder ob seine Geschichte bereits nach gut einer halben Saison in diesem Ausmaß schon auserzählt ist. Ich wünsche es ihm nicht, doch auch im Endspiel der U21-EM gegen England war Woltemade über weite Strecken seines Spiels abgemeldet und konnte nicht so viel beisteuern wie zuletzt gewohnt, um der Mannschaft von Trainer Antonio Di Salvo das entscheidende Quäntchen für den Erfolg mitzugeben.

Woltemade wird sich, ähnlich wie das auch ein Erling Haaland oder Zlatan Ibrahimovic mussten, mit zunehmend größerem Namen und Aufmerksamkeit anhaltend beweisen müssen. Er wird in Zukunft niemanden mehr so überraschen können wie zuletzt, sondern muss dem Bild gerecht werden, das er durch seine Leistungen in den vergangenen Monaten selbst geschaffen hat. Hand in Hand mit der von ihm nun erwarteten Entwicklung.

Der FC Bayern sollte keinen Hype-Preis bezahlen, sondern vernünftig wirtschaften

Meiner Meinung nach sollte der FC Bayern seine Bemühungen um Woltemade bei einer Summe von 50 Millionen plus/minus X deckeln und bei keinen wahnwitzigen Mondpreisen einschlagen. Woltemade muss abseits des ganzen Hypes um seine Person erst beweisen, dass er keine personifizierte Dubai-Schokolade ist, die überteuert über den Ladentisch geht. Auch wenn der Rekordmeister dank des gescheiterten Wirtz-Transfers womöglich einiges angespart hat, das darauf wartet, ausgegeben zu werden. Es ist nun auch für Max Eberl die große Chance zu zeigen, von welchem Format er ist. Gelingt dem Sportvorstand ein Deal, der dem Glanz der Bayern würdig ist, oder agiert er wie ein Kind mit zu viel Taschengeld im Süßigkeitenladen? Weit mehr als bei Wirtz wird sich jetzt zeigen, wie gut Eberl seinen Job kann, denn bei Wirtz war bereits klar, was man bekommen würde.

Vom Potenzial her stellt der Stuttgarter Torjäger mit Sicherheit eine verlockende Investition in die Zukunft dar, doch was, wenn Woltemade hinter den großen Erwartungen zurückbleibt und die zuletzt gezeigten Leistungen nicht bestätigen kann? Es wäre ein finanziell mehr als schmerzlicher Fehlgriff für einen FC Bayern, der es nach eigenen Angaben nicht mehr so dicke auf dem Festgeldkonto hat wie früher.

Dass Woltemade für maximal das Doppelte seines aktuellen Marktwertes den Verein wechselt, wäre das für mich vertretbarste Geschäft, das die Münchner derzeit eingehen sollten. Für mich stellt das den gesunden Mittelweg zwischen dem Risiko, mit Woltemade ein Jahrhundertgeschäft zu verpassen, und dem Risiko, den größten Griff ins Klo zu machen, den der FC Bayern dann je getätigt hätte, dar. Schon jetzt das Dreifache dieser festgelegten Marktwert-Summe oder mehr für ein vermeintliches Experiment zu überweisen, würde in meinen Augen - so blöd es klingt - einem Himmelfahrtskommando gleichkommen.

Vom Hype nicht blenden lassen

Nicht falsch verstehen: Auch ich feiere den Woltemade-Hype mit und fände einen Wechsel nach München überaus spannend. Wenn es nach mir geht, soll der deutsche Ibrahimovic beim FC Bayern die nächsten großen Schritte in den Fußball-Olymp machen. Trotzdem muss man in diesem Fall die Nerven bewahren, nüchtern die Fakten analysieren und wirtschaftliche Risiken abwägen.

Mein frommer Wunsch wäre, dass der FC Bayern Woltemade zu einem angemessenen Preis verpflichtet und der VfB Stuttgart sich leistungsbezogene Boni sichert, die über die Jahre hinweg noch etwa 20 Millionen Euro einbringen könnten. Woltemade macht dann die nächsten Entwicklungsschritte und wird der lang ersehnte deutsche Stürmer von Weltklasseformat. Eine Geschichte, die sicherlich viele so unterschreiben würden.


Weitere FC Bayern-News lesen:

feed