Ibrahimovic-Comeback: Warum manche Schweden skeptisch sind
Von Jan Kupitz
Zlatan Ibrahimovic ist zurück! Fünf Jahre nach seinem Rücktritt aus der schwedischen Nationalmannschaft wird der Star-Angreifer wieder für die Tre Kronor auflaufen. Doch während sein Comeback von den allermeisten Fußballfans europaweit gefeiert wird, ist man ausgerechnet in Schweden gespaltener Meinung ob der sensationellen Rückkehr.
Mit den Worten "Die Rückkehr von Gott" kündigte Ibrahimovic in den sozialen Medien sein Comeback für Schweden an. Selbstbewusst, extrovertiert, großmäulig - so, wie man es vom 39-Jährigen gewohnt ist. Und wie man es auch von ihm erwartet, wenn wir ehrlich sind.
Dass seine Rückkehr ins Nationalteam mehr als ein PR-Gag ist, unterstreichen seine sportlichen Leistungen der vergangenen Monate. Die AC Milan hat er nach seiner Rückkehr im Winter 2020 aus dem Dornröschenschlaf geküsst und zurück zu altem Glanz geführt. Statt um die Europa League zu bangen, reden die Rossoneri dank Ibra sogar wieder ein Wörtchen im Kampf um den Scudetto mit. Der Angreifer trug mit 14 Buden in 14 Spielen in dieser Saison natürlich maßgeblich zum Höhenflug seines Vereins bei.
Und was bei Milan so gut klappt, soll auch in der Nationalmannschaft klappen. Mit 62 Treffern in 116 Einsätzen ist Ibra natürlich der Rekordtorschütze seines Landes, trotz Namen wie Henrik Larsson, Gunnar Nordahl und Freddie Ljungberg gilt Zlatan als der beste schwedische Spieler der Geschichte.
Schweden zwischen Begeisterung und Skepsis
Trotz seiner imposanten Statistiken, trotz seiner noch immer bärenstarken Leistungen, trotz seines Legendenstatus' ist aber nicht jeder in Schweden froh, dass Ibrahimovic zu den Tre Kronor zurückkehrt. "Die Begeisterung ist natürlich erstmal groß", gibt Johanna Fränden, schwedische Journalistin für SVT und Aftonbladet, im Gespräch mit 90min zu. "Die meisten Schweden freuen sich über Zlatans Rückkehr, aber es gibt auch viele Skeptiker."
Doch warum sollte die Rückkehr des besten schwedischen Fußballers für Skepsis sorgen? Ganz einfach: Weil die Skandinavier gezeigt haben, dass sie auch ohne Zlatan erfolgreich sein können.
"Wir müssen uns daran erinnern, dass Schweden bei der WM 2018 das Viertelfinale erreicht hat, als er nicht mehr dabei war", erklärt Fränden. "Er könnte das Gleichgewicht von Janne Anderssons gut eingespieltem Team stören. Auf dem Papier kehrt der beste Spieler Schwedens in die Nationalmannschaft zurück: Ja, das ist eine gute Nachricht. Aber wenn man sich Schwedens Leistungen in seiner Gegenwart anschaut, hat man eher gemischte Gefühle."
"Bei Andersson ist es das Team, das zählt. Er plädiert für ein Team ohne Stars, aber eines, das füreinander kämpft. Das Team ist der Star."
- Johanna Fränden
Durch die Rückkehr des 39-Jährigen müsse sich auch Nationaltrainer Janne Andersson anpassen. "Er wird flexibel sein müssen, denn man holt nicht Zlatan zurück, um ihn dann auf die Bank zu setzen", so Fränden, die aber zuversichtlich ist, dass Andersson die Rückkehr des Superstars gut moderieren kann. "Er ist ein sehr guter Anführer. In seiner 40-jährigen Karriere wird das seine größte Herausforderung sein, aber er ist die beste Person, um die Herausforderung Zlatan anzunehmen."
Insgesamt sieht Fränden sowohl Positives als auch Negatives im Comebackversuch des Milan-Stars. "Der Vorteil ist, dass er die ganze Aufmerksamkeit bekommt, sowohl von den Medien, um den Druck von seinen Mitspielern zu nehmen, als auch auf dem Spielfeld, um ihnen mehr Freiheiten zu geben", weiß die schwedische Journalistin. "Die negative Seite ist, dass junge schwedische Spieler aus der Nationalmannschaft mit Zlatan als ihrem Idol aufgewachsen sind. Und es ist nicht einfach, sich neben seinem Idol zu entfalten."
Ob am Ende die Vor- oder die Nachteile überwiegen, wird vor allem die EM im Sommer zeigen. Dort ist Schweden in einer Gruppe mit Polen, Spanien und der Slowakei - sehr unangenehme Gegner. Doch genau dafür kehrt Zlatan zurück: Um in solchen Duellen am Ende den Unterschied auszumachen.