Stadien bleiben still – was steckt hinter dem gemeinsamen Boykott?

Die Fankurven in Deutschland haben für den kommenden Bundesliga-Spieltag einen gemeinsamen Stimmungsboykott angekündigt.
Fans gegen Pläne der Innenminister
Fans gegen Pläne der Innenminister / Maja Hitij/GettyImages
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In den vergangenen Tagen hatten rund 20.000 Anhänger in Leipzig demonstriert, nun setzen die Fanszenen ihren Protest in den Stadien fort. Unter dem Motto "12 Minuten schweigen – Für den Erhalt der Fankultur" bleiben Fahnen, Trommeln und Gesänge bewusst stumm. Die ersten zwölf Minuten sollen ein sichtbares Zeichen gegen geplante Maßnahmen wie personalisierte Eintrittskarten und eine zentrale Stelle für Stadionverbote setzen. Auch die geplante KI-gestützte Gesichtserkennung zur Massenüberwachung wird deutlich kritisiert.

Als Begründung für die Maßnahmen führen die Verantwortlichen ein sichereres Miteinander im Stadion an. Die bestehenden Richtlinien seien demnach zu schwach, um flächendeckend den Schutz aller Fans zu gewährleisten.

In einer Mitteilung der beteiligten Gruppen heißt es: "Letztes Wochenende noch mit wehenden Fahnen und Gesängen in der Leipziger Innenstadt, heute ohne Material und ohne Support in den Kurven. Wir werden die ersten zwölf Spielminuten schweigend verbringen!"

Sorge vor Eingriffen in Fankultur und Vereinsstrukturen

Die Fans fordern gleichzeitig, dass sich die Vereine öffentlich und entschlossen gegen diese Vorschläge positionieren. In einem gemeinsamen Statement wird betont, dass die geplanten Änderungen "nicht nur freie Fankultur zerstören, sondern auch massiv und unbegründet in die Vereinsstrukturen eingreifen" würden. Die jahrelange Fanarbeit und das Vertrauen zwischen Klubs und Anhängern sei gefährdet.

Die Kritik richtet sich gegen die Themen, die vom 3. bis 5. Dezember auf der Innenministerkonferenz diskutiert werden. Für viele Fans wäre die Einführung der genannten Maßnahmen ein massiver Schritt weg von gelebter Fankultur. Schon jetzt wird der Kontrast zwischen aktivem Support und einem schweigenden Stadion als Warnsignal bezeichnet.

"Größer kann der Kontrast zwischen gelebter Fankultur und schweigenden Zuschauerrängen nicht sein. Noch ist es ein dystopisches Szenario. Setzt die Innenministerkonferenz ihre Pläne am 3. bis 5.12. in Bremen um, wäre eben dieses Szenario vielleicht schon am ersten Dezember-Wochenende die neue Wirklichkeit", heißt es weiter.

Rückblick auf frühere Proteste stärkt die Bewegung

Der aktuelle Boykott erinnert bewusst an den Dezember 2023. Damals hatten Fans in ganz Deutschland ebenfalls unter dem Motto "12 Minuten schweigen" protestiert. Die damalige Aktion richtete sich gegen den geplanten Investoreneinstieg bei der Deutschen Fußball-Liga – am Ende mit Erfolg.

Viele Gruppen teilen ihren Aufruf diesmal erneut über ihre Kanäle, darunter Anhänger aus Düsseldorf, München, Berlin und Kaiserslautern. Der Schulterschluss zwischen verschiedensten Fanlagern zeigt, dass die aktuelle Debatte weit über Vereinsgrenzen hinausreicht.

Die kommenden Tage dürften entscheidend sein: Die Innenministerkonferenz steht bevor, die Fans haben sich klar positioniert – und der Bundesliga-Spieltag wird zeigen, wie eindrucksvoll Schweigen sein kann.


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