Wiese schlägt Torwart-Alarm - Wer statt ter Stegen bei der WM im Tor stehen sollte

Tim Wiese hat sich deutlich zur Situation der deutschen Torhüter geäußert. Der Ex-Nationalspieler erklärte, warum die Ausbildung "nur noch verweichlicht", warum er Bedenken bei der Klasse von ter Stegen hat und wer bei der WM '26 im DFB-Tor stehen sollte.
Tim Wiese stand sechsmal für Deutschland im Tor
Tim Wiese stand sechsmal für Deutschland im Tor / AFP/GettyImages
facebooktwitterreddit

20 Kilogramm hat Tim Wiese nach eigener Aussage im letzten Jahr abgenommen. Der 43-Jährige wollte kein "Muskelprotz" mehr sein. "Jetzt fühle ich mich superwohl", erklärte Wiese im Gespräch mit der Sportbild.

Nicht so wohl fühlt sich der ehemalige Nationalkeeper aber beim Blick auf die Torwart-Situation in Deutschland. Die "macht mir Sorgen", schlägt Wiese Alarm. Lediglich sechsmal durfte Wiese für die deutsche A-Nationalmannschaft zwischen den Pfosten stehen. Obwohl Wiese jahrelang zu den besten Torhütern der Bundesliga gehörte, blieben ihm mehr DFB-Einsätze verwehrt.

"Es ist unglaublich, wie schnell man heutzutage Nationalspieler wird. Ich weiß noch zu meiner Zeit, wie schwer es war. Ich spielte jahrelang Top-Saisons, war mit Werder Bremen regelmäßig in der Chmapions League dabei. Und wurde ich sofort für die Nationalmannschaft berücksichtigt? Nein. Es dauerte gefühlt eine Ewigkeit", erklärte Wiese. Und fügte hinzu: "Ich musste wegen der Situation an die Öffentlichkeit gehen und auf den Putz hauen, damit ich eine Chance bekomme."

"Die Torhüter werden in der Ausbildung doch nur noch verweichlicht."

Tim Wiese (Sportbild)

Wieses Meinung zur Situation im deutschen Tor: "schelcht"

Auf den Putz gehauen hat Wiese auf und neben dem Platz häufiger Mal. Auch nach seiner aktiven Karriere. Der heute 43-Jährige galt seit jeher als streitbarer Profi mit Ecken und Kanten. Auch das vermisst Wiese mittlerweile bei den deutschen Torhütern. Als "schlecht" bewertet Wiese die Torhüter-Situation in Deutschland. "Ich sehe auf der Position nichts überragendes", so Wieses klares Urteil.

"Am Ende fehlen ihm ein paar Zentimeter."

Wiese über ter Stegen

Dabei bekam auch Marc-André ter Stegen Kritik ab. Die eigentliche Nummer eins im DFB-Team ist Wieses Meinung nach "zu klein". "Ich habe mit ihm ja in der Nationalmannschaft trainiert und kenne ihn. Am Ende fehlen ihm ein paar Zentimeter, als Torwart solltest du eine Länge von mindestens 1,90m haben."

"Moderne Torwartspiel nur noch grausam"

Doch nicht nur die Körpergröße gibt Wieses Meinung nach den Ausschlag, um ein guter Schlussmann zu sein. Mentalität, Ausstrahlung und Körpersprache seien ebenso sehr entscheidend. Und genau hier sieht Wiese ein großes Problem in der deutschen Keeper-Ausbildung. Er wisse nicht, wer sich die neue Methodik in den Kopf gesetzt habe. Im Vergleich zu seiner Zeit sei sie "komplett verändert" und lege nun einen größeren Fokus auf das Spiel mit dem Ball.

"Aber ich vermisse richtige Killer hinten drin in der Kiste, die während einer Saison dem Verein mindestens acht Punkte retten. Die todesmutig im Luftkampf und am Boden in die Duelle gehen, die aggressiv sind, die regelmäßig mit Glanzparaden unhaltbare Bälle halten. Vor denen sich die gegnerischen Stürmer in die Hose machen", führte Wiese aus.

"Mal ehrlich: Die Torhüter werden in der Ausbildung doch nur noch verweichlicht. Sie haben keine Ausstrahlung mehr. Ich finde das heutige sogenannte moderne Torwartspiel nur noch grausam. Auch darum ist Deutschland kein Torwartland mehr. Wenn sich das nicht ändert, sehe ich für die Zukunft schwarz." Wiese merkte dazu an, dass auch die nötigen Talente fehlen würden. Man brauche als Torhüter Herz, "ich weiß nicht, ob die Jungs das alle noch haben".

Wiese: Leno sollte deutsche Nummer eins bei der WM 2026 sein

Beim kurzfristigen Ausblick auf das deutsche Tor hat Wiese derweil einen klaren Favoriten, der für das DFB-Team die Nummer eins bei der kommenden WM 2026 sein sollte. Es müsse "abgewartet werden, ob Marc-André ter Stegen nach seiner Verletzung zu alter Form zurückfindet - sofern er überhaupt im Verein nochmals spielen darf".

"Ich würe deshalb auf einen anderen Torwart für die WM setzen - zumal Bundestrainer Julian Nagelsmann sich klar äußerte, Manuel Neuer nicht mehr zurückzuholen", so Wiese weiter. Ginge es nach Leistung, müsste Bernd Leno bei der WM im Tor stehen.

"Er spielt über einen langen Zeitraum in England bei Premier-League-Klub FC Fulham konstant gut. Er hätte es verdient", erklärte Wiese. "Ich weiß nicht, warum er nicht berücksichtigt wird. Keine Ahnung, ob es mal Querelen zwischen ihm und dem DFB gab. Auf jeden Fall ist es unverständlich, dass er keine richtige Chancen bekommen hat. Aber mich schockiert gar nichts mehr", so Wiese.

Leno hatte Ende 2024 eine Nominierung abgelehnt, weil er nur als Nummer drei eingeplant gewesen wäre. Seither berief Nagelsmann den Fulham-Keeper nicht mehr ins Aufgebot.


feed