Historische DFB-Pleite in der Slowakei: Bundestrainer wütet & kündigt Konsequenzen an
Von Oliver Helbig

Mit einer 0:2-Niederlage ist die deutsche Nationalmannschaft am Donnerstagabend in die WM-Qualifikation in der Slowakei gestartet. Diese Pleite hat durchaus historische Bedeutung, war es doch die erste Auswärtsniederlage einer DFB-Auswahl in einem WM-Qualifikationsspiel überhaupt! Zuvor hatte es 41 Siege und zehn Remis gegeben. Zudem blieb Deutschland in einem WM-Quali-Spiel erstmals seit Oktober 2001 ohne eigenen Treffer (damals 0:0 gegen
Der ernüchternde Auftritt der DFB-Elf um Bundestrainer Julian Nagelsmann hat dabei mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. Nagelsmann selbst wirkte teilweise ratlos und übte nach dem Spiel scharfe Kritik an seiner Mannschaft. Dennoch versuchte der 38-Jährige, das Spiel sachlich zu analysieren, was ihm sichtlich schwerfiel. Der Bundestrainer fand dabei auch recht deutliche Worte in Richtung seiner Spieler und stellte Konsequenzen in Aussicht. Wir haben die wichtigsten Aussagen des Bundestrainers für euch zusammengefasst:
Bundestrainer Julian Nagelsmann über...
...die Gründe der DFB-Niederlage in der Slowakei: "Wenn wir bei ganz einfachen Dingen, wie der Emotionalität, beginnen, dann war der Gegner uns meilenweit von der ersten bis zur letzten Minute überlegen. Das ist Fakt. Und dann kommt erschreckenderweise obendrauf, dass dann so ein Gegner mit mehr Emotionalität fußballerisch auf einmal deutlich mehr Qualität auf den Platz bringt als wir. Wenn man unsere Historie der letzten zehn Jahre nimmt, dann ist es nicht so, dass wir jetzt hier anreisen können und vor Selbstvertrauen strotzen und sagen, wir spielen alles mit 80 Prozent weg. Das ist einfach nicht so. Wenn wir diese Emotionalität nicht hinkriegen - das war in Katar nicht anders gegen kleinere Nationen, bei der EM gegen Ungarn nicht anders, gegen Dänemark nicht großartig anders. Wenn wir das mit der Emotionalität nicht hinkriegen, dann können wir das Buch zumachen. Qualität spielt keine Rolle. Warum gibt es denn im DFB-Pokal Spiele, wo ein Drittligist - Wehen Wiesbaden gegen Bayern München - auf einmal ein 2:2 macht. Ja, nicht wegen der Spielerqualität, denke ich - sondern wegen der Emotionalität. Nur wegen der Emotionalität."
"Generell sollte bei jedem angekommen sein, dass wir zur WM fahren und dort eine gute Rolle spielen wollen. Heute waren wir von allem meilenweit weg - von Gut und Böse."
- Julian Nagelsmann
...die fehlende Emotionalität auf dem Feld: "Warum die Emotionalität nicht da ist? Nein. Ich glaube, generell: Wir haben nicht so eine super Historie in den letzten Jahren. Generell sollte bei jedem angekommen sein, dass wir zur WM fahren und dort eine gute Rolle spielen wollen. Heute waren wir von allem meilenweit weg - von Gut und Böse. Auch böse waren wir nicht übrigens."
"Vielleicht müssen wir auch auf weniger Qualität setzen, sondern auf Spieler, die einfach nur alles reinwerfen."
- Julian Nagelsmann
...vermeintlich fehlende Qualität im DFB-Kader: "Das mit der Qualität will ich nicht mehr hören. Mir reicht es schon, wenn wir die Emotionen haben. Das ist das Entscheidende: Emotionen. Wir haben ja heute vermeintlich - wenn man unseren Kader sieht - die besten Spieler aus Deutschland ausgewählt. Vielleicht sind noch zwei, drei daheim - nicht die Verletzten -, die vielleicht noch dazugehören können aufgrund der Leistung. Du kannst einfach nicht alle nominieren. Aber vielleicht müssen wir auch auf weniger Qualität setzen, sondern auf Spieler, die einfach nur alles reinwerfen. Weil das hätte heute zu einem besseren Ergebnis geführt, als wenn die besten Spieler spielen. Das ist amtlich."
...die Herangehensweise der Aufarbeitung und ob er ratlos sei: "Ratlos nicht. Ich zerlege jetzt hier nichts und niemanden. Das mache ich intern, da haben wir genug zu besprechen. Aber ratlos bin ich nicht, nein."
"Motivation muss immer von innen kommen. Das geht bei einer Mannschaft los."
- Julian Nagelsmann
...die Reaktion innerhalb der Mannschaft: "Mir wurde zugetragen, dass sie schon miteinander sprechen - und der ein oder andere auch lauter wird. Aber das muss ja auch so sein. Motivation muss immer von innen kommen. Das geht bei einer Mannschaft los. Natürlich willst du als Trainer deinen Teil dazu beitragen - und das probieren wir alle. Aber es geht immer im Kern los und muss dann überschwappen bis zu den Fans. Die Fans sind nicht sauer, weil wir die jetzt nicht 6:0 aus dem Stadion schießen, sondern weil wir einfach zu wenig Emotionalität auf den Platz bringen."
...die interne Aufarbeitung des mageren Auftritts in der Slowakei: "Die Mannschaft hat schon miteinander gesprochen. Es sind ja alles Profis bei sehr guten, teilweise überragend großen Klubs. Und ich glaube, die spüren drinnen schon, was es jetzt bedarf. Dafür sind wir eine große Gruppe. Wenn das nur von außen reingetragen wird, wird es nichts. Es ist eine gesamte Gruppe, die die Energie tragen muss. Und wenn wir nur energetischer auftreten, als wir es heute gemacht haben, dann wird es am Sonntag schon ein viel, viel besseres Spiel."
"Ich will da jetzt auch nicht auf Nnamdi herumhacken. Er hat sein erstes Spiel gemacht. Das war unglücklich. Ich muss auch dazu sagen, dass sein Gegenspieler heute der beste Mann auf dem Platz war. Das gehört auch zur Wahrheit. "
- Julian Nagelsmann über Nnamdi Collins
...die vermeintliche Kaderbaustelle hinten rechts und die Leistung von Debütant Nnamdi Collins: "Als ich gekommen bin, habe ich gesagt: 'Da ist jeder eingeladen, auch Leistung zu bringen'. Wir haben intern ein paar Alternativen, aber wir haben da jetzt nicht ein Pool von fünf überragenden Spielern, das ist einfach so. Wir haben ja auch nicht ohne Grund, einen Josh von der Sechs mal dahingezogen. Ich will da jetzt auch nicht auf Nnamdi herumhacken. Er hat sein erstes Spiel gemacht. Das war unglücklich. Ich muss auch dazu sagen, dass sein Gegenspieler heute der beste Mann auf dem Platz war. Das gehört auch zur Wahrheit. Eigentlich waren da auch Spieler um ihn herum, die ihn unterstützen. Aber das ganze Konstrukt war extrem instabil. Dass dann ein Debütant kein super Spiel macht, das nehme ich auf meine Kappe. Er hat gespielt, ich habe ihn aufgestellt. Er hat keinen glücklichen Eindruck gemacht, ist halt jetzt so. Das habe ich zu verantworten, nicht er. Er soll weiter Gas geben - und er bringt viel mit. So etwas kann auch lehrreich sein für einen Spieler."
...über die Idee Joshua Kimmich wieder als Rechtsverteidiger einzusetzen: "Klar, das ist auch eine Option. Wir haben über vieles nachgedacht. Nnamdi war einer der Leidtragenden am Ende von einer gesamten Mannschaft, die die Leistung nicht gebracht hat. Generell war einfach die rote Zone beim Gegner extrem groß. Wir haben einmal in der ersten Halbzeit reingespielt - da war die Idee, dass Maxi [Maximilian Mittelstädt, Anm.d.Red.] das mit seinem linken Fuß gut machen kann. Die ersten fünf, sechs Minuten der zweiten Halbzeit waren ein bisschen heller. Der Rest war sehr dunkel."
"Es muss einfach bei jedem Spieler ankommen, dass mit angezogener Handbremse und jedes dritte Duell gewinnen, das reicht einfach nicht. Auf keinem Niveau reicht das. "
- Julian Nagelsmann
...über mögliche Kader-Konsequenzen bei der nächsten Nominierung: "Ich habe schon Vertrauen in die Mannschaft, aber es muss einfach jeder begreifen - Rudi [Rudi Völler, Anm.d.Red.] hat es gerade gesagt, auch wenn es total dumm klingt: 'Wir müssen so ein Spiel angehen wie ein Champions-League-Halbfinale'. Es ist leider so. Wir haben keine große Korrektur durch Spiele. Wir haben jetzt noch fünf Spiele, die müssen wir alle gewinnen - auch gegen die Slowakei - und zwar deutlich, sonst spielen wir im März Playoffs. Wenn wir das wollen, dann müssen wir so auftreten wie heute. Das ist ja ganz einfach. Und ich habe generell Vertrauen, deshalb lade ich sie ja ein. Das ist ja mein Kader - ich habe Vertrauen in die Mannschaft, aber es muss einfach bei jedem Spieler ankommen, dass mit angezogener Handbremse und jedes dritte Duell gewinnen, das reicht einfach nicht. Auf keinem Niveau reicht das. Deswegen gibt es im DFB-Pokal immer 'David gegen Goliath'-Geschichten."
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