Zinédine Zidanes Pfeifen im Walde: "Werden jetzt nicht die Fahne hissen!"

Verzockte sich mit seiner ungewöhnlichen Aufstellung: Real-Trainer Zinédine Zidane
Verzockte sich mit seiner ungewöhnlichen Aufstellung: Real-Trainer Zinédine Zidane / Soccrates Images/Getty Images
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Mit einer unerwarteten Heimniederlage gegen Schachtar Donezk (2:3) ist Real Madrid in die diesjährige Champions-League-Saison gestartet und hat die schlechten Vibrationen der letzten Liga-Spiele bestätigt. Und sofort greifen die wohlbekannten Mechanismen, die auch den Trainer allmählich in Zweifel stellen. Der muss jetzt schleunigst die Kurve kriegen - am besten schon am nächsten Samstag (16.00 Uhr) - im Clásico gegen den Erzrivalen.

Nach der "schwächsten Halbzeit der jüngeren Vereinsgeschichte" (as.com) und einer auf halber Strecke gebliebenen Aufholjagd in der zweiten, in der er vergeblich versuchte, seine offensichtlichen Aufstellungsfehler zu korrigieren, stand Zinédine Zidane nach dem Spiel den Medien Rede und Antwort.

In einer allgemeinen Annäherung an eine Erklärung für die vor allem in der ersten Halbzeit unerklärliche Leistung (gegen ein Team, das wegen Covid-19 auf insgesamt zehn Spieler (!) verzichten musste) sagte der Franzose fast kleinlaut: "Ich sah nicht die Mannschaft, die ich gern gesehen hätte. Und wenn du dein Team nicht so siehst, wie du es gerne hättest, trägst du die Schuld daran. Wenigstens haben sie in der zweiten Halbzeit eine Reaktion gezeigt. Aber ich bin nun mal der Verantwortliche und muss Lösungen finden, denn so etwas darf nicht passieren."

Was denn konkret gefehlt habe? "Uns hat Selbstvertrauen gefehlt", analysierte Zidane. "Uns hat gefehlt, so in das Spiel zu kommen, wie wir es eigentlich können. Ich werde jetzt in mich gehen und darüber nachdenken."

Ungewöhnliche Aufstellung als Teil des Problems?

Dabei dürfte er schnell auch auf seine Aufstellung als einen der Faktoren für die Niederlage kommen. Denn mit Mendy auf der rechten Seite zu beginnen, dazu mit einem seit eineinhalb Jahren glücklosen Jovic statt Benzema auf der Mittelstürmer-Position, sorgte schon vor Anpfiff für Stirnrunzeln bei den anwesenden Journalisten. Hinzu kam das Fehlen von Sergio Ramos, der im Hinblick auf das Liga-Spiel beim FC Barcelona (Sa, 16.00 Uhr) geschont wurde.

"Ja, es ging hierbei um die vielen Spiele, die manche Spieler schon in den Knochen haben. Wir haben alle drei Tage ein Spiel. Aber ich will keine Ausreden suchen. Es sind Entscheidungen, die ich getroffen habe, und nun muss ich einen Weg finden, damit wir wieder stark werden und Spiele gewinnen. Dafür habe ich nur wenige Tage."

Zum Spiel gegen die Katalanen wollte der Franzose dann kaum noch etwas sagen, was über banale Floskeln hinausging: "Jetzt haben wir dieses Spiel und danach ein anderes. Wir wissen, dass der Samstag schnell kommt, und dann sehen wir weiter."

Doch zuvor gab es den abermaligen schmerzhaften Blick zurück auf das Gestern. Auf die womöglich schlechteste Halbzeit, seit er Trainer in Madrid ist. "Es ist ein schlechtes Gefühl, weil am Ende vieles zusammengekommen ist. Wir haben schon beim ersten Gegentor Fehler gemacht. Dazu fehlte uns in der ersten Halbzeit Selbstvertrauen, Spielwitz und noch vieles mehr."

Und abermals unterstrich der Trainer die anschließende Reaktion seiner Mannschaft in der zweiten Halbzeit. "Um so besser, und da freue ich mich für die Spieler, dass sie in der zweiten Halbzeit reagiert haben, denn sie verdienen so etwas nicht. Es war einfach ein schlechtes Spiel, ein schlechter Abend und ich bin der Trainer und muss eine Lösung finden. An diesem Abend habe ich sie nicht gefunden."

An mangelnder Einstellung allein wollte Zidane die Niederlage auf keinen Fall festmachen. "Nein. Wenn du drei Stück in einer Halbzeit fängst, hat es wahrscheinlich an allem gefehlt. Nach dem Fehler beim ersten Gegentor war es dann ein schweres Spiel für uns. Uns hat ein bisschen von allem gefehlt, aber vor allem das wichtigste: Selbstvertrauen."

Angst, den Schlüssel zur Wende zum Besseren nicht zu finden, habe er dennoch nicht. "Ja, ich sehe mich imstande, die Dinge zu korrigieren. Und auch die Spieler werden es versuchen. Daran ändert sich nichts."

Jetzt wartet der Clásico

Schon am Samstag bietet sich ihm und seiner Mannschaft die womöglich beste Gelegenheit dazu. Beim Clásico im Nou Camp. Angst, auch vom Erzrivalen vermöbelt zu werden, hat Zidane jedoch nicht. "Wir werden dieses Spiel jetzt vorbereiten und am Samstag um vier Uhr auf dem Platz stehen. Was kann ich schon zu den Kommentaren im Vorfeld sagen? Nichts! Man darf auch die vorherigen Spiele nicht vergessen. Heute gab es die zweite Niederlage. Und natürlich sind wir nicht zufrieden. Aber wir werden jetzt auch nicht die Fahne hissen. Die Saison hat gerade begonnen und wir wollen die momentane Situation umdrehen. Alle zusammen."