Werder Bremen: Die Gründe für den Höhenflug in der Frauen-Bundesliga

  • Bremen spielt eine historisch gute Saison
  • Vor Spiel gegen Hoffenheim auf fünftem Platz
  • Erfolg dank starker Defensive, guten Verpflichtungen und Standards

Dank geschlossener Leistungen ist Werder diese Saison sehr erfolgreich
Dank geschlossener Leistungen ist Werder diese Saison sehr erfolgreich / Boris Streubel/GettyImages
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Vor dem 13. Spieltag steht Werder Bremen in der Frauen-Bundesliga so gut da wie nie zuvor. Vor dem Spiel gegen Hoffenheim hat Bremen nur einen Punkt Rückstand auf die TSG, mit einem Sieg würde der Sprung auf Platz vier gelingen. Was sind die Gründe für den Werder-Höhenflug?

Plötzlich steht vor dem "Werder Bremen" in der Tabelle eine 5: Fünfter Platz, sogar in Schlagweite zu den vorderen Plätzen. Für die Werder-Fans ist das neu: In den letzten Jahren gehörte Bremen in der Frauen-Bundesliga eher in das untere Drittel, stabilisierte sich zuletzt. Dass es so schnell gehen würde mit der Etablierung im sicheren Mittelfeld, damit hatten aber wenige gerechnet.

Das Portal Soccerdonna beziffert den Marktwert des Bremer Kaders auf 770.000 Euro. Damit steht Bremen eher unten, auf dem achten Platz. Beim Marktwert rangiert Werder unter Klubs wie Leverkusen, Freiburg oder Köln, in der Tabelle über ihnen. Wie lässt sich der Werder-Erfolg in dieser Saison erklären?

Starke Abwehr, Verteidigen im Kollektiv

Werder hat nicht die überragenden Einzelspielerinnen der Liga, aber im Kollektiv funktioniert das Team sehr gut. Viele Stützen der Saison spielen schon länger in Bremen: Michelle Ulbrich, Lina Hausicke, Ricarda Walkling und Michaela Brandenburg haben schon in den letzten Spielzeiten zusammen gekickt. Werder ist ein sehr kohäsives Team, das merkt man.

Die Abstimmung in der Abwehr und der Verteidigung passt. Die Philosophie von Trainer Thomas Horsch, auch schon seit fast drei Jahren im Amt, hat sich auch diese Saison nicht geändert: Zunächst wird stabil in der Defensive gearbeitet und das Pressing passt, dann schauen wir weiter. Das führte zunächst zu eher biederem Mauerfußball, mit neun geschossenen Toren pro Saison. Inzwischen gewinnt Bremen immer noch keine Preise für Barca-ähnliche Kombinationen - laut The Analyst gab es nur 30 Sequenzen mit zehn Pässen oder mehr. Aber das Offensivspiel hat sich verbessert.

Am wichtigsten bleibt dennoch die Defensive, die solide Stütze des Erfolgs. Bremen musste in dieser Saison nur sieben Gegentore hinnehmen, die drittwenigsten in der ganzen Liga und damit weniger als Frankfurt und Hoffenheim. Ein fabelhafter Wert - besonders, wenn man ihn mit dem von ähnlich stark besetzten Teams vergleicht. Köln musste 16 Treffer hinnehmen, beim SC Freiburg sind es sogar 23.

Ambitionen von Seite des Klubs

Dass Horsch seine Philosophie so weiterentwickeln konnte, liegt auch an den demonstrierten Ambitionen des Klubs. Diese Saison hat sich Werder nicht lumpen lassen und einige wichtige Neuzugänge vorgestellt: Im Tor stellte man sich im Sommer nach dem Abgang von Anneke Borbe stark auf: Mit der Schweizerin Livia Peng und der Kolumbianerin Catalina Perez kamen gleich zwei Goalies von internationalem Format. Beide konnten sich beweisen und zählen statistisch zu den Besten der Liga. Als sich Perez im Winter verletzte, holte Werder Guro Pettersen aus Norwegen als Ersatz.

Bremen hatte nicht die meisten Verpflichtungen, aber die Transfers lohnten sich. Auch der von Juliane Wirtz, die im Mittelfeld für mehr Kreativität sorgt. Und natürlich der von Sophie Weidauer: Weidauer, aus Potsdam gekommen, ist aktuell Top-Torjägerin der Bundesliga. Sie war das Puzzlestück, das der Offensive noch gefehlt hatte, kann Hereingaben gut verwerten und Konter abschließen.

SV Werder Bremen Women's Team Presentation
Starke Verpflichtung für Bremen - Sophie Weidauer / Vera Loitzsch/GettyImages

Daher gebürt das Lob nicht nur Werders Spielerinnen und dem Trainer, sondern auch den Verantwortlichen. Schon in den letzten Jahren gelangen einige Glücksgriffe - aber Glücksgriffe kann man diese erfolgreichen Transfers eigentlich gar nicht nennen, denn sie entstehen ja nicht zufällig. Spielerinnen wie Maja Sternad oder Nina Lührßen haben sich dazu sehr gut weiterentwickelt.

Standard-Stärke und Effizienz

Im Angriff brennt Werder selten ein Feuerwerk ab. Aber wie bei einem verlässlichen Handwerker sitzen die Kniffe, die Bremen kann: Bei Standards ist die Horsch-Elf effizient, und wie in den letzten Saisons sorgt Werder auch durch Konter für Gefahr. Aus Standardsituationen hat nur Bayern mehr Tore gemacht.

Vor allem ist Bremen im Spielaufbau variabler geworden: Torhüterin Peng bringt sich gerne ein, und Werder kann von hinten mit Dreier- oder Viererkette aufbauen. Über die Außen gelingt es besser als vorher, ins Mittelfeld zu kommen und sich dort mit Dreiecken nach vorne zu kombinieren. Das zeigte sich etwa beim Spiel gegen Nürnberg, nach dem Treffer zum 1:0. Da drehte Bremen auf und schnürte Nürnberg teils in der eigenen Hälfte ein, mit einer Selbstverständlichkeit, die es davor nicht gab.

Kurz: Bremen macht das meiste aus ihren Möglichkeiten, indem sie die Marge vom Zufall reduzieren. Alles, was sie steuern können, haben sie optimiert - die Standards, die Abschlüsse, die Taktik, die passenden Neuzugänge. Bremen reagiert flexibel auf den Gegner, das Pressing funktioniert sehr gut. Es ist insgesamt ein stimmiges Ensemble, das Bremen stark macht.

Thomas Horsch
Thomas Horsch hat seine Elf Schritt für Schritt verbessert / Christof Koepsel/GettyImages

Mittelfeld ist diese Saison sehr eng

Es ist für Werder eine historische Saison: Letztes Jahr hatten sie nach 22 Spieltagen 26 Punkte, bis zu dieser Marke fehlt Bremen jetzt nur noch ein Sieg. Auch ein klar positives Torverhältnis steht zu Buche (+12), in der letzten Saison war es negativ (-23) und davor noch stärker negativ (-37). Der Aufwärtstrend ist deutlich zu erkennen.

Aber genug der Lobeshymnen: Obwohl Bremen eine sehr gute Saison spielt, muss auch eingeschränkt werden. Die Momentaufnahme sieht toll für Bremen aus, aber bis zu den vorderen Plätzen fehlt dennoch ein Stück. Das Mittelfeld ist aktuell sehr eng, und von Freiburg auf dem achten Platz trennen Werder nur fünf Punkte.

Zu große Träume wären jetzt verfrüht - zudem Bremen bisher schon sehr viel aus seinen Chancen machte, und diese Quote auf die Dauer nicht unbedingt aufrechterhalten werden kann. Bremens 24 erzielte Tore sehen sehr gut aus, aber 14 dieser Treffer kamen auch gegen die Kellerkinder Nürnberg und Leipzig. Gegen den Rest der Liga, in den anderen zehn Spielen, traf Bremen also nur zehn Mal.

Fazit: Bremens Erfolg die Früchte von solider Arbeit

In der Tabelle steht Werder daher vielleicht ein bisschen besser da, als die Leistungen es begründen würden. Aber auch ein Platz sechs oder sieben am Ende der Saison wäre ein Erfolg: Bremen hat sich klar stabilisiert und eine Spielzeit ohne Abstiegssorgen verbracht. Zum ersten Mal war ein kleiner Blick nach oben möglich - allein das ist Grund zur Freude.

Gegen die Teams aus der unteren Tabellenhälfte, wie Nürnberg, Köln, Leipzig und Duisburg, hat Bremen bisher sehr souverän gepunktet. Und gegen Frankfurt und Wolfsburg verloren sie mit nur einem Treffer Rückstand. Bremen ist ein unangenehmes Team, gegen das wohl niemand gerne spielt. Das ist kein Zufall, sondern Resultat der cleveren Minimierung des Zufalls und der Maximierung der eigenen Stärken.