Traum-Comeback beim BVB: Kovac schwärmt - Schlotterbeck mit Ansage
Von Simon Zimmermann

Seit Anfang April wurde Nico Schlotterbeck bei Borussia Dortmund schmerzlich vermisst. Am Sonntagabend gab der Abwehrchef nach 175 Tagen sein überraschend schnelles Comeback nach seiner Meniskus-OP. Der 25-Jährige stand beim 1:0-Heimsieg über den VfL Wolfsburg direkt in der Startelf und spielte 90 Minuten lang durch.
Dabei präsentierte sich Schlotterbeck schon wieder wie der "alte". Als zentraler Spieler der Dortmunder Dreierkette verzeichnete er 92 Ballkontakte und brachte 91 Prozent seiner 79 Zuspiele an den Mitspieler. Einzig seine Zweikampfbilanz ist mit 20 Prozent (fünf Duelle) noch ausbaufähig. Wirklich ins Gewicht fiel das aber nicht - auch weil der BVB von den Wölfen defensiv kaum ernsthaft geprüft worden war.
Kovac schwärmt von Schlotterbeck - und lobt Reha-Team
"Das beeindruckt mich. Das ist ein Fingerzeigt für die Zukunft."
- Kovac über Schlotterbeck-Rückkehr
Und so war es zwar ein knapper Sieg, aber ein umso wichtiger nach der Last-Minute-Enttäuschung in der Champions League beim 4:4 in Turin. "Ich freue mich natürlich in erster Linie darüber, dass wir gewonnen haben. Dass es dann auch noch zu Null wurde, dass der Schlotti 90 Minuten durchgehalten hat. Ich fand, wir haben es heute sehr gut gemacht nach dem Champions-League-Spiel", befand BVB-Coach Niko Kovac im Anschluss bei DAZN.
Kovac über das Schlotterbeck-Comeback weiter: "Für mich ist es natürlich wichtig, wenn ein Spieler lange in der Reha-Phase ist, dass er gesund wiederkommt und vor allem fit. Weil wir können nicht jetzt noch versuchen, die nächsten Spiele mal zehn Minuten, dann 20 Minuten. Das ist das, woran wir als Trainer-Team beziehungsweise wir als Reha-Team arbeiten. Das ist top gelaufen, Kompliment an das Reha-Team. So stelle ich mir das vor, wenn ein Langzeitverletzter zurückkommt. Dass er sofort 90 Minuten brennen kann und das war heute ein tolles Beispiel."
Lob für Schlotterbeck hatte auch Abwehr-Kollege Waldemar Anton übrig: "Er hat viel gearbeitet. Das sieht man ja auch. 90 Minuten ist glaube ich nicht selbstverständlich nach so langer Ausfallzeit. Er hat ein überragendes Spiel gemacht, nix anbrennen lassen. Wir sind sehr, sehr froh, dass er jetzt wieder auf dem Platz steht."
"Der Trainer hat gestern gefragt: 'Wie viel?' Ich habe gesagt: 'Stell mich auf und dann passt das.'"
- Schlotterbeck über sein Comeback
"Aber mei, für das arbeitet man" - Schlotterbeck über Rückkehr
Der 20-fache Nationalspieler selbst zeigte sich nach dem Spiel glücklich: "Es war eine lange Zeit, eine harte Zeit, auch für mich herausfordernd, weil es das erste Mal in meiner Karriere war. Aber so in ein Heimspiel zu starten - ich habe die letzten zwei bis drei Wochen im Mannschaftstraining dafür gearbeitet: Der Plan war Wolfsburg." Sein erstes Spiel nach dem Meniskusriss hätte "tatsächlich nicht" besser laufen können.
"Der Trainer hat dann gestern gefragt, ob ich Bock habe und als Fußballer sagt man da nicht nein. Dass es dann 90 wurden, war schon extrem hart. Aber mei, für das arbeitet man."
Schlotterbeck gab dann auch noch Einblicke, wie seine Abläufe aussehen und er versucht hat, ins Spiel zu finden: "Witzigerweise probiere ich immer, über lange Bälle in mein Spiel zu kommen. Die ersten zwei waren gar nicht gut. Aber ich habe mir mal so als Anfang 20-Jähriger vorgenommen - Christian Streich hat mir das beigebracht - leichte Bälle zum Anfang spielen oder die, mit denen man sich wohlfühlt."
Und weiter: "Das habe ich probiert und dann kamen zwei, drei, vier Bälle und dann ist das nur Automatismus, ist das nur Ablauf. Ich hab da einen gewissen Dreier-Rhythmus in meinem linken Fuß und wenn der kommt, dann fühle ich mich wohl und dann ist auch defensiv alles super."
"Danke Borussen für den Empfang"
Besonders gefreut habe ihn die Reaktion der eigenen Fans auf sein Comeback: "Ich habe mir das jetzt sechs Monate hart erarbeitet. Das ist natürlich wunderschön, wie mich die Fans empfangen haben. Da weiß man, man hat vieles richtig gemacht, seit man bei dem Verein ist. Deswegen war das eine Ehre. Es war tatsächlich das erste Mal in den knapp dreieinhalb Jahren, die ich hier bin. Ich bin brutal happy. Familie ist da, Freunde sind da. Jetzt genießen wir den Abend noch und ab morgen ist der Fokus wieder auf Mainz."
Für den noch ungeschlagenen BVB geht es nun kommende Woche weiter in Mainz, ehe in der Champions League das Heimspiel gegen Athletic Bilbao ansteht und in der Bundesliga vor der Länderspielpause RB Leipzig nach Dortmund kommt. Im Anschluss reist man zum Klassiker nach München.
"Bei Borussia Dortmund ist man da, um etwas zu gewinnen"
"Ja, was Gutes! Ich glaube, seit wir witzigerweise auf die Dreierkette umgestellt haben, haben wir kein Spiel mehr verloren", erklärte Schlotterbeck auf die Frage, was in Dortmund gerade zusammenwächst. Zum Saisonstart herrschte rund um die Schwarzgelben noch Unruhe. Auf dem Transfermarkt taten sich die Verantwortlichen schwer, im DFB-Pokal mühte man sich in Essen und zum Liga-Start gab man ein 3:1 auf St. Pauli noch aus der Hand.
Nach drei anschließenden Siegen ist der BVB aber jetzt auch tabellarisch erster Bayern-Verfolger. "Bei Borussia Dortmund ist in meinen drei Jahren wichtig gewesen, in der Hinrunde dranzubleiben. Wir sind sehr oft hinterhergerannt und wichtig ist jetzt, an den Bayern dranzubleiben, vorne weg zu marschieren, weil dann entwickelt sich vielleicht was und bei Borussia Dortmund ist man da, um etwas zu gewinnen. Dafür kam ich auch und dafür arbeiten wir", deutete Schlotterbeck mehr als nur an, das er auf den Titel schielt.
"Bayern hat jetzt gestern vorgelegt. Wir probieren, dranzubleiben und hätten wir die zehn Minuten nicht in Pauli gehabt, dann hätten wir vier aus vier. Aber so ist es. Und jetzt heißt es in Mainz weiterperformen und dann geht es immer Step für Step", blickte er voraus.
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