Tuchels Drei-Stufen-Plan für den FC Bayern

Tuchel musste schon seine erste bittere Pleite als FCB-Coach hinnehmen
Tuchel musste schon seine erste bittere Pleite als FCB-Coach hinnehmen / Alexander Hassenstein/GettyImages
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Zum Start beim FC Bayern soll sich Thomas Tuchel einen "Drei-Stufe-Plan" vorgenommen haben. Erst in Stufe drei soll es dabei um die eigene Spielphilosophie beim Rekordmeister und um die Kaderplanung gehen.

Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. So oder so ähnlich hat wohl auch Thomas Tuchel gedacht, als er vom Anfruf von Hasan Salihamidzic überrascht wurde. Der FC Bayern hatte sich dazu entschieden, sein Glück beim 49-Jährigen zu suchen und dafür Julian Nagelsmann vor die Tür zu setzen.

Die ersten Tage für Tuchel beim deutschen Rekordmeister waren dann auch erwartungsgemäß turbulent. Sportlich stand direkt der Klassiker gegen den BVB auf dem Programm. Tuchel selbst sprach von einer ersten Woche, die sich ein Monate angefühlt hätte.

Der Start gelang dann am vergangenen Samstag nach Maß: Der BVB wurde mal wieder mit einer deutlichen Niederlage im Gepäck nach Dortmund geschickt, die Bayern stehen wieder an der Bundesliga-Spitze. Doch Woche zwei ging aus FCB- und Tuchel-Sicht unschön weiter: Am Dienstagabend setzte es das Aus im DFB-Pokal gegen den SC Freiburg. Triple-Traum früh geplatzt! Am kommenden Samstag geht es für die Bayern dann wieder gegen den SC - dieses Mal in Freiburg und in der Bundesliga.

Tuchels Drei-Stufen-Plan

Stufe 1

Bis dahin will Tuchel Stufe eins seines Drei-Punkte-Plans weiter ausbauen, von dem die Sportbild berichtet. Diese sähe vor, dass der neue FCB-Coach seinen Spielern Sicherheit gibt, Vertrauen schafft und ihr Profil schärfen möchte.

Heißt konkret: Tuchels erste Ansprachen sollen bewusst emotional gehalten worden sein. Er habe vermeiden wollen, dass die Spieler in ihm den erwarteten Taktik-Nerd sehen. Vorgänger Nagelsmann soll die Spieler häufig mit zu detaillierten Analysen überfrachtet haben. Zudem soll Nagelsmann die Spieler oft nur mit den Worten "viel Glück" auf den Platz geschickt haben. Ein wenig leidenschaftslos aus Sicht der Spieler.

Wichtig für Tuchel sei es auch, viele Gespräche mit allen Spielern zu führen. Für die Kapitäne Thomas Müller und Joshua Kimmich habe er sich bereits besonders viel Zeit genommen. Beide hat er in sein Trainerbüro zum ausführlichen Austausch gebeten.

In die Phase der Konsolidierung passt auch Tuchels Systemwahl gegen Dortmund und Freiburg. Die traditionelle Viererkette wurde wieder gespielt, bei der die Akteure genau wissen, was sie zu tun haben.

Stufe 2

Tuchel will die Mannschaft weiter Stabilisieren. Leistungsschwankungen in der Bundesliga soll es nicht mehr (so häufig) geben. Zudem soll die Beziehung mit den Spielern aufgebaut werden.

Der FC Bayern soll und will wieder dominant auftreten. Gefährliche Ballverluste und zu viele Gegentore sollen ausgemerzt werden. Bislang klappt das unter Tuchel nur sehr bedingt. Die beiden Gegentreffer gegen Dortmund waren zwar nur Ergebniskosmetik, gegen sehr defensive Freiburger setzte es aber ebenfalls zwei Gegentore. Die leichtfertigen Ballverluste nerven Tuchel besonders.

Tuchels Strategie für mehr Stabilität ist vor allem Vertrauen. Er will den Spielern einen klaren Plan an die Hand geben und sie nicht mit zu vielen und unterschiedlichen taktischen Anweisungen verunsichern.

Stufe 3

Tuchel will seine eigene Spielphilosophie entwickeln und den Kader planen.

Ein Detail, das schon in den ersten Tagen bestens bei den FCB-Bossen ankommt: Tuchel startet seinen Tag an der Säbener Straße gegen 8.30 Uhr und geht meist nicht vor 19 Uhr nach Hause.

Julian Nagelsmann war bekanntlich nach der Pleite gegen Leverkusen in den Skiurlaub abgereist. Ein Umstand, der Salihamidzic, Kahn und Co. irritiert haben soll. Ehrlicherweise muss man aber erwähnen, dass es während Länderspielpausen bei den Bayern aber nicht sonderlich unüblich ist, dass der Cheftrainer ein paar Tage frei nimmt. Gestört hatte man sich auch an der allgemeinen Kommunikation mit dem Ex-Coach. Anders als zu Beginn habe sich Nagelsmann nur noch auf Bitte in Salihamidzic' Büro blicken lassen, um über aktuelle Themen zu diskutieren.

Zurück zu Tuchel und Phase drei seines Bayern-Plans: In der Anfangszeit soll es hauptsächlich um die Titel-Ziele gehen und um Eindrücke, die der neue Trainer von seiner Mannschaft sammelt. Erst dann will er dem Team vermehrt seine eigene Handschrift geben - auch in Sachen Kaderplanung.

Kaderplanung nach dem Saisonendspurt: Wie viel investiert der FCB für Tuchel?

Welche Spieler passen zu Tuchels geplanter Spielweise? Auf welchen Positionen sieht Tuchel Bedarf? Eine davon könnte das Sturmzentrum sein, wo Eric Maxim Choupo-Moting zwar überzeugt, mit 34 Jahren aber nicht mehr der jüngste ist und in seiner Karriere meist nur Backup oder nicht bei Topklubs aktiv war. Tuchel kennt den Stürmer bereits aus Mainzer und Pariser Zeiten - könnte aber dennoch einen neuen Torjäger fordern.

Der neue Finanzboss Dr. Michael Diederich hat kürzlich verlauten lassen, dass es in Zukunft durchaus vorstellbar sei, bei Transfers tiefer in die Tasche zu greifen. Möglich, dass auch der FC Bayern von seinem Credo abweicht und über 100 Millionen Euro Ablöse für einen Spieler bezahlt. Gerade bei der Suche nach einem Torjäger von Weltklasseformat könnte das nötig sein. Kandidaten wären unter anderem Harry Kane, aber auch Randal Kolo Muani, der kürzlich mit dem FCB flirtete.

Interessant wird auch, ob sich an der Situation von Joao Cancelo nochmals etwas ändert. Tuchel erklärte vor dem Pokalspiel gegen Freiburg, er liebe den Portugiesen. Zuletzt hieß es noch, man werde ihn auf keinen Fall fest verpflichten. Unter Tuchel könnte durchaus noch ein Umdenken stattfinden. Voraussetzung: Man City rückt von den vereinbarten 70 Millionen Euro als Kaufoption ab.