"Sind zu bequem geworden!" - Sammer mit Rundumschlag
Von Fabian Küpper

Spätestens nach der 0:2-Blamage gegen die Slowakei war die positive Stimmung, die die Nationalmannschaft seit der Heim-EM umweht hatte, endgültig in einen heftigen Gegenwind umgeschlagen. Das Team erinnerte stark an die Version von 2023, als man gegen Österreich chancenlos war und sich die Fans reihenweise abwandten.
Wie schon damals muss Julian Nagelsmann jetzt Mittel und Wege finden, um seine Mannschaft wieder zu stabilisieren. Schließlich hatte der Bundestrainer nach dem schmerzhaften Aus gegen Spanien im EM-Viertelfinale den Weltmeistertitel als Ziel ausgegeben. Geht es nach Matthias Sammer, muss der 36-Jährige dafür vor allem zwei Dinge tun.
Kontinuität und Vertrauen als Schlüssel
"Wenn wir es uns leisten können, auf die Besten zu verzichten, dann sollten wir nicht den WM-Titel ausgeben."
- Sammer über ein Neuer-Comeback (Sky)
Das Wichtigste seien aktuell "Kontinuität und Vertrauen", erklärte Sammer in Sammer & Basile – der Hagedorn-Talk bei Sky. "Ich merke, dass er nach der richtigen Lösung und Stabilität für unsere Mannschaft sucht", führte der 58-Jährige aus. "Und die geht erst mal über Kontinuität und Vertrauen. Gib dieser Mannschaft diese Dinge. Ich kenne sehr viele dieser Spieler. Wir haben immer noch genug Qualitäten. Ich weiß nicht, ob wir den Titel holen können, aber in der Slowakei zu verlieren, macht keinen Sinn."
Nagelsmann war in letzter Zeit immer wieder wegen seiner Nominierungen in die Kritik geraten, insbesondere die Nicht-Nominierung von Noah Atubolu für die letzten Länderspiele war für viele Fans nicht nachvollziehbar, genauso wie die Berufungen von Pascal Groß oder Robert Andrich.
Apropos Torhüter: Auch auf sie kam Sammer zu sprechen – und forderte eine Nominierung und damit ein Comeback von Manuel Neuer. "Wenn wir es uns leisten können, auf die Besten zu verzichten, dann sollten wir nicht den WM-Titel ausgeben", erklärte er resolut.
Sammer attackiert Funktionäre
Sammer kam aber auch auf den deutschen Fußball allgemein zu sprechen – und hier holte er zu einem echten Rundumschlag aus. "Wir stellen die Idee über die Qualität des einzelnen Spielers. Das macht keinen Sinn. Die schlauen und guten Trainer haben immer darauf geachtet, was sie zur Verfügung haben und versucht, aus diesen Situationen heraus das Beste zu kreieren. Im Abwehrbereich sind wir gut, wir verteidigen nur nicht mehr gut. Wir müssen auch die Zweikämpfe wieder verbessern", forderte der 58-Jährige.
"Vielleicht sind wir zu bequem geworden", echauffierte er sich weiter. Dabei nahm Sammer auch die Funktionäre ins Visier. "Weil Leute im deutschen Fußball in Positionen sind, die schön darüber reden können, aber davon keine Ahnung haben. Das sind teilweise die Leiter der Nachwuchsleistungszentren, die mehr Organisatoren als Fußballer waren. Wir müssen über die Trainerausbildung reden. Wir müssen über die Sportdirektoren reden. Sportdirektoren müssen doch mindestens mal Trainer gewesen sein. Die Sportdirektoren bewerten einen Trainer. Aber was wollen sie denn bewerten? Sieg oder Niederlage?", redete sich der ehemalige Weltfußballer in Rage.
Man müsse "Mittelwege finden für die Kreativität und die Individualität unserer Spieler und daraus eine Mannschaft formen", erklärte er abschließend. Auf den deutschen Fußball kommen also intensive Wochen zu - erst Recht, wenn die Spiele gegen Luxemburg und Nordirland in den kommenden Tagen nicht so laufen, wie erwartet.
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