HSV-Torflaute: Warum Polzin auf Glatzel setzen muss

Im neuen System gelang dem HSV noch kein Bundesliga-Treffer. Trainer Merlin Polzin sollte seinen Plan dringend anpassen - und mit Robert Glatzel einen echten Torjäger bringen.
Bekommt Robert Glatzel seine Chance in der Startelf?
Bekommt Robert Glatzel seine Chance in der Startelf? / IMAGO/Eibner
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Lange musste der Hamburger SV auf die Rückkehr in die Bundesliga warten. Sieben Jahre, um genau zu sein. Nach drei Spieltagen wartet der Ex-Dino weiter auf den ersten Saisontreffer im Oberhaus. Nur zum Auftakt gab es bei der Nullnummer in Gladbach zählbares. Bezeichnend: Wie die Rothosen sind auch die Fohlen noch ohne Saisontor.

Im Anschluss folgten bittere Pleiten: Erst im Derby gegen Stadtrivale St. Pauli, dann die fast schon obligatorische Packung in München.

Gefruchtet haben die Änderungen von Aufstiegstrainer Merlin Polzin offensichtlich noch nicht. Mit dem HSV wollte er in Liga eins weg vom dominanten Ballbesitzfußball, den der HSV im Unterhaus geprägt hatte. In einem 3-4-3-System liegt der Fokus deutlich mehr auf defensiverer Stabilität, weniger Ballbesitz und schnellem Umschaltspiel.

Kapitän Poulsen fehlt auch gegen Heidenheim

Gerade im Angriff haben sich die Bedingungen dadurch geändert. Zumal im Sommer mit Davie Selke der Toptorjäger der Aufstiegssaison ging und mit Yussuf Poulsen ein neuer Mittelstürmer kam. Der 31-jährige Däne wurde von Polzin direkt zum Kapitän ernannt und soll die eigentliche Nummer eins im Angriffszentrum sein.

Vor allem deshalb, weil Poulsen als unermüdlicher Arbeiter im Anlaufen gegen den Ball gilt. Das Problem: Der verletztungsanfällige Routinier fiel zunächst zum Pflichtspielauftakt im Pokal aus, konnte dann nur zweimal als Joker eingesetzt werden und fehlte gegen die Bayern erneut. Auch am kommenden Samstag gegen den 1. FC Heidenheim wird der HSV auf Poulsen verzichten müssen.

Bislang hatte Polzin daher auf Ransford Königsdörffer als Mittelstürmer gesetzt. Jener Königsdörffer der im Sommer eigentlich schon weg war und nur wegen eines nicht bestandenen Medizinchecks nicht zur OGC Nizza abwanderte. Von der Form der vergangenen Zweitliga-Saison, als dem 24-Jährigen 14 Tore und drei Assists gelangen, ist Königsdörffer seither weit weg.

Neuer Polzin-Ansatz sorgt für offensive Harmlosigkeit

Wobei das sicher auch an der allgemeinen Harmlosigkeit der HSV-Offensive liegt. Mit 21 Torschüssen rangiert man Bundesliga-weit in dieser Statistik auf Platz 17. In den ersten drei Spielen konnte man sich keine einzige Großchance herausspielen. Nur der kommende Gegner ist noch schlechter: Das punktlose Schlusslicht Heidenheim hat erst 18 Torschüsse abgegeben, konnte aber immerhin schon einen Treffer erzielen.

Die Zahlen untermauern, wie wegweisend das kommende Heimspiel gegen den FCH sein wird (Samstag, 15:30 Uhr). Für die Mission Klassenerhalt sind drei Punkte elementar wichtig. Auch, um die aufkommende Krisenstimmung nicht noch schlimmer werden zu lassen. Schließlich hatte der HSV schon in der Vorbereitung ein schwaches Bild abgegeben und im Pokal gegen Amateurklub Pirmasens bedenklich gestrauchelt.

Leadership-Gruppe fordert mehr Torgefährlichkeit

Wenig verwunderlich tagte vor dem kommenden Keller-Duell bereits die sogenannte "Leadership-Gruppe" - wie man beim HSV neudeutsch den Mannschaftsrat nennt. Daniel Elfaldi verkündete im Anschluss mit Bezug auf das Offensivspiel: "Wir müssen mehr Torgefährlichkeit entwickeln, müssen besser nachschieben und brauchen auch eine bessere Strafraumbesetzung."

In der Tat dürfte Polzin über eine Anpassung seines Plans nachdenken. Gegen Heidenheim wird der HSV zwangsläufig mehr Ballbesitz haben und könnte entsprechend auch einen anderen Stürmertyp im Zentrum brauchen. Da Poulsen ausfällt, sollte Robert Glatzel in den Blickpunkt geraten.

Polzin sollte auf Glatzel setzen

"Bobby hat Präsenz, deshalb ist das ein Gedanke"

Polzin über Glatzels Startelf-Chancen

Der 31-jährige Ex-Heidenheimer ist ein Typus 'Wandstürmer' mit Knipser-Qualitäten, der für sein Spiel auf Vorlagen der Kollegen angewiesen ist. In Liga zwei hat sich Glatzel stets als verlässlicher Torjäger gezeigt. Starke 80 Tore und 20 Vorlagen stehen in 131 Pflichtspielen für die Rothosen auf dem Konto. Wegen eines Sehnenrisses fiel er in der Vorsaison über weite Teile aus. Dennoch reichte es in 15 Zweitliga-Spielen für zehn Treffer.

Seine Quote schützte ihn dennoch nicht davor, in der internen Stürmer-Hierarchie auf Rang drei abzurutschen - wegen den oben beschriebenen Veränderungen im Polzin-System. Speziell gegen Heidenheim muss der HSV-Coach aber an Glatzel in der Startelf denken. Und tut das nach eigener Aussage auch.

"Es ist auf jeden Fall ein Gedanke. Bobby hat Präsenz, deshalb ist das ein Gedanke", versicherte Polzin und fügte wenig aussagekräftig hinzu: "Ich bin sehr froh, dass ich Mittelstürmer mit unterschiedlichen Qualitäten habe."

Mit Duo Dompé & Glatzel für mehr Torgefahr

Die von Glatzel sollten am kommenden Samstag besonders gefragt sein. Zumal mit Jean-Luc Dompé ein Unterschiedsspieler auf dem Flügel sein Startelf-Comeback feiern und den Mittelstürmer so besser mit Zuspielen versorgen könnte. Königsdörffer wäre derweil auch eine Option für den rechten Flügel - ebenso wie die Neuzugänge Fabio Vieira und Rayan Philippe.

Dass Polzin sein System wieder auf ein 4-3-3 mit einem Offensivspieler mehr umstellen könnte - wie es HSV-Legende David Jarolim jüngst forderte - ist dagegen nicht zu erwarten.

Derweil fand Polzin noch lobende Worte für Glatzel, die allerdings auch andeuten, dass sein Stürmerprofil (noch) nicht in der neuen Herangehensweise gefragt ist: "Bobby ist ein sehr verdienter Spieler, der in der 2. Liga einen großen Anteil an der Entwicklung des Vereins hatte. Und dennoch geht es darum, dass für uns in der Bundesliga eine Entwicklung stattfindet. Er ist sehr fleißig und versucht, die Dinge umzusetzen, über die wir im Sommer gesprochen haben. In der Hinsicht hat er definitiv Schritte gemacht."

Polzin weiter: "Bobby stellt sich der Situation und vor allem stellt er den HSV und den Erfolg der Mannschaft über alles."

Für den Trainer wäre es gegen Heidenheim an der Zeit, sich ebenfalls der Situation zu stellen - und mit Glatzel auf einen waschechten Torjäger zu setzen.


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